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Sudan: Chronik wichtiger Ereignisse
Mai/Juni 2009
Freitag, 1. Mai, bis Sonntag, 18. Mai
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Die südsudanesische Rebellengruppe Sudan People's Liberation Movement
(SPLM) hat sich offiziell als politische Partei für die Wahlen im
Februar 2010 eintragen lassen. (3. Mai) Die SPLM hatte zwei Jahrzehnte
lang gegen den Norden Sudans gekämpft bis 2005 der Friedensvertrag
zwischen Nord und Süd vereinbart wurde. Obgleich der Vorsitzende der
SPLM, Salva Kiir, südsudanesischer Präsident und sudanesischer
Vizepräsident ist, war die Gruppierung bis jetzt nicht als Partei
eingetragen.
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Die African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID) hat
Major-General Emmanuel Karake Karenzi, aus dem Amt verabschiedet. (3.
Mai) Karenzi ist seit Januar 2008 Kommandierender der UNAMID- Truppen
gewesen. Dem aus Ruanda stammenden Offizier waren Verletzungen der
Menschenrechte während des ruandischen Völkermordes vorgeworfen worden.
Ruandas Präsident Paul Kagame hatte daraufhin zusammen mit Präsident
Bush im September 2008 die Vorwürfe als unhaltbar verurteilt.
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Die Weltgesundheitsorganisation berichtet, dass über eine Million
Sudanesen aufgrund der ausgereisten Hilfsorganisationen unter
gesundheitlichen Versorgungsmangel zu leiden haben. (4. Mai) Präsident
al-Bashir hat im März 13 internationale Hilfsorganisationen des Landes
verwiesen, als bekannt wurde, dass der Internationale Strafgerichtshof
einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Laut der WHO haben 12 der
ausgewiesenen Organisationen insgesamt rund 1.1 Millionen Sudanesen mit
ärztlicher Hilfe sowie Nahrungsmitteln versorgt.
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Experten kritisieren den Vorwurf westlicher Regierungen, die
sudanesische Regierung beginge Völkermord. (4. Mai) Ihrer Meinung nach,
intensivieren die Vorwürfe den Konflikt in Darfur. Andere wiederum
(unter ihnen Thierry Durand, der für Sudan zuständige Leiter der Ärzte
ohne Grenzen) erklären, dass man die Ereignisse juristisch nicht als
Völkermord bezeichnen dürfe.
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Bei einer Pressekonferenz mit dem UN Humanitarian Affairs Chief John
Holmes ließ der sudanesische Ministers für humanitäre Angelegenheiten,
Harun Lual, verlautbaren, der Sudan würde zwar die ausgereisten 13
Hilfsorganisationen nicht wieder ins Land lassen, die Regierung lade
aber andere Organisationen ein, die Sudanesen vor Ort zu unterstützen.
(8. Mai)
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Die sudanesische Regierung erklärte, sie würde jeden Angriff auf ihr
Territorium abwehren, nachdem Rebellen der Justice and Equality
Movement (JEM) staatliches Militär nahe der Hauptstadt Khartum
angegriffen hatten. (10. Mai) Die Regierung behauptet, der Tschad
unterstütze die Rebellenbewegung. Die Regierung Tschads erklärte
wiederum, ihr Staatsmilitär hätte einige Tage zuvor einen Angriff auf
die Hauptstadt vereiteln können und vermuteten, die sudanesische
Regierung hätte die Rebellen im Tschad mit Waffenlieferungen unterstützt.
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Am Montag, dem 18. Mai fand die Anhörung des Rebellenführer Bahr Idriss
Abu Garda statt. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) legt ihm den
Angriff auf Friedenstruppen der Afrikanischen Union im September 2007
zur Last. Garda hatte sich dem ICC freiwillig gestellt, weil er laut
seinem Sprecher daran glaube, keiner solle Strafimmunität besitzen.
Außerdem beteuert Garda seine Unschuld.
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Laut Mitarbeitern der African Union-United Nations Mission in Darfur
(UNAMID) sollen Rebellen der Justice and Equality Movement (JEM) einen
Angriff auf sudanesische Regierungstruppen in Kornoi unternommen haben
(17. Mai).
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Laut den Vereinten Nationen zeigen sich Rebellengruppen in Darfur
bereit, gemeinsam Friedensgespräche mit der sudanesischen Regierung zu
unternehmen. (18. Mai) Doch die Einigkeit unter den Gruppierungen ist
brüchig, sagen Experten, so dass langfristiger Frieden aufgrund
verschiedener Interessen derzeit geringe Chancen habe. Besonders
problematisch sei die Masse der neuen Rekruten, die eigene Motive und
Interessen in die Rebellengruppen hineintragen.
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Mitarbeiter der African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID)
haben am 18. Mai hochrangige Vertreter der Afrikanischen Union, der
Arabischen Liga sowie der Organization of the Islamic Conference über
die Sicherheits- und die humanitäre Lage in Darfur informiert. Eine
Delegation der sudanesischen Regierung war bei den Veranstaltungen
anwesend.
