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Zuma trimmt auf Linie

Kritischer Generalsekretär des südafrikanischen Gewerkschaftsbundes suspendiert

Von Christian Selz *

Auf den ersten Blick ist es nur eine Gewerkschaftspersonalie, Resultat einer Sexaffäre am Arbeitsplatz. Südafrikas Gewerkschaftsbund COSATU hat seinen Generalsekretär Zwelinzima Vavi in der vergangenen Woche auf unbestimmte Zeit suspendiert, weil er ein Verhältnis mit einer Angestellten hatte. So steht es zumindest in der offiziellen Verlautbarung. Die wahren Hintergründe sind andere. Vavi ist der einflußreichste und deutlichste Kritiker von Staatspräsident Jacob Zuma. Mit seiner Kaltstellung bringt der Machtstratege seine Regierungsallianz auf Linie. Der gehört neben seiner Partei, dem African National Congress (ANC), und COSATU auch noch die vom ANC längst völlig vereinnahmte Kommunistische Partei Südafrikas (SACP) an. Vavi aber will weiterkämpfen. Am Freitag legte er einen Geheimreport offen, mit dem COSATU-Präsident Sdumo Dlamini, ein Getreuer Zumas, ihn innerhalb des Gewerkschaftsbundes diskreditiert haben soll. Gegen seine Suspendierung will er rechtliche Schritte einlegen.

Für Südafrikas politische Landschaft ist der Fall von essentieller Bedeutung. »Ohne Zwelinzima Vavi gäbe es keine Demokratie«, titelte die bedeutendste Wochenzeitung Mail&Guardian bereits im März. Schon damals stand Vavi kurz vor dem Rauswurf. Er kollaboriere mit Oppositionsparteien und rivalisierenden Gewerkschaften, hatten anonyme Funktionäre in der Presse lanciert. Öffentlich warf ihm der regierungstreue COSATU-Flügel vor, eine Immobilie der Organisation unter Wert verkauft zu haben. Beweise konnten seine Gegner damals nicht vorbringen, eine Abstimmung der Spitzen der Mitgliedsgewerkschaften über seine Zukunft überstand er trotzdem nur knapp.

»Die Föderation der Arbeiter ist heute in Aufruhr, gespalten und völlig paralysiert«, gibt Vavi nun selbst zu. Der Flügel hinter Dlamini ist von Zuma mit Positionen in ANC- und Staatsführung zu einer Außenstelle der Regierung degradiert worden, die sich von der eigenen Mitgliedschaft weit entfernt hat. Dazu gehört auch die Spitze der von der Bergbauindustrie kooptierten Bergarbeitergewerkschaft NUM, einst stärkste Einzelgewerkschaft COSATUs. Auf der anderen Seite stehen Vavi, der seine Nominierung für das Nationale Exekutivkomitee des ANC im vergangenen Dezember abgelehnt hatte, und seine Getreuen vor allem in der Metallarbeitergewerkschaft NUMSA. Immer wieder hatten sie Korruption und Vetternwirtschaft offen und deutlich kritisiert. Vavi, der in diesem Zusammenhang von »politischen Hyänen« sprach, die sich auf Kosten der Armen satt fräßen, forderte gar öffentlich eine Untersuchungskommission zum 20 Millionen Euro teuren Umbau von Zumas Landsitz. Für seine Kritik, so scheint es, bezahlt er nun den Preis.

An Vavis Beliebtheit an der Gewerkschaftsbasis konnten die von seinen Widersachern fabrizierten Skandale bisher aber wenig ändern. Auch deshalb entschieden sich die COSATU-Oberen gegen den eigentlich in der Gewerkschaftsverfassung vorgesehenen Weg einer Abwahl durch Mitgliedervotum. Die Lösung per Suspendierung hat für sie zudem den Vorteil, Vavi zunächst den Mund verbieten zu können. Mit seinem Wissen und seiner Popularität könnte er für Zuma vor den Wahlen im kommenden Jahr sonst zur bedeutenden Gefahr werden.

Parallel dazu läuft die Zerstörung seines Ansehens auf Hochtouren weiter. Der Geheimreport, den Vavi am Freitag selbst öffentlich machte, strotzt vor abstrusen Anschuldigungen, er würde mit US-amerikanischen Nichtregierungsorganisationen am Sturz der ANC-Regierung arbeiten. Außerdem hätte er den Streik der Bergarbeiter in Marikana genauso initiiert wie landesweite Sozialproteste und gewalttätige Attacken auf Ausländer. Dlamini habe »den sogenannten Geheimreport verteilt«, mit dem »meine Person beschmutzt und zerstört werden soll«, so Vavi.

* Aus: junge welt, Dienstag, 20. August 2013


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