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Chaos und Verwirrung im Gewürzeparadies

Wahlen in Sri Lanka - Ende des Friedensprozesses?

Von John P. Neelsen*

Sri Lanka, jene Insel südlich von Indien mit seinen 19 Millionen Einwohnern, früher als Paradies für Gewürze, in der jüngeren Zeit wegen seiner Strände und historischen Sehenswürdigkeiten als touristische Attraktion gerühmt, wurde zunächst auch von Sozialwissenschaftlern wegen seiner kulturellen Vielfalt aus Buddhisten (69%), Hindus (15 %), Christen und Muslimen (je 7 %) bzw. als Vielvölkerstaat aus indogermanischen Singhalesen (74%), Sri Lanka Tamilen (12%), Indian Tamils im Plantagenhochland (6%) und den ebenfalls Tamil sprechenden Moors (Arabern, Persern, Malayen) und demokratischen Institutionen als Modell gesellschaftlicher Entwicklung entdeckt. Nach dem Ausbruch eines Bürgerkrieges 1983 zwischen den für einen eigenen Staat kämpfenden Sri Lanka Tamilen und den von der sinhala buddhistischen Mehrheit getragenen Regierungen geriet das Land auch in das Visier von Politikern und Politologen. Dabei standen für die einen die als Modell für Vielvölkerstaaten gelobten Regierungsvorschläge zur Dezentralisierung der Macht im Vordergrund; andere interessierten sich mehr für die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), jene höchst effiziente Guerilla, die sich sehr früh der Waffe der Selbstmordattentate bedient und die zu besiegen, sich das Militär als unfähig erwiesen hatte. Folgende vier Aspekte bestimmen die Diskussion:
  • Die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung von Gruppen und ihrer damit verbundenen unterschiedlichen Rechte, wobei grundsätzlich zwischen mit individuellen, eher auf die Pflege von Kultur und Tradition ausgestatteten ‚Minderheiten' und Ureinwohnern bzw. ‚Völkern' als Trägern des kollektiven Selbstbestimmungsrechts unterschieden wird.
  • Der jeweilige konkrete Gehalt von Selbstbestimmung ist ein weiterer zentraler Konfliktpunkt. Dabei wird zwischen Autonomie (interner) bzw. eigenem Staat (externe Selbstbestimmung) unterschieden, wobei das Recht auf Sezession und eigene Staatsgründung bis dahin nur ehemaligen europäischen Kolonien zugestanden wird.
  • Mögliche institutionelle Formen einer politisch-demokratischen Friedensordnung in ethnisch heterogenen Gemeinwesen unter Wahrung der territorialen Integrität und Souveränität des Staates.
  • Schließlich Fragen und Bedingungen der Konfliktregelung in Bürgerkriegen im Kontext der Terrorismus Diskussion.
Zum Hintergrund

1. Die Sri Lanka Tamilen konnten zunächst auf eine praktisch seit der Unabhängigkeit von 1948 zurückreichende Kette fortdauernder Diskriminierungen durch die Sinhala buddhistische Mehrheit verweisen. Dazu zählt der Entzug der Staatsbürgerschaft und des Wahlrechts für die Indian Tamils (1948/49), die Erhebung von Sinhala zur einzigen Nationalsprache (1956), die Quotierung von Studienplätzen zu Gunsten der Singhalesen (1972), die zunehmende Singhalisierung des öffentlichen Dienstes, einschließlich Polizei und Armee, sowie die amtlich geförderte Ansiedlung singhalesischer Bauern auf traditionell tamilischem Gebiet. Der Widerstand, der sich anfangs auf parlamentarische, dann friedliche außerparlamentarische Methoden stützte, wurde angesichts seiner Unwirksamkeit hinsichtlich seiner Mittel wie seiner Forderungen im Laufe der Jahrzehnte bis hin zum bewaffneten Kampf für einen eigene Staat immer weiter radikalisiert, Nicht unerheblich trugen dazu auch die immer wieder auftretenden, wenn nicht durch öffentliche Stellen angezettelten, so zumindest geduldeten, anti-tamilischen Pogrome mit Brandschatzung und Mord bei.