Montag, 19. Mai - Sonntag, 31. Mai
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Der Sudan wird im Juli und August zwei Council of East and Central Africa Football Associations (CECAFA) Fussballturniere ausrichten. (19. Mai) Die sportlichen Veranstaltungen sollen auf der kulturellen Ebene dazu beitragen, das brüchige Friedensabkommen zwischen Nord- und Süd-Sudan zu stabilisieren. Sie sind die ersten bedeutenden sportlichen Ereignisse seit der Abkommensunterzeichnung im Jahr 2005. Obgleich die Spiele in Uganda stattfinden sollten, werden sie nun in der sudanesischen Hauptstadt ausgetragen.
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Soldaten aus Bangladesch und Polizisten aus Sierra Leone sind als Verstärkung für die African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID) eingetroffen. (22. Mai)
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Vertreter der ehemaligen Rebellengruppe und mittlerweile eingetragener Partei Sudan People's Liberation Movement (SPLM) konnten einem versuchten Bombenattentat entkommen. (24. Mai) Die Bombe sollte vor dem Büro der SPLM explodieren, hat aber nicht gezündet.
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Die African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID) berichtet von erneuten Kämpfen im Norden Darfurs. (25. Mai) Flüchtlinge hätten Schutz bei den UNAMID-Truppen gesucht. Sudanesische Regierungstruppen haben in der Stadt Umm Barru gegen Gruppen der Justice and Equality Movement (JEM) gekämpft, so UNAMID-Vertreter. Umm Barru liegt etwa 100 Kilometer von der Grenze zum Tschad entfernt.
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Ein Beauftragter der Kommission für Volkszählung, Awad Haj Ali, gab in einem Interview zu, die offizielle Angabe über die Zahl der Südsudanesen, die sich im Norden des Landes aufhalten, liege vermutlich weit unter der tatsächlichen Zahl. (24. Mai) Laut der Angabe der Kommission sollen es 520.000 Südsudanesen sein. Doch die Zahl beläuft sich viel eher auf 1,5 Millionen, so Experten. Regierungsvertreter erklärten, die Diskrepanz zwischen den Angaben sei nicht auf das Versagen der Volkszähler, sondern auf den Wunsch der Südsudanesen zurück zu führen, die in den offiziellen Statistiken nicht aufgeführt werden wollten.
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Die Kenya Commercial Bank (KCB) hat der sudanesischen Regierung 452 Millionen Dollar zum Bau von Arbeiter-Unterkünften im Südsudan geliehen. (29. Mai) Viele der Städte und besonders die Hauptstadt Südsudans, Juba, sind aufgrund des Konfliktes zwischen Nord und Süd großflächig zerstört. Bislang war kein ausreichender Wiederaufbau unternommen worden.
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Der neue Streitkräfteführer der UNAMID, Maj. Gen. Duma Mdutyana Dumisani aus Südafrika, hat am 29. Mai seinen Posten angetreten.
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Die sudanesische Regierung will in den kommenden Wochen eine Bioethanol-Kraftanlage eröffnen, die anfänglich 65 Millionen des Bio-Kraftstoffes produzieren soll. (31. Mai) In zwei Jahren soll die Anlage rund 200 Millionen des Kraftstoffes herstellen, erklärt die Sudanesische Nachrichtenagentur (SUNA).
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Tausende Sudanesen sollen bei der Beerdigung des ehemaligen Präsidenten Jaafar Nimeiri in Khartum anwesend gewesen sein. (31. Mai) Nimeiri war von 1969 bis 1985 sudanesischer Präsident und ist im Alter von 79 Jahren verstorben.
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Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation “Physicians for Human Rights” hat eine Studie veröffentlicht, die die Langzeitfolgen der traumatischen Erfahrungen (Vergewaltigung und andere Arten sexuellen Missbrauchs) von sudanesischen Frauen schildert, die sich als Flüchtlinge im Nachbarsstaat Tschad aufhalten. (31. Mai) Der Report "Nowhere To Turn: Failure To Protect, Support and Assure Justice for Darfuri Women" beruht auf Interviews mit den Flüchtlingsfrauen.
Montag, 1. Juni - Sonntag, 14. Juni
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Die Kenya Commercial Bank (KCB) möchte neue Privatkunden im Süd-Sudan werben (5. Juni): „Da der Frieden sich als stabil erwiesen hat und besonders der Handel zwischen Südsudan und Uganda zunimmt, bietet die Bevölkerung des südlichen Sudans einen noch unerschlossenen Markt für die KCB“, erklärt James Agin, Managing Director der Bank.
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Bei seiner Reise zu einem Wirtschaftstreffen in Simbabwe erklärte der sudanesische Präsident Omar al-Bashir, der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes habe keinerlei Konsequenzen für ihn. (7. Juni) Er bemühe sich, die Situation in Darfur zu stabilisieren und die internationalen Einflüsse würden sein Anliegen nur erschweren.
