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Thaksin im Londoner Exil

Thailands Expremier verletzte Auflagen und ergriff die Flucht

Von Thomas Berger *

Thailands Expremier Thaksin Shinawatra und seine Frau Pojaman haben ihre Kautionsauflagen nicht erfüllt. Statt wie gefordert umgehend nach Thailand zurückzukehren, flog das Paar von Peking nach London weiter.

Aufregung am Montag in Bangkok: Da bestätigte sich das, was zuvor schon in den Nachtstunden als Gerücht die Runde gemacht hatte - dass nämlich der Multimilliardär und frühere Regierungschef sich der weiteren juristischen Strafverfolgung entziehen wolle.

Eigentlich hätte sich Thaksin am Montag wieder vor Gericht vorstellen müssen, und auch seine vor wenigen Tagen zu drei Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilte Ehefrau war nur unter speziellen Auflagen die Reise zur Eröffnung der Olympischen Spiele in der chinesischen Hauptstadt gestattet worden. Inwieweit dies eine leichtsinnige Entscheidung des Gerichts war, darüber wird es sicher noch manche Diskussion geben.

Der Oberste Gerichtshof erließ jedenfalls umgehend Haftbefehl und zog die Kaution der beiden von insgesamt 13 Millionen Baht (270 000 Euro) ein.

In einer vom Fernsehen verbreiteten Videobotschaft verkündete Thaksin, dass er in seiner Heimat derzeit keine Voraussetzungen für einen fairen Prozess sehe. Seine politischen Gegner versuchten, die Gerichte zu instrumentalisieren. Unter diesen Umständen habe er entschieden, nicht zurückzukehren, sondern nach London zu fliegen. Dort besitzt Thaksin, der sein Vermögen vor allem im Telekommunikationsbereich aufgebaut hat, eine Wohnung.

Die britische Hauptstadt war schon nach dem Putsch sein selbstgewählter Exilort gewesen, nachdem ihn das Militär im September 2006 in einem unblutigen Coup gestürzt hatte.

Allerdings war der Expremier vor Monaten aus freien Stücken nach Thailand zurückgekehrt, um »hoch erhobenen Hauptes« auf juristischem Weg die gegen ihn gerichteten Vorwürfe hinsichtlich Amtsmissbrauchs, Korruption und Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen zu entkräften.

Die Untersuchungen verteilen sich dabei auf mehrere voneinander getrennte Verfahren, bei denen der kürzlich ergangene Schuldspruch gegen Pojaman ein erstes Zwischenergebnis in der Aufarbeitung der Fälle war. Bisher war es eher Thaksin, der versucht hatte, auf die Richter Einfluss zu nehmen. Eine geplante Schmiergeldzahlung flog auf und seine dafür verantwortlichen Anwälte wurden zum Teil mit Entzug ihrer Lizenz bestraft. Der Angeklagte und seine Vertrauten hatten versucht, das Ganze als Missverständnis darzustellen, was aber niemand recht glauben wollte.

Rückschläge hatte Thaksin zudem hinnehmen müssen, als die spezielle Antikorruptionskommission nicht abgeschafft wurde. Sie beziehungsweise die Mitglieder des Nachfolgegremiums untersuchen in erster Linie schwere Verfehlungen, die aus seiner Regierungszeit datieren. Die gegenwärtig in Bangkok tonangebenden Kräfte sind dem Expremier wohlgesonnen. Die Volksmacht-Partei (PPP) von Premier Samak Sundaravej ist unmittelbarer Nachfolger der per Gerichtsentscheid zwangsaufgelösten Thai Rak Thai (TRT), seiner damaligen Hausmacht. Viele ihrer Kader aus der zweiten Reihe - 111 führende Funktionäre einschließlich Thaksin selbst stehen unter einem fünfjährigen Politikverbot - sind nun in der PPP an vorderster Front aktiv. Die kleineren Koalitionspartner im Regierungsbündnis haben Samak und seinen engsten Getreuen aber immer wieder Steine in den Weg gelegt, wenn diese zugunsten Thaksins intervenieren wollten.

* Aus: Neues Deutschland, 12. August 2008


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