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Thai-Reis zu teuer

Preisgarantien bringen Export in Bedrängnis. Nachfrage für das Grundnahrungsmittel deutlich gefallen

Von Thomas Berger, Bangkok *

Für die zahlreichen Endverbraucher in den Ländern des Südens ist es eine gute Nachricht: Die Preise für das Grundnahrungsmittel Reis, die in der ersten Jahreshälfte Rekordhöhen erklommen und zusammen mit den hohen Energiepreisen für eine massive Steigerung der Lebenshaltungskosten gesorgt hatten, fallen wieder. Nicht alle können sich jedoch gleichermaßen darüber freuen, und der an sich positive Umstand zieht sogar neue Probleme nach sich. Speziell in Thailand, neben Indien und Vietnam einer der größten Exportstaaten, klafft eine immer größere Lücke zwischen staatlich garantierten Abnahmepreisen für Erzeuger auf dem Binnenmarkt und den Erlösen, die sich beim Export erzielen lassen.

Garantiepreise

Im Zuge der Reiskrise der vergangenen Saison hatte die Regierung in Bangkok ein Programm aufgelegt, um die Speicher zu füllen. Damit sollen Engpässe bei der Versorgung der eigenen Bevölkerung zukünftig vermieden werden. Das führte zu erheblichen Störungen des Preisgefüges. Thailändischer Reis wird zu teuer und immer weniger konkurrenzfähig mit den Angeboten der Rivalen Indien und Vietnam. Dies stellten kürzlich Teilnehmer einer Expertentagung in Khon Kaen, im Nordosten des Landes, klar. Für 2009 sagen die Fachleute sogar deutliche Einbrüche voraus.

Über das aktuelle Ergebnis kann sich niemand beklagen: 8,3 Millionen Tonnen haben die Thais allein in den ersten neun Monaten 2008 exportiert, das ist im direkten Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ein Anstieg um 36 Prozent. Der Reingewinn hat sich sogar auf 166 Milliarden Baht (gut 3,5 Milliarden Euro) mehr als verdoppelt. Die Erzeuger konnten von einem Rekordpreis profitieren, der im April die 1000-Dollar-Marke übersprungen hatte – rund dreimal soviel wie im Durchschnitt zuvor. Dem »goldenen Jahr« dürfte zumindest in Thailand nun aber eines mit Problemen folgen.

Während die Bauern die Anbaufläche sogar noch ausgeweitet haben, wird die Nachfrage sinken, so die Prognose. Statt 9,5 bis zehn Millionen Tonnen werde man wohl nur um die acht Millionen Tonnen absetzen können. Dringend forderten die Teilnehmer der Tagung nach Informationen der Bangkok Post die Regierung auf, ihre Aufkaufpreise den neuen Realitäten anzupassen. Ausländische Käufer würden sich derzeit nämlich vor allem bei den Konkurrenten umsehen, wo Reis mittlerweile für 400 bis 450 Dollar zu haben ist und 2009 wieder in Richtung der 300-Dollar-Marke fallen könnte. Staatliche Abnehmer in Thailand zahlen hingegen nach wie vor 650 Dollar, an denen sich notgedrungen dann auch die Exporteure ausrichten, die von ihren Kunden 550 Dollar fordern.

Nachfrage sinkt

Der Engpaß im globalen Angebot, der die Preise nach oben getrieben hatte, ist inzwischen überwunden – zumindest vorläufig. Indien hat seinen Ende des Vorjahres verhängten Exportstopp wieder aufgehoben und Vietnam die Ausfuhren noch erhöht. Einige Importnationen haben im ersten Halbjahr während der Krise überreagiert und zuviel geordert. Das läßt die Nachfrage aktuell sinken. Nigeria beispielsweise hatte aus Sorge vor weiteren Preisexplosinen zweieinhalb Mal soviel eingekauft wie sonst – und wird wegen dieser zum Teil noch vorhandenen Vorräte so schnell keine neuen Lieferungen brauchen.

Nun erobern Indien und Vietnam nach einem Jahr der Zurückhaltung wieder mit Macht eingebüßte Marktanteile zurück, und die thailändische Agrarwirtschaft gerät zunehmend in Bedrängnis. Die Inder beispielsweise werden nach aktuellem Stand 2009 etwa 2,3 Millionen Tonnen, vorwiegend Basmati-Reis, exportieren. Sollte die Nachfrage bei weißem und Parboiled-Reis noch weiter anziehen, könnte diese Zahl am Ende sogar auf rund vier Millionen Tonnen anwachsen. Vietnam steht ebenfalls gut im Geschäft, nachdem die Regierung in Hanoi zwar keinen Exportstopp verhängt, wohl aber das Angebot für den internationalen Markt zurückgefahren hatte.

* Aus: junge Welt, 19. November 2008


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