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Neue alte Regierung im Sudan

Baschir präsentiert Kabinett. Opposition boykottiert Beteiligung

Von Simon Loidl *

Am Samstag ist in Khartum die neue Regierung unter Führung von Präsident Omar Al-Baschirs Nationaler Kongreßpartei (NCP) vereidigt worden. Drei Tage zuvor hatte Baschir seine neue Mannschaft vorgestellt. Dem waren monatelange Gespräche mit Oppositionsparteien vorausgegangen. Der seit einem Militärputsch im Jahr 1989 regierende Präsident hatte nach der Sezession des Südsudan im Juli angekündigt, mit diesen Gesprächen und einer neuen Regierung unter Einbindung aller politischen Kräfte des Landes auf die neue Situation reagieren zu wollen. Große Veränderungen gibt es nun allerdings nicht. Zahlreiche Minister, die bereits seit Jahren zu Baschirs Personal zählen, werden auch künftig ihre Ämter ausüben.

Von den Oppositionsparteien hat sich einzig die Democratic Unionist Party (DUP) bereiterklärt, für eine neue Regierung unter Führung von NCP und Baschir zur Verfügung zu stehen. Erst vor kurzem waren Verhandlungen mit der Nationalen Umma Partei (NUP) gescheitert. Deren Vertreter kritisierten das Fehlen eines klaren politischen Ziels für eine neue Regierung. Dies würde zu einer Fortsetzung des bisherigen NCP-Programms führen.

Die anderen sudanesischen Oppositionsparteien fordern weiterhin die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, die eine neue Konstitution entwerfen soll. Erst auf dieser Basis könne es zu Neuwahlen und der Etablierung einer neuen Regierung und Verwaltung kommen. Derartige Vorschläge seien aber von der Regierungspartei stets abgelehnt worden, zitiert Independent Online Yousuf Hassan, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei des Sudans (CPS). Diese setzt sich gemeinsam mit anderen Parteien vehement für einen politischen Neubeginn ein, der den veränderten geographischen und ökonomischen Bedingungen nach der Sezession des Südsudan angemessen sei.

Mitte November ließ der NCP-Vizepräsident und Baschir-Vertraute Nafe Ali Nafe der CPS und der Popular Congress Party (PCP) über die ­Medien ausrichten, daß ihre Teilnahme am Kongreß der Regierungspartei trotz formeller Einladung nicht erwünscht sei. Als Grund gab Nafe an, daß beide Organisationen den Sturz der Regierung fordern würden. Bereits zuvor war indes deutlich geworden, daß Baschir kein Interesse an mehr als kosmetischen Veränderungen an dem von ihm und seiner Partei aufgebauten und kontrollierten Staatsapparat hat.

Unterdessen bleibt das Verhältnis des Landes zu seinem neuen Nachbarn in Süden gespannt. Neben ständigen militärischen Provokationen kam es am Donnerstag auch vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York zu einer Auseinandersetzung zwischen Vertretern von Sudan und Südsudan. Aktuell geht es um den Status der Region Jau, die beide Länder für sich beanspruchen. In der vergangenen Woche ist es dort wiederholt zu militärischen Auseinandersetzungen gekommen. Khartum warf den südsudanesischen Truppen vor, sechs Angriffe gestartet zu haben.

Angesichts der neuen Kämpfe sprach der Chef der UN-Friedenstruppen, Hervé Ladsous, von »beunruhigenden Spannungen« und plädierte für neue Verhandlungen zwischen den beiden Ländern.

* Aus: junge Welt, 12. Dezember 2011


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