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Zuma bleibt Parteichef

Von Christian Selz, Kapstadt *

Auch eine Verhaftung von vier Rechtsextremisten, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Bombenanschlag auf die Delegierten des ANC-Parteitages und die Führung der einstigen Befreiungsbewegung geplant hatten, änderte am gestrigen Dienstag nichts an der Feierstimmung der Anhänger von Staatschef Jacob Zuma. Mit Vuvuzela-Tröten und Jubelarien zelebrierten sie nach der Auszählung der Stimmen die Wiederwahl ihres Favoriten an der Spitze des African National Congress. Knapp 3000 Delegierte hatten für den Staats- und Parteichef gestimmt, sein Herausforderer Kgalema Motlanthe kam nur auf 900 Stimmen. Für Zuma bedeutet seine Wiederwahl mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine zweite Amtszeit als Präsident Südafrikas. An einem erneuten Wahlsieg des ANC, der das Land seit 1994 mit einer deutlichen absoluten Mehrheit regiert, zweifelt bei den Parlamentswahlen 2014 niemand. Für die Partei selbst bedeutet die Wahl allerdings eine Vertiefung der internen Gräben.

Der Kampf um die Macht in der Regierungspartei hat Südafrika bereits das ganze Jahr über politisch erstarren lassen und kulminierte in schweren Vorwürfen innerparteilicher Manipulationen während der Nominierung der Spitzenkandidaten. Auf Regionalkonferenzen war es zu Prügeleien und Polizeieinsätzen gekommen, einige Zuma-Gegner klagten sogar gegen die Zusammensetzung der Provinzdelegationen. Noch gestern ließ die Wahlkommission an die Parteitagsdelegierten der Provinzen North West und Free State andersfarbige Stimmzettel verteilen, um im Falle eines negativen Gerichtsurteils nicht die gesamte Wahl annullieren zu müssen. Wie sehr die älteste Befreiungsbewegung Afrikas inzwischen in Lager geteilt ist, zeigten auch die Abstimmungen zum Vizepräsidenten, zum Generalsekretär und zur Vorsitzenden des Nationalen Exekutivkomitees, bei denen die Ergebnisse immer ähnlich im Verhältnis 3000 zu 900 ausfielen.

Für die interne Demokratie des ANC ist die Allmacht der Zuma-Fraktion ein Nackenschlag, weil sie die Ernennung von Spitzenkandidaten nach Loyalität bedeutet – und nicht nach der Überzeugung der Delegierten. Zuletzt waren sogar Stimmen laut geworden, die Motlanthes Kandidatur als Verrat bezeichneten. Der ruhig und sachlich wirkende Vizepräsident verzichtete anschließend auf eine erneute Kandidatur für sein bisheriges Amt und steht nun innerhalb des ANC gemeinsam mit seiner Fraktion auf dem Abstellgleis. Zuma, der mit dem teuren Ausbau seines Privatwohnsitzes und der kalten Nichtreaktion auf das Polizeimassaker an den Bergleuten von Marikana im August landesweit stark an Ansehen eingebüßt hat, zementierte in Mangaung seine starke innerparteiliche Stellung. Sein Beliebtheitswert in der Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge allerdings auf 52 Prozent gesunken.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 19. Dezember 2012


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