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Waffenhandel - Öl ins Feuer der Katastrophe in Darfur

Sudan: amnesty international stellt eine Studie vor - Menschenrechtsorganisationen kritisieren UN-Sicherheitsrat

Im Folgenden dokumentieren wir
  1. eine Presseerklärung von amnesty international Deutschland zu den Rüstungstransfers in den Sudan,
  2. einen Artikel, der über die Kritik bestimmter Menschenrechtsorganisationen am UN-Sicherheitsrat berichtet.
    amnesty international Deutschland

    PRESSEMITTEILUNGEN

    Waffenhandel - Öl ins Feuer der Katastrophe in Darfur

    amnesty international dokumentiert Rüstungstransfers in den Sudan / Neuer Bericht belegt Art und Herkunft der Waffen ebenso wie deren Einsatz bei Menschenrechtsverletzungen in Darfur / ai fordert verbindliches und kontrolliertes Waffenembargo

    Berlin, 16. November 2004 - Der Waffenhandel im und mit dem Sudan blüht. Davon profitieren zahlreiche Regierungen weltweit ebenso wie die sudanesische Regierung und die von ihr unterstützten Janjawid-Milizen. Leidtragende sind die Zivilisten der Krisenregion Darfur. "Die unverantwortlichen Rüstungstransfers in den Sudan schüren Mord, Vergewaltigung und Vertreibung in Darfur", sagte Mathias John, Rüstungs-Experte von amnesty international (ai). "Der UN-Sicherheitsrat muss ein verbindliches und rigoros kontrolliertes Waffenembargo gegen den Sudan verhängen!" Der UN-Sicherheitsrat wird ab dem 18. November in Nairobi zusammenkommen.

    Der heute in Nairobi vorgestellte ai-Bericht dokumentiert anhand von Handelspapieren, UN-Unterlagen und Zeugenaussagen, welche Länder welche Rüstungsgüter in den Sudan exportieren und wie diese in Darfur eingesetzt werden:

    China, Russland und Weißrussland haben Kampfflugzeuge oder Teile geliefert; Litauen Ersatzteile für Hubschrauber - Waffensysteme, die bei Bombardierungen von Dörfern eingesetzt werden.

    Polen, Russland und Weißrussland haben Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge und Artillerie geliefert - Rüstungsgüter, die zu Angriffen gegen die Zivilbevölkerung verwendet werden.

    Eine Vielzahl von Staaten hat Gewehre, Pistolen und andere sogenannte Kleinwaffen sowie die dazugehörige Munition in den Sudan exportiert; diese Rüstungsgüter stammen vorwiegend aus China, Frankreich, Iran und Saudi-Arabien.

    Indien, Malaysia, Russland und Weißrussland bieten darüber hinaus auch weitergehende militärische Zusammenarbeit und Ausbildungshilfe.

    "Die internationale Gemeinschaft darf die Augen vor den unmittelbaren, aber auch langfristigen Folgen dieser unverantwortlichen Rüstungslieferungen nicht verschließen," sagte John. ai ruft daher alle in dem Bericht erwähnten Staaten auf, jeglichen Waffenhandel mit dem Sudan zu unterbinden.

    Der englischsprachige Bericht "Sudan: Arming the perpetrators of grave abuses in Darfur" ist unter http://web.amnesty.org abrufbar.

    Das "Geschenk" aus Khartum

    Menschenrechtsorganisationen kritisieren Ergebnisse der Tagung des UN-Sicherheitsrates zu Sudan

    Von Ruben Eberlein*

    In der vergangenen Woche befasste sich der UN-Sicherheitsrat im kenianischen Nairobi mit den Kriegen in Sudan. Ein neues Friedensabkommen wurde angekündigt. Beobachter indes bleiben skeptisch.

