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Weiter heftige Kampfhandlungen in Syrien

Regierungsgegner berichten von Gräueltaten / Moskau warnt vor Einmischung *

Die syrische Armee ist Menschenrechtsgruppen zufolge mit massiver Gewalt gegen Widerstand in der Großstadt Homs vorgegangen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden am Mittwoch beim Beschuss der Stadt mindestens 50 Menschen getötet. Die EU erarbeitet derzeit Notfallpläne für Evakuierungen.

Syriens Armee setzt die Offensive gegen politische Gegner unvermindert fort - auch nach dem Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Damaskus. Allein in Homs wurden am Mittwoch nach Angaben von Aktivisten mindestens 68 Menschen getötet. Westliche und arabische Staaten verstärkten den diplomatischen Druck auf Präsident Baschar al-Assad

Russland sprach sich vehement gegen eine militärische Einmischung aus. Regierungschef Wladimir Putin sagte nach Angaben der Agentur Interfax, das Volk müsse selbst über sein Schicksal entscheiden. »Natürlich lehnen wir jede Gewalt ab, von welcher Seite auch immer, aber niemand sollte sich wie ein Elefant im Porzellanladen benehmen.« Putin verwies auf die Situation in Libyen nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi. Niemand spreche über die Gewalt gegen Unterstützer Gaddafis, »weil das die schrecklichen Folgen vor allem von militärischer Intervention sind», sagte Putin.

In Homs ging das Blutvergießen weiter. Syrische Aktivisten berichteten, das Stadtviertel Baba Amro sei von der Armee unter Beschuss genommen worden. Geschossen werde unter anderem mit Raketen und Mörsergranaten. Mindestens 23 Gebäude wurden demnach dem Erdboden gleichgemacht. Drei Familien seien von Milizionären in ihren Häusern massakriert worden. Die Eindringlinge hätten 19 Menschen mit Messern getötet. In zwei Krankenhäusern von Homs seien 18 Frühchen in Brutkästen ums Leben gekommen, weil der Strom abgeschaltet worden sei. Die syrische Muslimbruderschaft bezeichnete das Vorgehen in Homs als »Massenmord«.

Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, in der Provinz Daraa nahe der Grenze zu Jordanien seien ein Offizier und 17 Soldaten desertiert. Als Reaktion hätten Assad-Truppen auch dort eine Offensive gestartet. Die Streitkräfte seien dabei ähnlich massiv vorgegangen wie in Homs, berichtete der Sender Al-Arabija unter Berufung auf Oppositionelle.

Die Arabische Liga bestätigte in Kairo den geplanten Abzug der Beobachter. Der Leiter der Beobachtermission, der Sudanese Mohammed al-Dabi, und sein Stab sollten jedoch vorerst in Damaskus bleiben. Am Wochenende will die Organisation über das weitere Vorgehen beraten.

* Aus: neues deutschland, 9. Februar 2012


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