2. 1976 verständigten sich die wichtigsten tamilischen Parteien auf ein gemeinsames Wahlprogramm, in dem sie sich gegründet auf angestammtes Siedlungsgebiet, gemeinsame Sprache, Geschichte, Kultur und Schicksal als Nation (‚Volk') und damit als Träger des Rechts auf externe Selbstbestimmung und damit Sezession proklamierten. Das Bündnis erhielt die überwältigende Zustimmung der tamilischen Wähler und wurde zur größten Oppositionspartei. Im Zuge einer Verfassungsreform von 1978 wurde jedoch selbst die rhetorische Unterstützung eines eigenen Staates unter Strafe gestellt, die parlamentarische Vertretung marginalisiert und schließlich ins Ausland gedrängt.

3. 1983 begann der bewaffnete Kampf vornehmlich im (tamilischen) Norden und Osten des Landes, der ungeheure Zerstörungen mit sich brachte, 800.000 Menschen zur Flucht und eine Million vor allem Tamilen zur Auswanderung veranlaßte, und 65.000 Menschen, darunter 18.000 Guerilla Kämpfern das leben kostete. Auf Regierungsseite war als Folge des langen Krieges eine Militarisierung der Gesellschaft, Aussetzung der Demokratie (Notstandsgesetze) sowie eine ökonomische Krise zu konstatieren. Angesichts dieser Kosten unternahmen beide Seiten nach früheren gescheiterten Versuchen 2002 einen erneuten Anlauf zu einer Verhandlungslösung.

Waffenstillstand und Friedensverhandlungen

Unter Vermittlung Norwegens wurde ein bis heute geltender Waffenstillstand und ein Memorandum of Understanding (MoU) im Februar 2002 vereinbart. Dabei verzichtete die LTTE auf die Forderung nach separater Staatlichkeit und in der Oslo Deklaration versprach die Regierung ihrerseits, ‚interne Selbstbestimmung in den traditionellen Tamilgebieten im Rahmen einer föderalen Struktur' zu realisieren zu suchen.

Bis Mitte 2003 wurden sechs Friedenskonferenzen im Ausland abgehalten, gemeinsam besetzte Komitees vor Ort eingesetzt, eine skandinavische Kommission übernahm die Überprüfung des Waffenstillstands. Das Ende der Kriegshandlungen brachte wirtschaftliches Wachstum und der Regierung große Zustimmung in der Bevölkerung. Doch verfügte diese nicht nur über eine äußerst knappe, jeden politischen Entscheidungsspielraum praktisch ausschließende, parlamentarische Mehrheit. Teile der Armee, des buddhistischen Klerus, die anderen singhalesischen Parteien und nicht zuletzt der Präsidentin, die qua Konstitution in ihrer Position das Amt des Staats- sowie des Regierungschefs und schließlich auch noch das des Oberbefehlshabers der Streitkräfte vereinigt, waren zudem in völliger Opposition. Da Premier und Präsidentin zudem unterschiedlichen Parteien angehören, entspann sich in der Doppelspitze des Staates angesichts der erzwungenen ‚Kohabitation' ein Kampf um die Macht, der zugleich auf dem Feld der Friedensverhandlungen ausgetragen wurde. Die Verhandlungen versandeten; die Implementierung von Vereinbarungen stockte, die LTTE setzt die Beteiligung an weiteren Verhandlungen aus. Ende Oktober 2003 legte die LTTE einen Vorschlag zur Einrichtung einer Interimsverwaltung mit sehr weitgehender Autonomie für den Nordosten vor. Wenige Tage darauf enthebt die Präsidentin während eines Staatsbesuchs ihres Premiers in den USA die Minister des Inneren, der Verteidigung und der Information ihrer Ämter und vertagt das Parlament. Sie schmiedet eine nationalistische Parteienkoalition und macht im Februar 2004 von ihrem Recht, das Parlament nach einem Jahr jederzeit auflösen zu können, Gebrauch. Neuwahlen werden für den 4. April 2004- rund vier Jahre vor Ablauf der offiziellen Wahlperiode- anberaumt. Die offiziellen Gründe für diesen politischen, wenngleich legalen, coup d'état ‚Gefährdung der Nation durch zu große Kompromisse an die Tamilen, Polizeistaatstendenzen, Korruption und Sozialabbau.

