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Gibt es eine Eskalation?

Paul Schäfer über den Konflikt zwischen Sudan und Südsudan


Paul Schäfer ist verteidigungspolitischer Sprecher der LINKEN im Bundestag.


nd: Gerade lösen Gefechte zwischen Sudan und Südsudan international Besorgnis aus. Teile des ölreichen, umstrittenen Grenzgebietes wurden von beiden Seiten bombardiert. Sie waren kürzlich eine Woche in beiden Ländern unterwegs. Wie ist Ihr Eindruck der Lage?

Schäfer: Ich kann diese Besorgnis gut verstehen. Das ist eine neue Eskalationsstufe, die so nicht zu erwarten war. Dass es Spannungen gibt und Versuche, die andere Seite einzuschüchtern, war unverkennbar, aber dass es zu einem direkten, bewaffneten Konflikt kommt, war zum Zeitpunkt meiner Reise Mitte März noch nicht so ganz absehbar.

Der sudanesische Staatschef al-Baschir hat nun das für April geplante Treffen mit der südsudanesischen Regierung abgesagt, bei dem die Streitpunkte Territorium und Öl besprochen werden sollten. Eine bedrohliche Situation?

Ja. Aber ich glaube, beide Seiten fürchten den großen Krieg und haben dafür auch keine Zustimmung in den jeweiligen Gesellschaften. Die Menschen wollen nach dem langen Bürgerkrieg endlich bessere Lebensumstände, Bildung und Gesundheitsvorsorge. Sie sind kriegsmüde.

Was war Ihr Ziel als Abgeordneter bei dieser Dienstreise?

Ich wollte zum einen herausfinden, was getan werden müsste, um diese Konflikte friedlich-zivil zu lösen. Zum anderen ging es um die Bedeutung der beiden UNO-Missionen, also UNAMID in Darfur und UNMISS im Süden. Wir LINKEN haben ja zuletzt beide Missionen abgelehnt.

Ihr Fazit nach der Reise?

UNAMID, erfüllt ihren eigentlichen Zweck, den Schutz von Zivilisten, nicht. Sie sollte abgewickelt werden und durch eine zivile Mission, die sich um Konfliktvermittlung und Entwicklungsaufbau bemüht, ersetzt werden. Die Stärkung ziviler Organisationen vor Ort ist der Fokus der LINKEN. UNMISS hingegen hat bei den blutigen Stammeskonflikten in den letzten Monaten zumindest als Frühwarnsystem eine Rolle gespielt. Sie haben Dorfgemeinschaften, die attackiert werden sollten, rechtzeitig gewarnt, sodass sie fliehen konnten. Man muss also darüber nachdenken, ob Hilfe auch durch unbewaffnete Beobachtung möglich ist.

Wie kann die Bundesregierung zur Verbesserung der Lage beitragen?

Sie müsste dafür sorgen, dass die Europäische Union eine eigenständige Rolle spielt und der fatalen Politik der USA entgegentritt. Ich halte die einseitige Parteinahme für den Süden und diese Isolierungspolitik gegenüber dem Norden, wie sie von den USA verfolgt wird, für absolut konfliktverschärfend und unvernünftig. Da müsste es international ein Gegengewicht geben. Die Bundesrepublik bewegt sich dort im Schlepptau der USA und das ist beschämend.

Al-Baschir ist ein verurteilter Kriegsverbrecher, gegen den ein Haftbefehl vorliegt. Würde seine Unterstützung nicht ein moralisches Dilemma darstellen?

Ich halte mich in diesen Fällen an den Grundsatz, erst Frieden und dann Gerechtigkeit. Man muss erst dafür sorgen, dass die bewaffneten Konflikte beendet werden und der wirtschaftliche und demokratische Aufbau beginnt. Dann wird man natürlich über die Verbrechen sprechen müssen und sie entsprechend ahnden.

Interview: Jenny Becker

* Aus: neues deutschland, 28. März 2012

Besorgnis über Gewalt

Die jüngsten Kämpfe an der Grenze zwischen Sudan und Südsudan haben international Besorgnis ausgelöst. Nach den Vereinten Nationen und den USA forderten am Mittwoch auch die Afrikanische Union und die EU die Einstellung der Kampfhandlungen. Die beiden Konfliktparteien wollen am heutigen Donnerstag (29. März) in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zu Gesprächen zusammenkommen.


Situation on South Sudan-Sudan border cools as parties say they want to meet – UN

28 March 2012 – Tensions stemming from military clashes in the border area between Sudan and South Sudan appear to be de-escalating as both parties have stated their willingness to meet in the coming days in Addis Ababa, Ethiopia, to prevent a new eruption of violence, a United Nations spokesperson said today.

“While the exact situation on the ground still needs to be confirmed, at the moment the situation appears to be de-escalating,” said the Secretary-General’s deputy spokesperson, Eduardo del Buey, at a press briefing at UN Headquarters, adding that senior UN officials in the area had been actively engaged on the issue over recent days.

There had been growing concerns over the situation there in the wake of reports of armed clashes around the two countries’ shared border region. Yesterday, the Security Council expressed concern that a confrontation threatened reigniting conflict between the two. It called on their governments to exercise maximum restraint and to peacefully address the issues that have fuelled mistrust between them, including differences over oil, violence in the border region, citizenship and the dispute over the Abyei area.

Mr. del Buey said that the both the Secretary-General’s Special Envoy for Sudan and South Sudan, Haile Menkerios, and the Secretary-General’s Special Representative in South Sudan and head of the UN peacekeeping mission there (UNMISS), Hilde Johnson, have had intensive engagement with the parties, together with the African Union High-level Implementation Panel and other international partners.

“The Government of South Sudan committed to withdraw its forces to its previous positions,” the spokesperson said. “The Government of Sudan agreed to attend a meeting of the Joint Political and Security Mechanism on 30 March in Addis Ababa, and stop the bombing if the South Sudan People’s Liberation Army withdrew.”

Secretary-General Ban Ki-moon expressed his deep concern about these military clashes and “urged the parties to utilize to the fullest extent existing political and security mechanisms to peacefully address their differences,” Mr. del Buey added.

He also noted that Mr. Ban had urged both Heads of State to meet as planned in a summit on 3 April. There have been media reports that Sudan’s President Omar Al-Bashir has suspended his plans to attend the meeting with his South Sudanese counterpart, Salva Kiir.

Source: UN News Centre, http://www.un.org




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