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Größtes Kriegsbudget Sri Lankas

Präsident Rajapakse will den "Terrorismus" ausrotten

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Das Budget der Regierung Sri Lankas sieht für das Jahr 2009 eine Rekordsumme für die Kriegsmaschinerie vor. Präsident Mahinda Rajapakse gab in der vergangenen Woche vor dem Parlament bekannt, daß die Militärausgaben für nächstes Jahr um sieben Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar erhöht werden. Nie zuvor waren die Streitkräfte mit einem solchen Geldsegen bedacht worden. Das geht auf Kosten der Sozialausgaben und der wirtschaftlichen Entwicklung. Und es offenbart, daß der Krieg gegen die tamilischen Rebellen der Organisation Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) weiter intensiviert werden soll. Wer das aus diesem Budget nicht ablesen konnte, dem erklärte das Staatsoberhaupt, die Streitkräfte würden die »Terroristen militärisch besiegen«, denn Colombo glaube, den »Terrorismus jetzt ausrotten zu können«. Wie Hohn wirkte seine Aufforderung an die Rebellen, »die Waffen niederzulegen, sich zu ergeben und sich dem demokratischen Prozeß selbst zu diesem späten Zeitpunkt anzuschließen«.

Rajapakse kündigte zudem eine Steuererhöhung um ein Prozent auf nahezu alle Waren und Dienstleistungen sowie eine Erhöhung der Ex- und Importzölle für Fracht von drei auf fünf Prozent an. Das soll zur Finanzierung der Militärausgaben beitragen, auch wenn er offiziell damit die »Folgen des Terrorismus« zu beheben gedenkt. Krankenhäuser, Schulen, Straßen und Eisenbahnen, die im Krieg hauptsächlich von den eigenen Streitkräften zerstört wurden, sollten wieder aufgebaut werden.

Die Abgeordneten der im Parlament von Colombo vertretenen Tamilischen Nationalallianz verließen nach dem Auftritt Rajapakses unter Protest den Saal. Später veröffentlichte die Allianz eine Stellungnahme, in der sie scharf kritisert, daß der Staat kolossale Summen verschwendet, um das historische Siedlungsgebiet der tamilisch sprechenden Bevölkerung unablässig zu bombardieren, dort die Zivilisten zu attackieren, einen Genozid an ihnen zu verüben und Hunderttausende Tamilen zu vertreiben, was einer ethnischen Säuberung gleichkäme.

Wie zur Bestätigung dieser Anklage setzte das Militär in den letzten Tagen seine Offensive gegen LTTE-Stellungen im Norden Sri Lankas fort –mit der klaren Absicht, das Verwaltungszentrum der Rebellen in Kilinochi sowie das in der Nähe vermutete LTTE-Hauptquartier zu stürmen. Immer wieder versuchten die Streitkräfte, von der westlich Kilinochis an der Nationalstraße A-9 gelegenen Stadt Mankulam vorzurücken. Doch Monsunniederschläge und erbitterter Widerstand der Tamiltiger ließen dieses Vorhaben bislang scheitern.

Unterdessen hat der Chefminister des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu, M. Karunanidhi, in einem energischen Appell dazu aufgerufen, endlich in Sri Lanka einen für beide Seiten bindenden Waffenstillstand zu vereinbaren. Diesem müßte ein Dialog folgen, der eine permanente Einstellung der Feindseligkeiten zum Ziel hat. Karunanidhis Standpunkt wird angeblich von allen politischen Parteien des Bundesstaates geteilt. Die Regierung in Neu-Delhi hält sich aber mit Stellungnahmen zu dem ethnisch-sozialen Konflikt des südlichen Nachbarn zurück.

* Aus: junge Welt, 11. November 2008


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