Spaltung der Gesellschaft als Ergebnis der April Wahlen

Inzwischen liegen die Ergebnisse vor. Welche Schlußfolgerungen lassen sich im Hinblick auf die politische Entwicklung Sri Lankas im allgemeinen, die Beilegung des Bürgerkriegs im besonderen ziehen?

1. Die Wahlergebnisse müssen als massives Mißtrauensvotum der Wähler gegenüber der Regierung betrachtet werden. Sie erreichte nur 37 % der Wählerstimmen, verlor ein Viertel ihrer Direktmandate und stellt im neuen Parlament nurmehr 36 % der Abgeordneten (82 von 225). Auch das Bündnis mit dem Muslim-Kongreß (SLMC), für den 2 % der Wähler votierten, konnte weder neue Wählerschichten erschließen noch das parlamentarische Gewicht (plus 5 Sitze) wesentlich aufbessern.

2. Demgegenüber scheint die Strategie der Präsidentin aufgegangen zu sein. Sie erzielte mit dem Parteienbündnis ‚United People's Freedom Alliance' (UPFA), die im Wesentlichen aus der von ihr geführten sozialdemokratischen Freiheitspartei SLFP und der als ‚marxistisch' firmierenden ‚Volksbefreiungsfront' (JVP) besteht, 45 % aller abgegebenen Stimmen. Das Bündnis ist mit 105 Abgeordneten (davon 92 Direktmandaten) der klare Gewinner, auch wenn die absolute Mehrheit um 8 Parlamentarier verfehlt wurde. Die lähmende Kohabitation mit dem innenpolitischen Gegner als Premierminister ist beendet, die Präsidentin erfreut sich auch realiter wieder der uneingeschränkten Macht. Doch die Realität ist komplizierter.

3. Betrachtet man die Wahlergebnisse genau, so hat von dem siegreichen Wahlbündnis vor allem die radikale JVP profitiert. Sie konnte die Zahl ihrer Abgeordneten verdreifachen (41), während die Partei der Präsidentin Direktmandate einbüßte (von 65 auf 53). Damit verschiebt sich das Gewicht innerhalb der Regierungskoalition wie auch innerhalb der SFLP zu Gunsten der hardliners. Diese lehnen die Rolle Norwegens bei den Verhandlungen als imperialistische Einmischung ab, wollen das Waffenstillstandsabkommen neu verhandeln und sehen in jedem Zugeständnis an die LTTE Unterstützung von Separatismus. Sie sind allenfalls bereit, eine allgemeine administrative territoriale Dezentralisierung zuzulassen. Was die Wirtschaftspolitik anbetrifft, soll gegenüber der neoliberal inspirierten bisherigen Politik ein anderer, eher am Binnenmarkt und nationalen Kapital orientierter Kurs mit einem ausgeprägten öffentlichen Sektor gesteuert werden. Nach Jahren der Verfolgung und politischen Marginalisierung wird die Volksbefreiungsfront, die in den 1970er und 1980er Jahren jeweils blutig niedergeschlagene Aufstände gegen den Staat organisierte, hof- und regierungsfähig gemacht. Zugleich wird der politische Aktionsspielraum der Präsidentin und ihrer Regierungskoalition nach rechts verschoben und verengt.

Die wachsende Abhängigkeit von engen ethno-nationalistischen Kräften manifestiert sich bereits in der Wahl des neuen Premiers Rajapaksa aus dem sinhala-nationalistischen Süden, dem offiziell wegen seiner engen Beziehungen zum politisch einflußreichen buddhistischen Klerus der Vorzug vor anderen Kandidaten gegeben wurde. Er soll die fehlende absolute Mehrheit beschaffen, den offiziellen Eintritt des Buddhismus auf die regierungsamtliche politische Bühne vollziehen helfen.

