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US-Militärhilfe für Killerarmee

Trotz massiver Menschenrechtsverletzungen: Washington wirbt "aus geostrategischen Gründen" um srilankische Regierung

Von Jim Lobe (IPS), Washington, und Gloria Fernandez *

Spezialauftrag für Robert Blake: Drei Tage lang hielt sich der in Washington für Süd- und Zentralasien verantwortliche Staatssekretär in Sri Lanka auf. Das vorgegebene Ziel lautete, die angeschlagenen Beziehungen zu Colombo zu normalisieren. Diese Aufgabe war Blake vom Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu Wochenbeginn noch einmal eindringlich deutlich gemacht worden. »Die USA können es sich nicht leisten, Sri Lanka 'zu verlieren'«, heißt es in einem 18seitigen Bericht, den das Gremium am Montag just zu Reisebeginn des Topgesandten veröffentlichte.

Die Regierung von Präsident Barack Obama wurde aufgefordert, die bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Inselrepublik aus geopolitischen Gründen« wieder zu stärken. Dem Land müsse unter anderem wieder Militärhilfe geleistet werden, so der Appell der Senatoren. Damit könnten die USA mehr Einfluß gewinnen und eine strategische Annäherung Sri Lankas an China verhindern. Die Insel liege an einer wichtigen Handelsroute, die durch den Indischen Ozean führe, heißt es. Außerdem sei zu befürchten, daß Spannungen in Sri Lanka auch die Stabilität Indiens gefährden würden.

Blake schien als Werber um die Gunst Colombos prädestiniert: Bis zum Mai dieses Jahres - bis zum Sieg der Armee über die tamilische Befreiungsbewegung LTTE - vertrat er die USA dort als Botschafter. Die Regierung von Präsident George W. Bush hatte die Regierung in Sri Lanka stets in ihrem Kampf gegen die LTTE unterstützt. Die »Tamil Tigers« waren von den USA 1997 und erneut nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als »Terrororganisation« gelistet worden. Das geschah, obwohl Verbindungen zu Al-Qaida - wie bei vielen anderen Organisationen auch - natürlich nicht nachgewiesen werden konnten. Also wurde die srilankische Armee insbesondere mit Beginn ihrer Offensive gegen die von der LTTE kontrollierten Gebiete ab 2003 zu einem Teil des globalen »Kriegs gegen den Terror«.

Allerdings kühlte sich gegen Ende der Kämpfe das Verhältnis zu dem südasiatischen Staat merklich ab. Insbesondere die Bombardierungen von Krankenhäusern und der Artilleriebeschuß von Dörfern und Flüchtlingen durch Colombos Armee sorgten für internationale Proteste. Es kam zu Einschränkungen der Militärhilfe aus Washington. Noch im Oktober 2009 warf der US-Kongreß nicht nur - wie üblich - den inzwischen geschlagenen Rebellen, sondern auch der Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Colombo reagierte verschnupft und tat die Kritik als »widersprüchlich« ab.

Am Mittwoch (9. Dez.) nun trat Blake in Colombo mit Lob für das srilankische Regime an die Öffentlichkeit. »Die Vereinigten Staaten begrüßen die jüngsten Erfolge der Regierung Sri Lankas« - insbesondere, daß viele tausend tamilische Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren konnten. Diese wurden bisher in staatlichen Lagern festgehalten. Gleichwohl, schränkte der US-Topgesandte ein, sei »noch eine Menge Arbeit zu leisten«, so im »Bereich der Pressefreiheit und der Versöhnung zwischen den Volksgruppen«.

Nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen und nichtstaatlicher Menschenrechtsgruppen wurden allein zwischen Januar und der Kapitula­tion der LTTE im Mai zwischen 7000 und 20000 Zivilisten getötet. Etwa 250000 Vertriebene kamen in Lager. Nach Angaben Colombos befinden sich dort immer noch etwa 100000 Menschen.

* Aus: junge Welt, 11. Dezember 2009


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