Äthiopische Truppen verlassen Mogadischu
Somalia: "Übergangsregierung" nur noch von 3400 Soldaten der afrikanischen Friedenstruppe AMISOM geschützt
Von Knut Mellenthin *
Nach Berichten aus Somalia haben am Donnerstag morgen die letzten äthiopischen Interventionstruppen ihre Stützpunkte in der Hauptstadt Mogadischu verlassen und sich auf den 500 Kilometer langen Weg zur Grenze aufgemacht. Ein definitiver Termin für den Rückzug der letzten Truppen aus ganz Somalia steht noch nicht fest.
Am Dienstag (13. Jan.) hatte eine offizielle Abschiedszeremonie stattgefunden, auf der Vertreter der somalischen »Übergangsregierung« den Äthiopiern für ihren Einsatz gedankt hatten. Ganz anders die Reaktionen der Bevölkerung von Mogadischu. Menschenansammlungen feierten den Abzug der Soldaten aus dem traditionell verfeindeten Nachbarland.
Am Mittwoch (14. Jan.) war es in Mogadischu noch einmal zu einem Kampf mit den abziehenden Truppen gekommen. Auf einen Angriff der radikal-islamistischen Al-Schabaab reagierten die Äthiopier, wie schon oft in der Vergangenheit, mit Artilleriefeuer auf Wohngebiete. Mindestens 20 Menschen wurden getötet.
Den Schutz der demokratisch nicht legitimierten »Übergangsregierung« vor der bewaffneten Opposition, die inzwischen den größten Teil Somalias beherrscht, soll nun allein die seit Anfang 2007 in Mogadischu stationierte afrikanische Friedenstruppe AMISOM übernehmen. Sie war auf eine Stärke von 8000 Mann geplant, besteht aber bisher nur aus ungefähr 3400 Soldaten, die je zur Hälfte aus Uganda und Burundi kommen. Durch Verstärkungen aus diesen beiden Ländern sowie aus Nigeria soll AMISOM künftig auf etwa 5800 Mann gebracht werden, doch ist die Umsetzung ungewiß. Die Truppe hat bisher nur stationäre Aufgaben wie den Schutz von Regierungsgebäuden, des Hafens und des Flughafens von Mogadischu wahrgenommen. In Kämpfe war sie kaum verwickelt. Al-Schabaab hat angekündigt, nach dem Abzug der Äthiopier nun gezielt die AMISOM anzugreifen.
Es ist zu erwarten, daß sehr schnell der Kampf um die Kontrolle über die Hauptstadt beginnen wird und daß dieser in erster Linie zwischen den Fraktionen der bewaffneten islamistischen Opposition ausgetragen wird. Der bisher im eritreischen Asmara ansässige Flügel der Union der Islamischen Gerichtshöfe (UIC) hat schon in der vorigen Woche mehrere Polizeistationen in Mogadischu besetzt. Das rief Widerspruch sowohl von Al-Schabaab wie auch vom Dschibuti-Flügel der UIC hervor, der einen Pakt mit der »Übergangsregierung« geschlossen hat.
Wie Anfang der Woche bekannt wurde, hat die US-Regierung dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem die Entsendung einer von den Vereinten Nationen mandatierten Friedenstruppe nach Somalia gefordert wird. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte dem Sicherheitsrat im Dezember mitgeteilt, er habe mindestens 50 Staaten nach ihrer Bereitschaft gefragt, sich an einer Friedenstruppe für Somalia zu beteiligen. Die Antworten seien »sehr lauwarm oder negativ« gewesen.
* Aus: junge Welt, 16. Januar 2009
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