4. Ein zusätzlicher Wandel in der Parteienlandschaft hat sich nämlich bei diesen Wahlen in Richtung einer ethno-nationalistischen Radikalisierung vollzogen, der sich auf kulturell-religiöser Basis im Erfolg der noch ganz jungen, fast ausschließlich aus buddhistischen Mönchen bestehenden ‚Partei des nationalen Erbes' (JHU) manifestiert. Die Partei wurde erst nach 2001 unter dem Eindruck ‚der militärischen Erfolge der "neo-nazistischen Tamilischen Tiger" zur Verteidigung des Vaterlandes, seiner territorialen Integrität und seines zentralistischen Herrschaftssystem, von Leib und Leben, Hab und Gut sowie der demokratischen Institutionen gegründet'. Schutz der Sinhala Nation gegebenenfalls durch einen ‚Defensivkrieg' und ihre Erneuerung durch Rückbesinnung auf ihre historischen und kulturellen Wurzeln ist oberste Aufgabe. Demgegenüber werden den Tamilen das Recht auf Selbstbestimmung und ein homeland, ja selbst die Existenz vergangener Königreiche in Sri Lanka rundweg bestritten. Ideologisch in der Nähe (und in Konkurrenz zur) JVP, zog die Mönchspartei 6 % der Wähler auf sich und ist mit ihren 9 Abgeordneten das Zünglein an der machtpolitischen Waage des Parlaments, das immer weniger einer Vertretung des ganzen Volkes gleichen dürfte.

5. Was andererseits die Tamilen anbetrifft, so hat die LTTE eine massive demokratische Unterstützung in Form des Wählervotums für die Tamilische Nationalallianz (TNA), zu dem sie selbst aufgerufen hatte, erhalten. Die TNA versteht sich als politischer Arm der LTTE, für deren Anerkennung als einziger authentischer Vertretung der Tamilen sie ebenso eintritt wie für die bedingungslose Anerkennung der ISGA (Interimsverwaltung für den Nordosten). Nach 1976 erhält damit die Forderung nach Anerkennung der Sri Lanka Tamilen als mit Trägerschaft des Selbstbestimmungsrechts ausgestatteter Nation eine breite demokratische Legimitation. Mehr noch, die LTTE wird als authentischer Verfechter und Garant dieses Rechts legitimiert, wie die Absage der Wähler an andere tamilische Parteien oder an die jüngste regionale Abspaltungspolitik des LTTE-Führers Karuna im Osten verdeutlicht.

Gleichzeitig ist der kommunalistische Charakter des Wahlverhaltens festzuhalten, der auf eine Krise des Staatsverständnisses im Sinne einer Auflösung der kollektiven Identität hindeutet.

Staatskrise und Kalter Krieg?