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Die sudanesische Regierung hat ihr Monopol auf den Export von Gummi Arabikum gelockert, da dieser drastisch zurück gegangen ist: Im letzten Jahr sei nur noch ein Drittel der zuvor jährlich rund 30.000 exportierten Tonnen ins Ausland verkauft worden. (7. Juni) der Sudan ist der weltgrößte Exporteur von Gummi Arabikum und verkauft es größtenteils an die USA und Frankreich, die diesen Handel von sonstigen Sanktionen gegenüber der sudanesischen Regierung ausnehmen.
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Der politische Führer der Sudan People's Liberation Movement (SPLM) Salva Kiir wird in den anstehenden Wahlen im kommenden Jahr mit Präsident Omar al-Bashir konkurrieren, so die BBC News. (8. Juni) Derzeit hat die SPLM jedoch mit internen Problemen zu kämpfen: Ein hochrangiges Mitglied, Lam Akol, hat die Partei verlassen, um seine eigene Partei, die „SPLM-Democratic Change“, zu gründen.
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Der Chefkläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Luis Moreno-Ocampo, forderte den UN-Sicherheitsrat zur Verhaftung des sudanesischen Präsidenten auf. (12. Juni) Als der sudanesische Vertreter für die Vereinten Nationen, Abdel-Haleem Abdel-Mahmood, Moreno-Ocampo nach seiner Rede abfing und als Lügner beschimpfte, sollen Handgreiflichkeiten nur knapp verhindert worden sein. Der UN-Sicherheitsrat wird höchstwahrscheinlich weiterhin nichts gegen al-Bashir unternehmen, da die ständigen Sicherheitsratsmitglieder China und Russland bereits früher stets zugunsten Sudans gehandelt haben und mit ihrem Vetorecht weiteres Vorgehen gegen den sudanesischen Präsidenten verhindern würden.
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Die sudanesische Regierung lässt Hilfsorganisationen wieder ins Land, nachdem sie als Reaktion auf dem am 4. März erlassenen Haftbefehl 17 Organisationen des Landes verwiesen hatte. (11. Juni) Organisationen wie CARE, Save the Children und Mercy Corps ist die Einreise ins Land und die Aufnahme ihrer Arbeit erlaubt worden, berichtete der U.N. Nothilfekoordinator John Holmes.
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Am 14. Juni begann in der sudanesischen Hauptstadt Khartum das erste chinesisch-sudanesische Forum zur bilateralen Agrar-Kooperation. Während des Forums sollen Abkommen über konkrete gemeinsame Handelsprojekte geschlossen werden.
Montag, 15. Juni, bis Dienstag, 30. Juni
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Die African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID) hat in den vergangenen zwei Monaten mehr als 2.000 Familien, die aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen den Rebellen und Regierungstruppen geflohen waren, bei ihrer Rückkehr nach Westdarfur unterstützt. (16. Juni)
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Amerikanische Nichtregierungsorganisationen, die sich zugunsten einer friedlichen Beilegung des Konfliktes in Darfur aussprechen, drängen Präsident Obama zu einer entschlosseneren und klareren Sudanpolitik. Die "Save Darfur Coalition" erklärt beispielsweise, die Welt schaue auf die Regierung der Vereinigten Staaten, die mit gutem Beispiel vorangehen sollte. (19. Juni) Sam Bell, der Direktor des "Genocide Intervention Network" sagt wiederum, Präsident Obama müsse sich direkt und ohne Umschweife für den verbesserten Schutz sudanesischer Zivilisten einsetzen.
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Die African Union Panel on Darfur (AUPD) unter der Leitung des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki will am Wochenende öffentliche Hörungen durchführen und auch Experten zu Wort kommen lassen, und auf diese Weise weitere Möglichkeiten für die Durchführung und Beschleunigung des Friedensprozesses in Darfur erörtern. (19. Juni) Im Anschluss an die Hörungen will die AUPD in den Sudan reisen und sich einen Eindruck von den Ereignissen dort machen.
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Die japanische Regierung will ab Anfang Juli (und vorerst für ein Jahr) die Zahl der für die Friedensmission in Darfur entsandten Soldaten erhöhen. (22. Juni)
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Rebellen in Darfur haben der sudanesischen Regierung Luftangriffe auf Ortschaften von Zivilisten zur Last gelegt (27. Juni). Mitglieder der Sudan Liberation Army (SLA) erklärten, Militärflugzeuge hätten Siedlungen nahe des Ortes Hashaba in Norddarfur bombardiert.
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Die fünf Männer, denen der Mord zweier Mitarbeitern der amerikanischen Regierungsorganisation USAid zur Last gelegt wurde, sind für schuldig befunden worden. (28. Juni) Vier von ihnen wurden zu Tode verurteilt. Außenministerin Hillary Clinton hat das Urteil einen wichtigen Schritt in Richtung der Gerechtigkeit genannt. Die beiden USAid-Mitarbeiter John Granville und Abdel Rahman Abbas waren am Neujahrstag auf dem Weg von Silvesterfeierlichkeiten überfallen und ermordet worden.
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