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Demos pro und kontra

Syrien: Hunderttausende auf Kundgebung zur Unterstützung Präsident Assads. In Deraa protestieren seine Gegner. Delegation der Arabischen Liga eingetroffen

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Hunderttausende Syrer haben am Mittwoch (26. Okt.) in Damaskus die Politik von Präsident Ba­schar Al-Assad unterstützt. Unter dem Motto »Lang lebe die Heimat und ihr Präsident, das syrische Volk ist eine Familie« strömten seit den frühen Morgenstunden aus allen Teilen der syrischen Hauptstadt die Menschen zum Ummayyaden-Platz, der ebenso wie die angrenzenden Straßen am späten Vormittag vollständig gefüllt war. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA sprach von einer Million Menschen.

Die Demonstranten ließen auch Rußland und China hochleben, die mit ihrem Veto bisher eine UN-Sicherheitsratsresolution gegen Syrien verhindert haben. Die USA und europäische Vertreter im UN-Sicherheitsrat versuchen eine robuste Resolution gegen Syrien durchzusetzen, die auch eine »humanitäre Intervention« zum Schutz der Zivilbevölkerung ermöglicht. Seit März wurden in Syrien etwa 3000 Menschen getötet, offiziellen Angaben zufolge darunter 1100 Soldaten und Sicherheitskräfte.

Die Kundgebung begleitete die Ankunft einer Kommission der Arabischen Liga in Damaskus, die neben Assad auch Vertreter der Opposition treffen wird. Geleitet wird die Kommission von Scheich Hamad bin Jassim Al-Thani aus Katar. Das Außenministertreffen der Arabischen Liga hatte die Kommission kürzlich damit beauftragt, zwischen der Regierung und der Opposition in Syrien zu vermitteln. Der Delegation gehören neben Al-Thani auch der Generalsekretär der Liga, Nabil Al-Arabi sowie die Außenminister von Algerien, Ägypten, Oman und Sudan an.

Syrische Medien gehen davon aus, daß sich die Kommission auch mit Khadri Jamil von der neu gegründeten Volksfront für Wandel und Befreiung treffen wird. Außerdem wird ein Gespräch mit Vertretern der Koordina­tionsausschüsse für möglich gehalten, ein Zusammenschluß von Koordinationskomitees auf lokaler und regionaler Ebene, die hinter den friedlichen Protesten in Syrien stehen. Verschiedene Oppositionsgruppen hatten Anfang der Woche erneut ein sofortiges Ende der Gewalt gefordert. Sie machten die syrische Regierung dafür verantwortlich, daß ein umfassender Dialog- und Reformprozeß nicht vorankomme. Jeder Dialog müsse in Damaskus stattfinden, da Gespräche im Ausland die nationale Souveränität Syriens verletzten.

Im Vorfeld der Damaskus-Gespräche hatte sich die Kommission der Liga in Doha (Katar) mit Vertretern des Syrischen Nationalrats getroffen, der in Syrien nicht anerkannt wird. Ob und wie Vertreter dieses Gremiums an einem Dialog in Damaskus teilnehmen können, hängt davon ab, ob die Regierung für deren Einreise umfassende Sicherheitsgarantien leistet. Präsident Assad hatte bereits im Mai alle Oppositionellen im Ausland aufgefordert, nach Syrien zu kommen und am »Dialog- und Reformprozeß« teilzunehmen. Für bisher verbotene Organisationen erließ Assad eine Amnestie.

In der Region Deraa wurde am Mittwoch erneut gegen Präsident Assad demonstriert. Hier hatten die Proteste im März ihren Anfang genommen. Das Gesundheitsministerium wies ebenfalls am Mittwoch Anschuldigungen von Amnesty International zurück, Demonstranten würden in Krankenhäusern gefoltert.

* Aus: junge Welt, 27. Oktober 2011


Karin Leukefeld referiert beim Friedenspolitischen Ratschlag 2011 in Kassel zum Thema:

Wohin treibt Syrien? Über Opposition, ausländische Interessen und den Wunsch nach Veränderung

18. Friedenspolitischer Ratschlag

26./27. November 2011

an der Universität Kassel
Beginn: Samstag, 26. Nov., 12 Uhr Ende: Sonntag, 27. Nov. 14 Uhr




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