Zusammenfassend kann aus den Wahlen für das Gemeinwesen in Sri Lanka nur die rasche Vertiefung der staatlich-demokratischen und sozial-ökonomischen Krise festgestellt werden:
  • Die Spaltung der Gesellschaft nicht nach Klassen, sondern nach ethnischen Gruppen hat sich vertieft. Dies betrifft nicht nur den Hauptkonflikt zwischen Singhalesen und Sri Lanka Tamilen; ein Ethnonationalismus auf immer kleinerem Nenner materieller Partikularinteressen hat auch die anderen Minderheiten ergriffen (und gespalten).
  • Die Chancen für eine friedliche Lösung des Sinhala-Tamil Konflikts im Rahmen einer (Kon-)Föderation haben sich drastisch verschlechtert. Keine der singhalesischen Parteien im Parlament spricht von Selbstbestimmungsrecht, verwendet überhaupt den Terminus Föderation; der zentralistische Einheitsstaat wird nicht in Frage gestellt.
  • Im Namen eines neu erwachten kulturellen Nationalismus macht sich gerade unter der Mehrheitsnation ein exklusiver, religiös unterfütterter, rassistisch eingefärbter Fundamentalismus breit.
  • Die unter Mißbrauch der präsidentiellen Machtfülle in Gestalt der vorzeitigen Auflösung des Parlaments (das Parlament war für die Periode 2001-2007 gewählt) und dem ‚halben Coup d'Etat' in Form der arbiträren Ministerentlassung und Parlamentsvertagung kann nur das Vertrauen in die demokratischen Institutionen untergraben, fördert seitens der politischen Klasse selbst autoritäre diktatorische Tendenzen.
  • Die erneut knappen Mehrheitsverhältnisse machen die Abschaffung des Präsidialsystems zu Gunsten der Aufwertung des Parlaments illusorisch. Es gibt keine Mehrheit für eine verfassunggebende Versammlung, schon gar keine für eine Verfassungsänderung. Dabei wäre diese angesichts der Machtkonzentration beim Präsidenten und der konsekutiven Lähmung der Politik im Fall der Kohabitation (mit dieser Begründung hat Norwegen seine Vermittlerfunktion niedergelegt) dringend geboten.
  • Innenpolitisch in ihrem Manövrierspielraum eher eingeengt, ist auch die Forderung der neuen Regierung nach mehr außenpolitischer Souveränität eher unrealistisch. Um die LTTE, die faktisch 2/3tel des Nordostens mit eigenen Sicherheitskräften kontrolliert, wirksam zu bekämpfen, wird man sich auf das Ausland, hier insbesondere die USA und Indien, stützen müssen. Mögen diese auch bereit sein, im Namen des ‚Antiterror Kampfes' die Regierung in Colombo zu unterstützen, ist dies nicht ohne Gegenleistung zu haben: schon wurden Indien wirtschaftliche Sonderrechte in Trincomalee eingeräumt und das Vetorecht Indiens über die Verteidigungspolitik Sri Lankas aus dem Vertrag von 1987 mit neuen Leben erfüllt. Was für Indien gilt, gilt umso mehr für die USA. Das kurzfristige Kalkül Colombos, sich durch die Unterstützung auswärtiger Hegemonialmächte die Oberhand im internen machtpolitischen Kampf zu sichern, wird mit einer langfristigen neokolonialen Abhängigkeit bezahlt.
  • Schließlich wird sich auch die wirtschaftliche Situation kaum verbessern: die versprochenen 4.5 Milliarden $ ausländischer Wirtschaftshilfe zum Wiederaufbau des Landes ist an Fortschritte im Friedensprozess gebunden und dürfte weiter auf Eis liegen; die unsichere Lage wird ausländisches Kapital ebenso wie Touristen zögern lassen; umgekehrt werden die Wahlversprechen mit Staatssubventionen und staatlicher Arbeitsbeschaffung unter Geldmangel und der anziehenden Verschuldung in Frage gestellt, die Abhängigkeit von internationalen Finanzinstitutionen mit den bekannten negativen Auswirkungen auf Sozialsystem und Arbeitsmarkt ansteigen.
Statt die politisch-institutionellen Probleme einer Lösung zuzuführen, haben die Wahlen eher zu deren Verschärfung beigetragen oder wie es ein Kommentator formuliert: Chaos und Verwirrung sind deren Folge.

Was den Friedensprozess betrifft, so wird sich, steht zu befürchten, bestenfalls ein kalter Krieg installieren. Zwar hat die Regierung die unverzügliche Wiederaufnahme der seit Monaten suspendierten Verhandlungen angekündigt. Doch zu verhandeln gibt es nichts. Während aus der Sicht Colombos den Tamilen schon zu viele Konzessionen gemacht wurden, haben diese zwar grundsätzliche Gesprächsbereitschaft aber eben über noch weitergehende interne Autonomie als Minimalimplementierung ihres Rechts auf Selbstbestimmung signalisiert, für das gegebenenfalls mit anderen Mitteln zu kämpfen, sie ebenso wie die TNA bereits angekündigt haben.

Die Wahlen haben das Land und seine Menschen dem Abgrund eher einen Schritt näher gebracht.

* apl. Prof. am Institut für Soziologie, Universität Tübingen

Eine gekürzte und leicht veränderte Fassung erschien unter dem Titel "Ethnonationalismus in Sri Lanka" in den "Blättern für deutsche und internationale Politik", Heft 5/2004 (S. 532-536)



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