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Thailands Kautschukbauern geben Gummi

Farmer erhöhen Schlagzahl bei den Protesten, um die Regierung zu Preiserhöhungen zu bewegen

Von Thomas Berger *

In Thailand verschärft sich der Konflikt um staatliche Beihilfen zur Stützung der Gummipreise. Die Proteste der Kautschukfarmer weiten sich aus, das derzeitige Regierungsangebot wird als unzureichend abgelehnt.

Seit Dienstag vergangener Woche fährt kein Zug mehr aus der Hauptstadt Bangkok Richtung Landessüden. Die Demonstranten haben in Nakhon Si Thammarat die Eisenbahnstrecke blockiert, alle zehn Verbindungen pro Tag fallen aus.

Die ebenfalls versuchte Blockade einer wichtigen Straßenkreuzung konnte die Polizei am späten Dienstagabend nur mit einem Großaufgebot von 500 Mann verhindern.

Doch all das ist möglicherweise nur der Vorgeschmack: Sollte die Regierung bei ihrer Offerte nicht deutlich nachlegen, werde es kommenden Dienstag einen nationalen Aktionstag geben, warnen die Protestierer.

An diesem Tag will in Bangkok das Kabinett über das Hilfspaket für die Branche abstimmen. 25 Milliarden Baht schwer ist es, umgerechnet 600 Millionen Euro. Und dennoch wird die Summe von den Betroffenen als zu gering kritisiert. Eine gütliche Einigung ist noch schwieriger geworden, seit die Delegation der Kautschukfarmer sich am Mittwoch vom Verhandlungstisch zurückgezogen hat. Kein Nachlegen der Regierung, da müsse diese eben die Macht der Straße zu spüren bekommen.

Auf dem freien Markt sind die Preise für Kautschukmilch und Rohgummi in den letzten zweieinhalb Jahren um rund 60 Prozent gefallen. 152 beziehungsweise 180 Baht pro Kilo waren im Februar 2011 noch zu erzielen – gegenwärtig liegt das Niveau gerade einmal bei knapp 66 und 74 Baht. Für die Kautschukfarmer eine existenzbedrohende Abwärtsspirale. 70 beziehungsweise 80 Baht als staatlich garantierten Abnahmepreis sieht der aktuelle Regierungsentwurf vor. Mindestens 92 Baht wollen die Protestierer – besonders radikale Stimmen werfen sogar die Zahl 120 in die Debatte. Von den 25 Milliarden des Hilfspaketes würden zehn Milliarden direkt in die Preiserhöhung fließen. Der Rest käme den Betroffenen in Form verbilligter Kredite für dringend notwendige Technikinvestitionen zugute.

Das Selbstbewusstsein der Kautschukfarmer wird auch dadurch genährt, dass die thailändische Regierung vor Monaten ein umstrittenes Hilfsprogramm für die Reisbauern aufgelegt hatte, um den Preis anzuheben. Diese Unterstützung weckt nun in weiteren landwirtschaftlichen Sektoren Neid und die nachvollziehbare Forderung, dort in ähnlicher Weise einzugreifen.

Die Nächsten machen sich schon bereit: Auch vielen Maisbauern steht durch rapiden Preisverfall das Wasser längst bis zum Hals, so dass sie staatliches Eingreifen wollen. Derweil droht der aktuelle Kautschukstreit zum echten Politikum zu werden. Denn die meisten Betroffenen sitzen im Landessüden, der wiederum traditionelle Hochburg der oppositionellen Demokratischen Partei (DP) ist. Deren Vertreter wurden bereits mehrfach gemeinsam mit Protestierenden gesichtet.

* Aus: neues deutschland, Montag, 2. September 2013


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