Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Helden des Rohstoffkriegs

Südafrika diskutiert militärisches Engagement in Zentralafrikanischer Republik. Kritiker sprechen von "wirtschaftlichem Eigeninteresse" der Regierung

Von Christian Selz, Kapstadt *

Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat ein doppeltes Erklärungsproblem. Im eigenen Land werden die Fragen nicht leiser, warum die vor gut einer Woche in der Zentralafrikanischen Republik getöteten 13 südafrikanischen Soldaten überhaupt dort waren. Auf internationaler Ebene dürfte sich Südafrikas Bündnispartner China um seine Ölkonzessionen in dem Land sorgen. Der nach dem Putsch im März selbsternannte neue Präsident der Zentralafrikanischen Republik, Michel Djotodia, kündigte bereits die Überprüfung von Rohstoff-Explorationslizenzen an. Zuma könnte dabei das falsche Pferd im Rennen um den Zugang zu Afrikas Märkten und Rohstoffen sein. Übers Osterwochenende zog Südafrika seine Truppen nach bisher offiziell nicht bestätigten Berichten größtenteils aus der Zentralafrikanischen Republik ab.

Die Regierung Zuma kommt damit einer von der Opposition geforderten Parlamentsdebatte zuvor, kämpft aber weiter um die Einordnung des militärischen Desasters. »Sie sind als Helden gestorben«, sagte Südafrikas Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapisa-Nqakula vergangene Woche vor den 13 mit Nationalflaggen bedeckten Särgen der gefallenen Soldaten, die im Rahmen einer Zeremonie in der Waterkloof-Militärbasis ihren trauernden Angehörigen übergeben wurden. »Sie haben gekämpft, um südafrikanische Interessen zu schützen. Sie haben nicht irgendwelche Wirtschaftsgeschäfte beschützt. Es gab ein bilaterales Abkommen, das sie erfüllt haben«, so Mapisa-Nqakula. Die Hintergründe dieses Abkommens aus dem Jahr 2007 und einer massiven Truppenaufstockung im vergangenen Dezember sind der Kern der Kontroverse.

Südafrikas führende Wochenzeitung Mail&Guardian wirft dem regierenden African National Congress (ANC) ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik vor. Demnach diente die seinerzeit von der Regierung Thabo Mbekis unterzeichnete Vereinbarung über ein militärisches Ausbildungsprogramm in der Zentralafrikanischen Republik vorrangig dem verschleierten Schutz südafrikanischer Rohstoffinteressen. Das Blatt führt ein Kooperationsgeschäft zwischen der Regierung des im März gestürzten Expräsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Francis Bozizé, sowie einem südafrikanischen Konsortium aus Geschäftsleuten mit ANC-Verbindungen und Chancellor House, einen Investmentunternehmen der Partei, an, das den Diamantenexport des Landes kontrollieren sollte.

Als Bozizés Macht Ende vergangenen Jahres bröckelte, erweiterte ANC- und Staatspräsident Jacob Zuma das ursprünglich lediglich 20 bis 30 »Ausbilder« umfassende Kontingent um zusätzliche 200 Soldaten, offensichtlich zum Schutz des loyalen Geschäftspartners. Der ANC wies die Vorwürfe in einer Pressemitteilung als Lügen zurück, die Zeitung würde »auf die Gräber der ritterlichen Kämpfer pinkeln«. In triefendem Nationalpathos versucht die südafrikanische Regierung, die Südafrikaner hinter »südafrikanischen Interessen« zu vereinen. Das Militär streut unbestätigte Nachrichten von zahlenmäßig hoch überlegenen Kontrahenten und Hunderten getöteten Feindessoldaten, darunter Kinder, die zu Statisten und Trophäen des südafrikanischen Heldentums werden. Die Truppenentsendung, sagte Ministerin Mapisa-Nqakula derweil vor den Särgen der Toten, sei »nicht die erste und auch nicht die letzte« gewesen.

Zumindest in diesem Punkt hat sie recht. Südafrika ist derzeit mit einem Kontingent an den UN-Streitkräften in der Demokratischen Republik Kongo beteiligt, wo die Rebellengruppe M23 gerade verlauten ließ, daß die kürzlich erfolgte Aufstockung der UN-Truppen Krieg bedeute. Auch dort lagern in den umkämpften Gebieten wichtige Bodenschätze, die Allianzen sind ähnlich undurchsichtig wie in der Zentralafrikanischen Republik. Deren neuer Anführer Djotodia ringt derweil um potentielle Verbündete, namentlich nannte er die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sowie die USA. Bisher versagte ihm Washington zwar die Anerkennung, Djotodias Ankündigung, die Vergabe von Rohstofflizenzen neu überprüfen zu lassen, könnte ihm allerdings neue Pluspunkte bringen. Sein Vorgänger Bozizé hatte die Förderungsrechte für Erdöl an die China National Petroleum Corp sowie an eine südafrikanische Gesellschaft vergeben.

* Aus: junge welt, Donnerstag, 4. April 2013


Zurück zur Südafrika-Seite

Zur Zentralafrika-Seite

Zur Militärinterventions-Seite

Zurück zur Homepage