Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

2,5 Millionen Syrer brauchen Hilfe

UN-Vertreterin: Humanitäre Unterstützung darf nicht politisiert werden

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

In Syrien sind nach Einschätzung von UN-Nothilfe inzwischen womöglich rund 2,5 Millionen Menschen in Not. Iran hat den vorläufigen Ausschluss Syriens aus der Organisation für Islamische Kooperation als ungerecht verurteilt.

Die stellvertretende Leiter der UN-Koordination für humanitäre Hilfe, Valery Amos, hat zum Abschluss ihres zweitägigen Aufenthaltes in Damaskus alle Seiten in dem bewaffneten Konflikt dazu aufgefordert, mehr zum Schutz von Zivilisten zu unternehmen. Amos unterstrich die Folgen der wirtschaftlichen Krise auf die Bevölkerung und sagte, dass bis zu 2,5 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen seien. Für die von den Kämpfen vertriebenen Menschen, die in Schulen oder öffentlichen Gebäuden Zuflucht gesucht hätten, forderte Amos mehr medizinische Hilfe und bessere Versorgung mit Lebensmitteln. Zudem müssten Wege gefunden werden, diese Menschen unterzubringen, wenn im September die Schulen in Syrien wieder ihren regulären Unterricht aufnehmen. Amos betonte, dass humanitäre Hilfe nicht politisiert werden dürfe. Es müsse sichergestellt sein, dass Hilfe jeden Bedürftigen im Land erreiche. Die UN-Repräsentantin erklärte, die Spendenaufrufe der Vereinten Nationen für Hilfe nach Syrien würden nur zögernd befolgt. Sie mahnte zudem die Einwilligung syrischer Behörden zur Einreise von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen an. Amos berichtete vor den Medien in Damaskus sie habe mit dem neuen Ministerpräsidenten und bisherigen Gesundheitsminister Wael al-Halqi, mit dem UN-Beauftragten der Regierung und stellvertretenden Außenminister, Feisal Mekdad, sowie mit Ali Haidar, dem neuen Minister für Nationale Versöhnung Gespräche geführt, ohne konkreter zu werden.

Acht internationale Hilfsorganisationen arbeiten derzeit mit dem Syrischen Arabischen Roten Halbmond (SARC) zusammen, hatte SARC-Präsident Abdul Rahman Attar zuvor im Gespräch mit der Autorin in Damaskus erklärt. Auch das Britische und das Deutsche Rote Kreuz haben Büros in der syrischen Hauptstadt eröffnet. Auf Einladung von SARC erhielt die Autorin Einblick in das Registrierungszentrum für Inlandsvertriebene sowie in Lager, wo Hilfspakete des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, von SARC, des UN-Flüchtlingshilfswerks sowie des International Medical Corps, einer US-Hilfsorganisation, sortiert und verteilt wurden. Auch Hilfspakete aus Russland befanden sich in dem Lager.

Die Organisation für Islamische Kooperation (OIC) hat am Donnerstag in Mekka die Mitgliedschaft Syriens nun auch förmlich ausgesetzt. Während OIC-Miglied Iran sich als einziger Staat öffentlich gegen die Entscheidung aussprach, lobten die USA die Suspendierung. In Damaskus wurde die Entscheidung bis zum Donnerstagabend offiziell nicht kommentiert. Ein Gesprächspartner sagte, man kenne die verschiedenen Mittel, mit denen Staaten unter Druck gesetzt werden sollten. Die politische und wirtschaftliche Isolation Syriens solle ein Land zerbrechen, das stets stabilisierend in der Region gewirkt habe. Drei entführte Mitarbeiter des syrischen Fernsehsenders Al Ikhabriya sind wieder frei. Die Reporterin Yara Saleh und ihre Kollegen waren vor einer Woche bei einem Dreheinsatz nördlich von Damaskus entführt worden. Offiziellen Angaben zufolge wurden sie in der Nacht zum Donnerstag von Armeekräften befreit. Ein vierter Kollege war von den Entführern erschossen worden. Das zur Opposition gehörige Nationale Koordinationsbüro für Demokratischen Wandel hat gestern zu einem Waffenstillstand und zur Aufnahme eines Dialogs mit der syrischen Regierung aufgerufen. Das berichteten syrische Medien am Mittwoch. Ein Echo von Seiten der Rebellen gibt es bisher allerdings nicht.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 17. August 2012

STATEMENT TO THE PRESS

UNDER-SECRETARY-GENERAL FOR HUMANITARIAN AFFAIRS AND EMERGENCY RELIEF COORDINATOR, VALERIE AMOS

Damascus, 16 August 2012 - I have been in Syria since Tuesday to see for myself the impact of the intensifying conflict and to discuss ways to increase humanitarian assistance.

The violence has become more intense and is too often indiscriminate. All parties must do more to protect civilians. The humanitarian situation has worsened since I was here in March.

Over a million people have been uprooted and face destitution. Perhaps a million more have urgent humanitarian needs due to the widening impact of the crisis on the economy and people’s livelihoods. Back in March, we estimated that a million people were in need of help. Now as many as 2.5 million are in need of assistance and we are working to update our plans and funding requirements.

Over the last two days I have visited displaced people in Damascus and An Nabk. The families I met are tired, anxious and many have no prospect of going home any time soon. They have faced traumatic experiences and are now living in public buildings and in schools.

Their needs for health care, shelter, food, water and sanitation are growing.

I am particularly concerned that school year is due to start in September while schools are being used as shelters for the displaced. Solutions need to be found to allow term to start as normally as possible.

The UN and its partners are reaching more people with emergency aid every month. But we are only meeting some of the needs.

It’s not enough. Insecurity and restrictions are part of the problem.

But funding too is holding us back. There is more we could be doing right now in areas that are safe enough and where we have established solid partnerships with NGOs and the Syrian Arab Red Crescent. I continue to lobby the government to be more flexible in its approach to humanitarian operations. There is no reason why the ordinary Syrians – men women and children should not receive as much help as is practically possible.

I thank the donors who have supported our efforts and appeal to our international partners to contribute more generously.

Quelle: UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, 16 August 2012; www.unocha.org




Zurück zur Syrien-Seite

Zurück zur Homepage