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Uranhaltiger Tierschutz?

Tansania: UNESCO erlaubt Bergbau im Wildreservat

Von Norbert Suchanek *

Das Selous-Wildreservat im Süden Tansanias ist nicht nur das größte Wildschutzgebiet Afrikas, es ist seit 1982 auch Teil des UNESCO-Naturerbes. Dennoch soll dort jetzt Uran abgebaut werden.

Tansanias Selous-Nationalpark ist berühmt für seinen Reichtum an großen Tierarten wie den sogenannten Big Five: Elefant, Nashorn, Afrikanischer Büffel, Löwe und Leopard. Demnächst droht das Tierschutzgebiet um eine weitere »Attraktion« reicher zu werden: Uranbergbau! Tansanias Regierung hatte mit Zustimmung des Ministeriums für natürliche Ressourcen und Tourismus der Ausbeutung der Uranvorkommen im Schutzgebiet bereits zugestimmt. Nun gab auch die UNESCO und ihr Welterbekomitee grünes Licht. Denn die Uranmine werde zum Wohl der Tiere sein, versichern die Verantwortlichen. Tansania gebe jährlich fast eine halbe Million USDollar für das Reservatsmanagement aus, und der Uranbergbau werde dringend benötigte Finanzmittel zur Bekämpfung von Wilddieben freisetzen, argumentiert die Regierung des ostafrikanischen Landes.

Das nach dem englischen Großwildjäger Sir Frederick Selous benannte Reservat ist weltweit eines der größten Naturschutzgebiete und seit 1982 Weltnaturerbe der Menschheit. Laut UNESCO beheimatet es die größte Elefantenpopulation Afrikas und eine besonders große Zahl an Schwarzen Nashörnern, Leoparden, Giraffen, Nilpferden und Krokodilen.

Das 200 Quadratkilometer große Uranabbaugebiet am Mkuju River im äußersten Südwesten des Selous mache lediglich 0,8 Prozent des 54 600 Quadratkilometer großen Tierreservats aus, beschwichtigt Tansanias Minister für Tourismus- und Naturressourcen, Amb Khamis Kagasheki, gegenüber der »East African Business Week«. Das Reservat und seine Tiere hätten nichts zu befürchten. Der Uranbergbau werde mit modernster Technik betrieben und weder Umwelt noch Leben gefährden. Die Uranmine bringe stattdessen Entwicklung sowie Hunderte von Jobs in diese noch kaum »entwickelte« Region Afrikas.

Anders sehen dies viele tansanische und internationale Umweltschutzorganisationen, die von der UNESCO-Entscheidung geschockt sind: Die geplante Uranmine werde 60 Millionen Tonnen radioaktiven Abfall produzieren. Dies sei eine konkrete Gefahr für Umwelt, Tiere und Menschen im Reservat sowie den Nachbargebieten, kritisiert etwa das in Freiburg ansässige »Uran-Netzwerk« (www.Uranium-Network.org). Einen umweltfreundlichen Uranbergbau gebe es nicht, bemängeln die Kritiker. Ebenso wenig existieren erprobte Methoden, um Grundund Oberflächenwasser dauerhaft vor den radioaktiven und toxischen Schlämmen und Abwässern zu schützen. Während der Trockenzeit könne zudem der Wind radioaktiven Staub aus der Mine über das Reservat verbreiten.

Die im russischen Petersburg getroffene Entscheidung des UNESCO-Welterbekomitees zu Gunsten des Uranbergbaus im Schutzgebiet riecht für die Kritiker nach Korruption. Offizieller Betreiber der Mine ist zwar die kanadische Firma Uranium One. Doch seit Anfang 2012 gehören 51 Prozent des Unternehmens dem russischen Uran- und Atomkonzern ROSATOM.

* Aus: neues deutschland, Montag, 03. September 2012


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