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Sanktionen gegen Syrien

Arabische Liga verhängt Strafmaßnahmen gegen Damaskus

Von Karin Leukefeld *

Die Außenminister der Arabischen Liga haben am Sonntag (27. Nov.) mehrheitlich umfassende Sanktionen gegen Syrien beschlossen. 19 der 22 Staaten unterstützten den Vorschlag des Vertreters von Katar, Scheich Hamad bin Jassim Al-Thani, der zu den schärfsten Kritikern Syriens gehört. Irak und Libanon tragen die Sanktionen nicht mit, Syriens Mitgliedschaft in der Liga ist seit Mitte November ausgesetzt.

Zehntausende Syrer protestierten landesweit am Sonntag und am Montag gegen die Entscheidung. Sie bekundeten erneut ihre Sympathie für das Reformprogramm von Präsident Baschar Al-Assad, dessen Umsetzung mit den neuen Strafmaßnahmen noch schwieriger geworden sein dürfte. Die Sanktionen bedeuten die Einstellung von Handelsbeziehungen mit Syrien, die Aussetzung von Investitionen und finanzieller Hilfe für das Land, das Einfrieren syrischer Regierungsguthaben auf arabischen Banken und Einstellungen von Geschäften mit der Syrischen Zentralbank. Lediglich Überweisungen von Auslandssyrern sollen weiter zugelassen werden. Alle arabischen Banken werden aufgefordert, Geldgeschäfte mit Syrien »zu kontrollieren«. Des weiteren soll der Flugverkehr mit Syrien eingestellt werden, syrische Regierungsmitglieder dürfen nicht mehr in arabische Staaten einreisen. Die Strafmaßnahme soll umgehend in Kraft treten. Al-Thani, der sowohl Ministerpräsident als auch Außenminister in Katar ist, sagte, man habe gehofft, daß Syrien sich an den Plan der Arabischen Liga halten würde, der den Abzug aller bewaffneten Kräfte aus Städten und Dörfern und die Freilassung aller Gefangenen vorsieht. Die Strafmaßnahmen würden beendet, sobald dieser Plan umgesetzt werde, sie sollten eine »ausländische Intervention verhindern «.

Wie die USA und die EU ignoriert auch die Arabische Liga, daß nicht allein die syrische Führung für die Gewalt im Land verantwortlich ist. Bei Kämpfen zwischen der Armee und bewaffneten Aufständischen in Homs gab es am Wochenende erneut Tote. Am Samstag wurden nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA 22 Armeeangehörige beerdigt, die bei Angriffen von Aufständischen getötet worden waren. Unter den Toten waren sechs Piloten, die in der Nähe von Homs in einen Hinterhalt geraten waren. Schon vor der Abstimmung hatte Irak erklärt, daß es wegen der engen Wirtschaftsbeziehungen und rund einer Million irakischer Flüchtlinge in Syrien »unmöglich« sei, Sanktionen gegen das Land zu verhängen. Der jordanische Außenminister Nasser Judeh äußerte sich ebenfalls skeptisch. Als Transitland für Güter aus der Türkei und für die Lieferung von Wasser ist Syrien für Jordanien ein wichtiger Nachbar. Libanon nahm an der Sitzung nicht teil.

Damaskus kritisierte die Entscheidung scharf. Die Arabische Liga wolle die inneren Probleme Syriens »internationalisieren «, hieß es in einem Brief von Außenminister Walid Al-Mouallem. Das staatliche syrische Fernsehen sprach von einer »beispiellosen Maßnahme gegen das syrische Volk«. Syrien gehörte 1945 zu den Gründungsstaaten der Arabischen Liga.

Weder Gründungsstaat noch Mitglied der Organisation ist derweil die Türkei, deren Außenminister Ahmet Davutoglu symbolträchtig an der Seite des katarischen Außenministers an dem Treffen in Kairo teilnahm. Davutoglu versprach, die Türkei werde den Sanktionsbeschluß in jeder Weise unterstützen.

Rußland will im kommenden Frühjahr eine Flotte von Kriegsschiffen in den syrischen Hafen Tartus entsenden. Dies sei lange geplant gewesen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau der russischen Tageszeitung Iswestija. Erst kürzlich verhinderte Rußland zusammen mit China eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Verurteilung von Syrien.

* Aus: junge Welt, 29. November 2011


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