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Befreiungstiger vor dem Ende

Sri Lankas Armee trieb die Rebellen in die "Sicherheitszone"

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Sri Lankas Militär hat am Montag die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) aufgefordert, sich zu ergeben. Andernfalls drohe den Rebellen die Vernichtung. Am Sonntag hatte die Armee nach eigenen Angaben das gesamte Gebiet im Norden unter Regierungskontrolle gebracht.

Präsident Mahinda Rajapakse erklärte, der Rebellenorganisation bleibe nur »noch die Option, die Waffen zu strecken, sich zu ergeben und das Leben ihrer verbliebenen Kader zu retten.« Das letzte von den Rebellen gehaltene Gebiet um das Dorf Puthukkudiriruppu wurde am Sonntag von Streitkräften erobert. Etwa 2000 Zivilisten nutzten dort die Gelegenheit, auf Regierungsgebiet zu fliehen. In den vergangenen fünf Tagen fanden fast 500 LTTE-Kämpfer bei den Gefechten den Tod, darunter der Chef der Artillerie, die Führerin der Frauenabteilung sowie weitere fünf Kommandeure. Von Pottu Amman, dem zweiten Mann in der Hierarchie, verantwortlich für den Geheimdienst der Guerilla, wurden Teile seiner Kommunikation mit seinen Kämpfern abgehört. Danach soll er auf deren ständiges Drängen, Verstärkung zu schicken, geantwortet haben: »Vergebt mir. Alles ist außerhalb meiner Kontrolle.«

Der Rest der Rebellen soll sich mit ihrem Führer Velupillai Prabhakaran in die sogenannte Sicherheitszone abgesetzt haben. Das ist ein 20 Quadratkilometer großes Gelände, überwiegend Strand und teilweise Dschungel. In dieser Zone haben Tausende Flüchtlinge Schutz gesucht. Die Angaben schwanken zwischen 50000 und 150000. Sie sitzen jetzt sozusagen in der Falle, umzingelt von den Streitkräften und unter ihnen die Rebellen. Die UNO, zahlreiche internationale Organisationen und Regierungen verschiedener Länder haben an Colombo appelliert, unter allen Umständen das Leben der ohnehin unter katastrophalen Verhältnissen hausenden Flüchtlinge zu retten. Sri Lankas Regierung wirft der LTTE vor, die Zivilisten als »menschliche Schutzschilde« zu mißbrauchen und fordert, sie nicht am Verlassen der »Sicherheitszone« zu hindern. Die LTTE erklärte, sie sei hilflos, da die Menschen nicht gehen wollten. Während das Militär sich laut eigenem Bekunden am Montag auf die »letzte Schlacht« vorbereitete, kam aus dem Büro des Staatspräsidenten die offizielle Erklärung, die nächste Operation der Armee wäre eine »humanitäre Aktion, um Nichtkämpfer in der Sicherheitszone zu befreien.«

Selbst bei den Sympathisanten der LTTE bestehen keine Illusionen mehr, daß die Rebellen noch eine Chance hätten. Deren endgültige Niederlage steht unmittelbar bevor. Das würde das Ende des Krieges bedeuten, der weit über 75000 Menschen das Leben kostete, nicht aber das Ende des ethnisch-sozialen Konfliktes zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit. Dafür muß eine handfeste, dauerhafte politische Lösung gefunden werden. Präsident Rajapakse hat den Beweis zu erbringen, daß er eine solche ebenso entschlossen in Angriff nimmt, wie er mit der militärischen Option die Tamiltiger nach fast 26 Jahren bewaffnetem Widerstand in die Knie zwang.

* Aus: junge Welt, 7. April 2009


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