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Schwere Waffen gegen Tamilen

Sri Lankas Militär bestätigt anhaltende Kämpfe. UN-Kritik an Colombo

Von Hilmar König, Neu Delhi *

Trotz gegenteiliger Behauptungen setzt das srilankische Militär weiterhin seine Angriffe im Nordosten der Insel mit schweren Waffen, Geschützen und Flugzeugen fort. Dieses geht aus Meldungen aus der betroffenen »Sicherheitszone« hervor, wo die eingeschlossenen Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) sowie – geschätzt – etwa 50000 tamilische Zivilisten festsitzen. Die Bombardierungen dauerten an, 75 Menschen seien getötet, 139 verletzt worden, meldete unter anderem die Agentur TamilNet. Tags zuvor hatte die Regierung in Colombo angekündigt, derartige »Kampfoperationen« einstellen zu wollen.

Der in Sri Lankas Hauptstadt weilende UN-Nothilfekoordinator John Holmes erfuhr am Dienstag (27. April) von den aktuellen Berichten aus der Kampfzone und bekundete bei einem Treffen mit Staatspräsident Mahinda Rajapakse seine tiefe Besorgnis über das Schicksal der Zivilisten. Er äußerte, wichtig sei, was man angekündigt habe, auch durchzuführen. Übrigens hatte Colombo in den vergangenen Monaten mehrfach behauptet, sein Militär würde keine schweren Waffen einsetzen, welche Zivilisten gefährden.

Holmes hatte vor seinem Gespräch mit Präsident Rajapakse mehrere Flüchtlingslager besucht. Weit über 100000 Tamilen fristen dort ein kümmerliches Dasein. Philippe Duamelle vom UN-Kinderhilfswerk (UNICEF), das gerade 50 Tonnen Hilfsgüter in Colombo entladen hat, äußerte: »Sri Lanka steckt in einer humanitären Krise, die sofortiges Reagieren erfordert. Wir schätzen, daß etwa eine Viertelmillion Menschen Hilfe brauchen, und diese schnell.« Oxfam International versorgt gegenwärtig 36000 Flüchtlinge mit Wasser, sanitären Einrichtungen, Hygienepäckchen und anderen lebenswichtigen Gütern.

Derweil gab auch Militärsprecher Udaya Nanayakkara am Dienstag (27. April) indirekt zu, daß die Kämpfe im Nordosten andauern. Er sprach von »Konfrontationen bei der Rettung von Zivilisten«. Im Einsatz seien Sondereinheiten, Kommandotrupps und Scharfschützen. Diese sollten, so der Offizier, Zivilisten »zur Flucht verhelfen«. Die Regierung selbst ließ am Dienstag verlauten, daß der – vorgebliche – Verzicht auf schwere Waffen keine Waffenruhe sei.

Offensichtlich war Colombos Erklärung weltweit anders verstanden worden. So hatte der indische Innenminister Palaniappan Chidambaram am Montag umgehend und überschweng­lich kommentiert, damit seien die Feindseligkeiten eingestellt. Indiens diplomatische Bemühungen hätten Früchte getragen. In einigen Blättern war Colombos »Initiative« sogar als ein Eingehen auf den zuvor von der LTTE einseitig ausgerufenen Waffenstillstand dargestellt worden. Tatsächlich aber hatte die sri- lankische Regierung die Entscheidung der Befreiungsbewegung als »Witz« abgetan und bekräftigt, daß sie nichts anderes als eine bedingungslose Kapitulation von der LTTE erwartet.

Folglich stellt sich auch der »Verzicht auf schwere Waffen« als ein Manöver heraus, die Weltöffentlichkeit hinters Licht zu führen. Dem international an­schwellenden Protest soll offensichtlich begegnet werden.

Die Hilfsorganisation Oxfam ruft dringend zu Spenden auf:
Oxfam versorgt Flüchtlinge mit Trinkwasser, Hygieneeinrichtungen und Gesundheitsberatung. Insgesamt will Oxfam seine Nothilfe auf 60.000 Menschen ausweiten. Oxfam Deutschland bittet um Spenden für die Flüchtlinge in Sri Lanka.
Spendenkonto: 13 13 13
Bank für Sozialwirtschaft Köln
BLZ 370 205 00
Stichwort: Flüchtlingshilfe Sri Lanka

* Aus: junge Welt, 29. April 2009


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