Südafrika strebt in den BRIC-Club
Zuma arbeitet am Image des Kapstaates
Von Armin Osmanovic, Johannesburg *
BRIC ist das Akronym für Brasilien, Russland, Indien und China – vier aufstrebende
Schwellenländer. Südafrika strebt die Aufnahme in den informellen Club an, BRICS statt BRIC lautet
die Devise in Pretoria.
Der Zug fährt. Nicht wenige Wirtschaftsfachleute sehen BRIC bis spätestens 2050 an der Weltspitze.
Hinter BRIC stehen Brasilien, Russland, Indien und China. Südafrikas Präsident Jacob Zuma rührt
derweil kräftig die Trommel, dass aus BRIC BRICS wird. Seit seiner jüngsten Reise durch die BRICLänder
hat die außenpolitische Diskussion in Südafrika an Fahrt gewonnen. Tim Cohen vom
Johannesburger »Business Day« kritisierte die Anstrengungen der eigenen Regierung, Mitglied in
dieser informellen Ländergruppe als billige PR-Masche: »Komm und investiere, wir sind BRIC.«
Die BRIC-Gruppe hat sich nach einem Treffen 2009 im russischen Jekaterinenburg
zusammengeschlossen. Ihre Mitglieder sehen sich als aufstrebende Länder, die die neue
Weltordnung bestimmen.
Internationale Anerkennung ist wichtig für Südafrikas Regierung, auch deshalb war man bereit, für
die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft große Summen auszugeben. Jetzt, wo Indien, ein
BRIC-Land, wegen der Probleme rund um die Durchführung der Commonwealth-Spiele in der
internationalen Kritik steht, klopft man sich am Kap noch deutlicher auf die Schultern, wie gut doch
die WM auf eigenen Boden verlief.
Mzukisi Qobo, vom südafrikanischen Institut für Internationale Angelegenheiten, sieht keine innere
Verbindung, die die BRIC-Gruppe eint. Gewiss haben die BRIC-Länder wachsenden wirtschaftlichen
und politischen Einfluss auf die eigene Region und darüber hinaus, doch eine für Südafrika
erstrebenswerte Außenpolitik hätten nicht alle Länder der BRIC-Gruppe, so Qubo. Vor allem China
und Russlands Haltung in Menschenrechtsfragen werden kritisiert.
Die BRIC-Gruppe geht im Kern auf eine Studie des Investmenthauses Goldman Sachs im Jahr 2003
zurück. Brasilien, Russland, Indien und China, so der Report des Bankhauses damals, werden bis
zum Jahre 2040 die alten G 7-Staaten wirtschaftlich überholen. Später entwickelte die
Investmentbank die »next 11« (N-11), eine Gruppe von Ländern mit großen Wachstumschancen.
Dazu zählte Goldman Sachs unter anderen Südkorea, Türkei, Iran, Pakistan und aus Afrika Nigeria.
In beiden Gruppen war Südafrika, das für sich selber eine führende Rolle in Afrika und der Welt
beansprucht, nicht vertreten. Südafrikas Regierung fühlt sich beleidigt.
Südafrikas Bevölkerungszahl, seine Landfläche und die Größe der Volkswirtschaft hinken deutlich
hinter denen der anderen BRIC-Staaten her. Auch weist Südafrika keine vergleichbaren
Großunternehmen wie Gazprom und Lukoil aus Russland, China Mobile und China Construction
Bank aus China und Petrobas aus Brasilien auf.
Der südafrikanische Politikwissenschaftler Qobo fordert von der Regierung ein Überdenken der
Beitrittsabsicht zu einer solch rein wirtschaftlich begründeten Gruppe von Ländern wie die BRICStaaten,
deren globale Absichten mehrheitlich dem eigenen merkantilistischen Interesse folgen.
Südafrika sollte lieber mit Ländern zusammenarbeiten, die Werte, wie Multilateralismus, Demokratie,
Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung verfolgen.
Ein wertebasierter Austausch mit anderen Ländern außerhalb Afrikas und innerhalb des Kontinents
wäre für die Fortentwicklung der südafrikanischen Außenpolitik wichtig. Die zurückhaltende Haltung
Südafrikas gegenüber den Menschenrechtsverletzungen im Nachbarland Simbabwe kritisiert nicht
nur der Gewerkschaftsdachverband COSATU als Missachtung der eigenen Werte. Dies gilt auch für
die gleichgültige Haltung der Regierung gegenüber der Unterdrückung der Opposition im kleinen
Nachbarland Swaziland.
Die Mitgliedschaft bei BRIC mag auf globalen Investorenkonferenzen als Verkaufsargument dienen,
um Investitionen anzukurbeln. Die anderen BRIC-Staaten, allen voran China, mögen Südafrika an
ihren Tisch Platz nehmen lassen, auch wenn es kaum an die eigene Bedeutung heranragt.
Südafrika wird als ein Türöffner zum afrikanischen Markt gesehen. Diese Rollenzuweisung der
großen BRIC-Staaten gefällt nicht jedem am Kap.
* Aus: Neues Deutschland, 1. November 2010
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