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Wahlsieg für Sri Lankas Regierung

Lage der vertriebenen Tamilen größtes innenpolitisches Problem

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Die von Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapkase geführte Vereinte Volks-Freiheits-Allianz (UPFA) errang am Sonntag bei den Ratswahlen in der Südprovinz eine deutliche Mehrheit – 38 von 55 Sitzen. Abgeschlagen folgten die oppositionelle Vereinte Nationalpartei (UNP) mit 14 Sitzen und die maoistische singhalesisch-chauvinistische Volksbefreiungsfront (JVP) mit drei Abgeordneten.

Für Rohita Bogollagama war dieses Resultat nicht nur eine Bestätigung der Popularität Rajapakses, der aus der Südprovinz stammt und hier etliche große Entwicklungsprojekte anschieben ließ. Die Bevölkerung, so der Außenminister, habe mit ihrem Votum auch die »Befreiung vom jahrzehntelangen Terrorismus« gewürdigt. Sie sehe in Rajapakse den Mann, der den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) den Garaus gemacht hat. Im Mai war die Guerilla, die für ein Heimatland der tamilischen Minderheit kämpfte, militärisch besiegt worden.

UNP-Generalsekretär Tissa Attanayke dagegen sah »den Anfang vom Ende des Rajapakse-Regimes«. Der Präsident habe schließlich statt der erwarteten 90 nur 67 Prozent der Stimmen erhalten. Und das auch nur durch eine »dreiste Verletzung der Wahlgesetze und massiven Einsatz staatlicher Ressourcen«. Nüchtern betrachtet besteht für das »Rajapakse-Regime« jedoch keine Gefahr. Es hat in den vergangenen Jahren acht Provinzen gewonnen. Lediglich die Nordprovinz, in der die Befreiungstiger fast 25 Jahre dominierten, muss noch auf Wahlen warten. Dort ist die Lage nach der Zerschlagung der LTTE und der Flucht bzw. Vertreibung von fast 300 000 Tamilen unübersichtlich.

Das Schicksal dieser Inlandsvertriebenen ist ein brennendes innenpolitisches Problem. Die meisten von ihnen hausen in dem riesigen Zwangslagerkomplex Menik-Farm in der Nähe von Vavuniya. Erst am Sonntag war einer indischen Parlamentarierdelegation ein Besuch erlaubt worden. Die Insassen äußerten immer wieder die Bitte, endlich freigelassen zu werden und in die Heimatdörfer zurückkehren zu dürfen. Delhi solle Druck auf die Regierung in Colombo machen. Im September schossen Lagerwächter auf Internierte, die wegen der miserablen Lebensbedingungen fliehen wollten. »Human Rights Watch« berichtete dieser Tage, es komme immer wieder zu Zusammenstößen.

Etwa 10 000 Vertriebene sollen inzwischen als einstige LTTE-Kader ausgesondert worden sein. 20 000 bis 30 000 Tamilen wurden angeblich in Zwischenlager verbracht und können nicht – wie von der Regierung verkündet – als Erstheimkehrer gelten. Der Sichtungsprozess geht weiter schleppend voran, während Colombo die Sicherheitslage im Norden und Minenräumung als Gründe für die Internierung vorschiebt. Selbst der Präsident der Tamilischen Vereinten Befreiungsfront (TULF), Anandasangaree, der Rajpakse im Krieg gegen die LTTE unterstützte, beschwerte sich nun in einem Brief an den Präsidenten über die menschenunwürdigen Verhältnisse. Das sei das wichtigste Problem, vor dem das Land heute steht. Es müsse ohne weitere Verzögerungen gelöst werden. Bislang aber haben sich der Präsident und seine Allianz weder von Beschwerden der UNO, nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen noch von geharnischter Kritik ausländischer Regierungen beeindrucken lassen.

Nach dem Wahlsieg in der Südprovinz sieht die UPFA erst recht keinen Grund, ihren Kurs zu ändern. Spätestens im April 2010 stehen Parlamentswahlen an, und Rajapakse denkt bereits laut darüber nach, vorher Präsidentschaftswahlen (die eigentlich erst im November 2011 fällig wären) abzuhalten. Natürlich in der Erwartung, dass er und die UPFA jeweils als Sieger hervorgehen.

* Aus: Neues Deutschland, 14. Oktober 2009


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