    Die sudanesische Regierung und die südsudanesische Rebellengruppe SPLA vereinbarten in einem Memorandum, bis zum 31. 12. 2004 Frieden zu schließen. Das Papier wurde am vergangenen Freitag im Rahmen der Sitzung des UN-Sicherheitsrates in der kenianischen Hauptstadt Nairobi unterzeichnet. In einer anschließend verabschiedeten Resolution stellt der Sicherheitsrat den Kriegsparteien finanzielle Hilfen in Aussicht, sobald es zu einem endgültigen Abkommen kommt. Außerdem werden Regierung und Rebellengruppen in der westlichen Provinz Darfur zur Einstellung der Kämpfe und zur Kooperation mit den Hilfsorganisationen aufgefordert. Der Sicherheitsrat, so heißt es, würde »geeignete Maßnahmen gegen jede Partei ergreifen, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllt«.

    »Wir haben uns leidenschaftlich dazu verpflichtet, dem sudanesischen Volk, Afrika und der gesamten internationalen Gemeinschaft das Geschenk eines Abkommens in diesem Jahr zu übergeben«, erklärte Ali Osman Taha, Sudans Vizepräsident. Seine Regierung freue sich nun darauf, die Friedensdividende auf einer internationalen Geberkonferenz einzufahren, die in Norwegen stattfinden soll.

    Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Teile der UN-Resolution, die sich auf den Krieg in Darfur beziehen, als Rückzug gegenüber früheren Erklärungen. So bemängelte Human Rights Watch (HRW) das Fehlen der »expliziten Forderung« an Khartum, die regierungsnahen Janjaweed-Milizen zu entwaffnen und juristisch zu verfolgen. Auch die Androhung gezielter Sanktionen finde sich nicht in dem Papier. »Wir befürchten, die sudanesische Regierung wird diese Resolution als einen Blankoscheck benutzen, um ihre Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung in Darfur fortzusetzen«, kommentierte HRW in einer Presseerklärung.

    Die sudanesische Regierung führt seit Mitte 2003 mit Bombenangriffen aus der Luft und Unterstützung durch Milizen am Boden im Westen des Landes einen Krieg gegen Zivilisten. Offiziell heißt es, man gehe lediglich gegen die beiden Rebellenorganisationen vor, die nach dem Vorbild der SPLA im Februar 2003 den bewaffneten Kampf gegen das Regime eröffnet hatten. Nach UNO-Schätzungen befinden sich um die 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht, 70000 sollen an den Folgen des Darfur-Krieges gestorben sein.

    USA und EU verfolgen offensichtlich weiterhin die Strategie, zunächst einen Friedensschluss zwischen Regierung und SPLA zum Süden zu erreichen, um dann den Druck auf die Islamisten zu erhöhen, von ihren Menschenrechtsverbrechen in Darfur abzulassen. Die Effektivität dieses Vorgehens muss allerdings bezweifelt werden, da das Regime des Präsidenten Umar al-Bashir unter diesen Bedingungen ein starkes Interesse hat, ein endgültiges Abkommen mit der SPLA unter John Garang wie schon in der Vergangenheit immer wieder zu verzögern.

    Im Sicherheitsrat gibt es derzeit trotz deutlicher Beweise für die Vertreibungs- und Mordkampagne der sudanesischen Regierung und ihrer Milizen keine Mehrheit für konkrete Maßnahmen wie Reisebeschränkungen, ein verbindliches Waffenembargo oder die Blockierung von Auslandskonten. Aus Russland, China, Großbritannien und Iran werden weiterhin militärische Ausrüstung und Waffen geliefert.

    »Aller Lärm und die Aufregung der letzten Monate haben rein gar nichts erreicht«, konstatierte noch vor der Sicherheitsratssitzung John Prendergast, Afrika-Experte der International Crisis Group (ICG). Verantwortlich dafür sei unter anderem die vorherrschende Meinung, die Konfliktlinien in dem ostafrikanischen Land verliefen zwischen Nord und Süd oder Muslimen und Christen. »Sehr wenige der Beteiligten verstehen, dass es hier um die Konfrontation zwischen einer kleinen herrschenden Clique im Machtzentrum und vielen großen marginalisierten Gruppen geht«, glaubt Prendergast. Sollten sich die Hardliner in Regierung und SPLA durchsetzen und ein Abkommen zum Süden vereiteln, rechnet die ICG mit dem Ausbrechen weiterer Konflikte in den Nuba-Bergen, in Ostsudan und der Region Südlicher Blauer Nil.

    Aus: Neues Deutschland, 22. November 2004


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