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Vertuschungsmanöver in Colombo

Sri Lankas Regierung verweigert weiterhin unabhängige Untersuchungen zu Massakern an Tamilen

Von Thomas Berger *

Pünktlich zum derzeitigen Besuch des srilankischen Außenministers GL Peiris in London legte das Global Tamil Forum (GTF) Mitte der Woche neue Dokumente zu Kriegsverbrechen an der tamilischen Bevölkerung vor. Es handelte sich dabei um eine Sammlung von Fotos, die augenscheinlich ein Massaker zeigen, das die Armee Sri Lankas im Zuge ihres Vernichtungsfeldzugs gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) vor etwa zwei Jahren begangen hat.

Peiris tat die Vorstellung der Aufnahmen als »LTTE-Inszenierung« ab. Das hat Methode, auch wenn das exiltamilische GTF selbst einräumt, daß die Hintergründe der Aufnahmen unklar sind. Doch werfen die Fotos zumindest Fragen auf, was sich bis zum Mai 2009, als die Befreiungsbewegung militärisch zerschlagen war, im Norden des Inselstaats abgespielt hat. Tatsache ist, daß sich die Regierung in Sri Lanka bis heute grundsätzlich weigert, der Forderung nach Einrichtung einer internationalen Untersuchungskommission zu entsprechen.

Daß sich die Armee gerade in der Endphase des Krieges etlicher Akte brutaler Gewalt und Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht hat, legen weitere bekanntgewordene Bilddokumente und Zeugenaussagen nahe. So sind zwei hochrangige LTTE-Mitglieder, die man anfangs unter den Toten vermutete, offenbar inhaftiert worden und werden an geheimen Orten ohne Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu Familie und Rechtsbeiständen festgehalten. Dieses stellte sich jüngst bei einer Anhörung einer nationalen »Untersuchungs- und Versöhnungskommission« heraus. Diese nimmt seit August Befragungen vor. Dabei sagten die Ehefrauen der beiden Männer aus, daß diese wohl noch am Leben seien. Prabha soll in der östlichen Provinz Batticaloa den LTTE-Geheimdienst geleitet haben, während Rasiah Ilantheran letzter Sprecher der Rebellenbewegung war.

Vertuschung und Halbherzigkeit bei der Aufklärung kennzeichnen das Verhalten der Regierung von Mahinda Rajapakse. Der selbstgefällige srilankische Staatschef, der eine enorme Machtfülle angehäuft und etliche Familienmitglieder in Schlüsselpositionen gebracht hat, wies zuletzt das von der UN vorgebrachte Ersuchen nach Einrichtung einer überparteilichen Untersuchungsgruppe strikt zurück. Die von ihm installierte Kommission hat kein klares Mandat und keine Vollmachten, um Kriegsverbrecher zur Verantwortung zu ziehen.

* Aus: junge Welt, 23. Oktober 2010


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