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Kohleförderung am Scheitelpunkt

Südafrikas Regierung präsentierte Plan zur Neuausrichtung der Energieversorgung

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Südafrikas Regierung möchte angesichts knapper werdender Ressourcen die Abhängigkeit der Energieversorgung von der Kohle verringern.

Vor zwei Jahren gingen in Südafrika wegen Strommangel häufig die Lichter aus. Minen und Fabriken mussten teilweise ihre Arbeit einstellen. Die Stromlieferung konnte mit dem hohen Wirtschaftswachstum, das zu einem steigenden Energieverbrauch von Unternehmen und privaten Haushalten geführt hatte, nicht Schritt halten. Ab 2011 sind wieder Engpässe wegen mangelnden Investitionen in neue Kraftwerke und Leitungen zu befürchten.

Südafrikas Regierung sucht deshalb dringend nach Auswegen aus der erneut drohenden Energiekrise und hat deshalb einen neuen Plan zur Energienutzung erarbeitet. Im Frühjahr hatte es in Südafrika heftige Diskussionen gegeben, da das staatliche Energieunternehmen ESKOM, das 95 Prozent des Stroms im Land liefert, einen Kredit der Weltbank in Höhe von 2,7 Milliarden Euro vor allem für den Bau eines Kohlekraftwerkes erhielt. Jetzt sollen nach dem Willen der Regierung auch die erneuerbaren Energien eine wachsende Rolle spielen. Bis 2013 sollen vier Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen stammen. Doch eine Studie der US-Nichtregierungsorganisation Pew Charitable Trust zeigt, dass Südafrika dieses Jahr nur etwa 90 Millionen Euro für saubere Energie ausgibt, während Brasilien 5,5 Milliarden Euro zur Förderung dieser Energiequellen investiert.

Eines der größten Projekte in diesem Bereich soll ab Mitte 2012 in Südafrikas Nordprovinz entstehen. Die Vorarbeiten an der dort geplanten Solaranlage, die bis 2015 fertiggestellt werden soll, waren wegen Finanzschwierigkeiten lange ausgesetzt worden. Ein kleiner Teil des Großkredits der Weltbank an ESKOM, nämlich 200 Millionen Euro, sind nach Angaben der Ministerin für öffentliche Unternehmen, Barbara Hogan, bereits in die Solaranlage in der Nähe von Upington geflossen. ESKOM will sich zum Bau der umgerechnet 16 Milliarden Euro teuren Anlage mit einer Leistung von 5000 Megawatt um einen weiteren Kredit der Weltbank bemühen. Aber auch private Investoren sollen, so Regierungssprecher Themba Maseko, gewonnen werden.

Aktuell kommen 90 Prozent der Stromproduktion Südafrikas aus besonders klimaschädlichen Kohlekraftwerken. Das »schwarze Gold« deckt 70 Prozent des gesamten Energiebedarfs. Ein Viertel der Treibstoffe wird aus Kohleverflüssigung hergestellt. Kohle bringt dem Land durch den Export auch wichtige Devisen ein. Wie dringend der Ausbau von Alternativen zu der Nutzung von Kohle ist, zeigen kürzlich veröffentlichte Studien, die alle davon ausgehen, dass die Förderung in Südafrika in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt erreichen wird. Im vergangenen Jahr wurden 242 Millionen Tonnen Kohle produziert. David Ruth-ledge, Professor am California Institute of Technology, sagt sogar schon für 2011 den Höhepunkt der Kohleproduktion mit 253 Millionen Tonnen pro Jahr voraus. Durch den Bau der neuen Kohlekraftwerke von ESKOM und weiterer Kohleverflüssigungsanlagen des Unternehmens SASOL wird die jährliche Nachfrage um weitere 70 Millionen Tonnen steigen.

Angesichts dessen will die Regierung laut ihrem neuen Energieplan langfristig, nämlich bis 2030, den Anteil der Kohle am Gesamtstromverbrauch auf 48 Prozent zurückführen. Erneuerbare Energien sollen unter Einschluss von Wasserkraft-Importen dann 18 Prozent der Stromproduktion ausmachen.

Aber auch auf den Ausbau der Atomenergie wird in Südafrika gesetzt. Ihr Anteil soll von heute 6,5 auf 14 Prozent steigen -- geplant ist auch der Bau neuer Atomanlagen. Sorge bereitet dem verantwortlichen Energieminister Dipuo Peters die Verfügbarkeit des notwendigen angereicherten Urans durch die starke Nachfrage Chinas. »Wenn wir die Atomanlagen bauen, könnten wir Gefahr laufen, das angereicherte Uran nicht mehr bezahlen zu können«, meinte der Minister.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Oktober 2010


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