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Malemas Comeback

Südafrika: ANC-Jugendliga-Chef legt Berufung gegen Parteiausschluß ein und fordert Zuma zum Machtkampf

Von Christian Selz, Port Elizabeth *

Julius Malemas Ankündigung glich einer Groteske: Der Vorsitzende der Jugendliga des African National Congress (ANCYL) war in einem Disziplinarverfahren Mitte November aus der Partei ausgeschlossen worden und hatte ursprünglich einen harten Machtkampf angekündigt, eh er nur zwei Wochen später scheinbar die totale Kehrtwende vollzog. Ausgerechnet der Sunday Times, Südafrikas führender Wochenzeitung, die ihn immer wieder mit Korruptionsskandalen und Berichten über Luxuspartys bloßgestellt hatte, gab der einflußreiche Jungpolitiker ein Interview, in dem er sich selbst als »politisch erledigt« darstellte und erklärte, sein Geld künftig als Viehzüchter verdienen zu wollen. »Ich habe jetzt 20 Kühe. Wir werden sie züchten, zum Schlachthof bringen und das Fleisch verkaufen«, erläuterte Malema, auch wenn ihm nur wenige glaubten. Am Dienstag feierte er nun sein politisches Comeback – Köpfe will er allerdings immer noch rollen sehen.

Im Rahmen der lokalen ANC-Konferenz in seiner Heimatprovinz Limpopo tauchte Malema, der gegen seine Suspendierung inzwischen Berufung eingelegt hat, etwas überraschend auf der Wahlliste zum Exekutivkomitee der Partei auf. Am Dienstag (20. Dez.) bestätigte ein Sprecher Malemas Wahl in das höchste Parteigremium. Der ANC regiert die Provinz nordöstlich der Hauptstadt Pretoria traditionell mit einer derart sicheren absoluten Mehrheit, daß die innerparteilichen Abstimmungen faktisch wichtiger sind als die eigentliche Wahl des Provinzparlaments. Für den Flügelkampf innerhalb des ANC bot die Konferenz allerdings einiges Konfliktpotential, zumal auch der umstrittene Provinzpremier Cassel Mathale, ein enger Verbündeter Malemas und ausgesprochener Gegner Zumas, seinen Parteivorsitz behaupten konnte. Das unterlegene Lager um Gegenkandidat Joe Phaahla, Vizeminister für Kunst in Kultur in Zumas Kabinett, sprach anschließend von Wahlbetrug, erkannte die Niederlage aber schließlich dennoch an.

Wie zerrissen die Regierungsallianz inzwischen ist, zeigte auch, daß ein Vertreter des mit dem ANC verbündeten Gewerkschaftsbundes COSATU seine obligatorische Grußbotschaft unter lauter Verhöhnung abbrechen mußte. Fast zynisch, aber dennoch folgerichtig schien es da, daß Malema im Anschluß an seine Wahl zu einer offenen Debatte um die Besetzung der Parteiführung vor der nationalen Parteikonferenz im kommenden Jahr aufrief. »Es wird schmutzig werden, wenn der ANC die Debatte nicht leitet«, drohte Malema unverblümt. Bereits am Samstag hatte er selbst einen Vorgeschmack geliefert und im Rahmen der Konferenz in Lieder eingestimmt, die Zuma als »Duschkopf-Mann« verhöhnten – eine Anspielung auf die Darstellung Zumas durch einen Karikaturisten, seitdem dieser 2005 in einem Gerichtsverfahren angab, nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Frau zum Selbstschutz heiß geduscht zu haben.

Ob Malema selbst an der Personaldebatte noch als aktives ANC-Mitglied teilnehmen wird, ist derweil weiter offen. Das Berufungsverfahren über seinen Parteiausschluß wird nicht vor Beginn des neuen Jahres erwartet, die Zeit spielt allerdings für ihn. Zumindest zur 100-Jahr-Feier des ANC Anfang Januar dürfte der umstrittene Jugendliga-Führer noch in Amt und Würden sein. Doch auch ohne Parteibuch dürfte Zuma die Schlachtlust des Teilzeit-Landwirts und gut vernetzten Nachwuchspolitikers auf dem Weg zu seiner Wiederwahl im Dezember 2012 durchaus fürchten.

* Aus: junge Welt, 22. Dezember 2011


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