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Hunderte Tote im Südsudan

Nach Überfällen auf die Stadt Pieri und zwölf Dörfer Hunderttausende Menschen auf der Flucht *

Bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Stämmen sind im Südsudan nach Angaben der örtlichen UN-Mission mindestens 600 Menschen getötet worden. Seit dem Beginn der Zusammenstöße im Bundesstaat Jonglei am vergangenen Donnerstag seien zudem fast tausend Menschen verletzt worden, sagte UN-Sprecher Farhan Haq am Montag. Ein UN-Team wurde in den an Äthiopien grenzenden Bundesstaat im Osten des Landes entsandt. Die Leiterin der UN-Mission im Südsudan, Hilde Johnson, rief zu Zurückhaltung auf. Der Gouverneur von Jonglei, Kuol Manyang Juuk, hatte am Freitag gesagt, die Kämpfe hätten in dem Teilstaat Bier begonnen. Mitglieder des Murle-Stammes würden verdächtigt, Dörfer des Lou-Nuer-Stammes in Bier angegriffen, Vieh geraubt und Frauen und Kinder entführt zu haben.

Der Südsudan hatte Anfang Juli seine Unabhängigkeit vom Norden erklärt. Die Teilung des bis dahin größten Landes auf dem afrikanischen Kontinent nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg war in einem Referendum Anfang des Jahres beschlossen worden.

Die Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« hat nach den Überfällen auf die Stadt Pieri und zwölf umliegende Dörfer in Jonglei über 100 Patienten behandelt und weitere 57 Personen in Krankenhäuser in die Städte Leer und Nasir überwiesen. Die Mehrzahl dieser Patienten waren Frauen und Kinder mit Schußverletzungen, teilte die Organisation in einer Presseerklärung mit. Dorfbewohner hätten Mitarbeitern von »Ärzte ohne Grenzen« berichtet, daß mehr als 400 Menschen allein in Pieri getötet wurden und fast die Hälfte der Häuser in der Stadt zerstört wurde.

Mindestens eine südsudanesische Mitarbeiterin von »Ärzte ohne Grenzen« sei mit ihrer gesamten Familie getötet worden. Ein anderer Angestellter hat 16 Angehörige verloren. 17 Mitarbeiter der Organisation würden weiterhin vermißt. Die Plünderer hätten das Gelände von »Ärzte ohne Grenzen« gezielt angegriffen. Sie stahlen medizinische Geräte, Medikamente sowie andere wertvolle Gegenstände und brannten Teile der Einrichtung nieder.

»Wir verurteilen diesen Angriff auf unsere Mitarbeiter und auf die medizinischen Einrichtungen auf das Schärfste«, erklärt Jose Hulsenbek, Programmleiterin von »Ärzte ohne Grenzen« im Südsudan. Diese Angriffe seien völlig inakzeptabel. Medizinische Einrichtungen müßten immer als neutrale Orte respektiert werden, »in denen die Patienten und das medizinische Personal keine Angst vor Übergriffen haben müssen«.

Laut »Ärzte ohne Grenzen« wurden bei den Überfällen auch lebenswichtige Wasserstellen zerstört. Die meisten Dorfbewohner würden die Nächte aus Angst vor neuen Angriffen außerhalb der Dörfer im Busch verbringen.

»Die südsudanesischen Behörden, die internationale Gemeinschaft und andere Hilfsorganisationen müssen nun schnell reagieren, um den Opfern der tödlichen Angriffe zu helfen«, erklärte Hulsenbek. Neben medizinischer Hilfe bestünde ein dringender Bedarf an provisorischen Unterkünften, an Nahrungsmitteln und Trinkwasser. (AFP/ots)

* Aus: junge Welt, 24. August 2011


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