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Simbabwe im Wahlfieber

Herausforderer Tsvangirai will mehr westliche Investitionen. Präsident Mugabe bleibt bei Indigenisierungskurs. Logistische Probleme bei Vorwahlen für Sicherheitskräfte

Von Simon Loidl *

In Simbabwe hat der Wahlprozeß begonnen. Die Abstimmung über Präsident und Parlament findet zwar erst am 31. Juli statt, doch am Sonntag und Montag waren bereits Zehntausende Sicherheitskräfte und Wahlhelfer an die Urnen gerufen, die am regulären Termin Dienst machen müssen. In vielen Wahllokalen seien dabei zu wenige Stimmzettel vorhanden gewesen, berichteten simbabwische Medien übereinstimmend. Die Tageszeitung The Herald etwa schrieb am Dienstag, daß einige Menschen aufgrund langer Wartezeiten wieder gegangen wären, ohne abgestimmt zu haben. Die Behörden verlängerten daraufhin die Öffnungszeiten der Lokale bis Montag mitternacht. Als Grund für die Verzögerungen wurden technische Probleme beim Drucken der Stimmzettel angegeben. Diese konnten nicht vor dem Wochenende produziert werden, da die vollständigen Kandidatenlisten bei der Wahlbehörde erst am Freitag abend eingetroffen waren. Vor diesem Hintergrund wiesen Behördenvertreter auch Vorwürfe zurück, das Land sei für die in zwei Wochen stattfindende Hauptabstimmung noch nicht bereit.

Vor allem das zusammen mit der Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU–PF) von Präsident Robert Mugabe regierende, aber oppositionell auftretende Movement for Democratic Change (MDC–T) von Premierminister Morgan Tsvangirai nutzte die Gelegenheit, erneut einen späteren Wahltermin zu fordern. Noch am Freitag versuchte die MDC–T mittels einer Beschwerde beim Obersten Gericht, die »Spezialwahlen« der Sicherheitskräfte und Wahlhelfer und damit auch den regulären Wahltermin zu verschieben. Laut MDC–T waren 69000 Polizeibeamte zu der Vorabstimmung zugelassen, während lediglich 44133 auf den Gehaltslisten des Ministeriums zu finden seien. Das Gericht will sich in dieser Woche mit der Beschwerde befassen.

Unterdessen geht der Wahlkampf im ganzen Land weiter. Tsvangirais schlechte Umfragewerte sind der Grund für den Kampf seiner Partei um eine Verschiebung der Wahl. Am Wochenende trat der Premierminister auf mehreren Veranstaltungen auf, bei denen er sein Programm vorstellte. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen in Simbabwe stehen die unterschiedlichen Vorstellungen über den wirtschaftspolitischen Kurs des Landes. Mugabes ZANU–PF hält an dem während der vergangenen Jahre durchgeführten Indigenisierungsprogramm fest. Mit diesem waren Landreformen sowie Auflagen für internationale Konzerne verbunden. Vor allem letzteres hat zu erhöhten Steuereinnahmen und einer stärkeren Kontrolle Simbabwes über die eigenen Ressourcen geführt.

Tsvangirai hingegen setzt auf internationale Investoren, mit denen er die Bevölkerung des Landes aus der Armut führen will. Zentrale Passagen des Wahlmanifests der MDC–T richten sich direkt gegen grundlegende Punkte des Indigenisierungsprogramms. So will Tsvangirais Partei etwa »internationale Finanzinstitutionen« wieder dazu bringen, »Kreditströme zu öffnen«. Zudem sollen Gesetze, die »legitime Investitionen« verhindern würden, überprüft werden. Bei Veranstaltungen am Wochenende sprach Tsvangirai laut The Herald davon, daß Simbabwe bei einem Wahlsieg der MDC–T von »Geld überschwemmt« würde. »Das ist kein leeres Gerede, sondern die Wahrheit«, so der Premierminister, der immer wieder seine guten Beziehungen zu westlichen Institutionen und Regierungen betont.

Unterdessen verschärft sich der Ton zwischen Mugabe und der South African Development Community (SADC) weiter. Der Beauftragte für Politik und Diplomatie der Integrationsgemeinschaft, Bernard Membe, sagte laut der simbabwischen Zeitung NewsDay vom Dienstag in Richtung des Präsidenten, daß »die Welt« den Verlauf der Wahlen genau beobachten würde. Anfang Juli war es zu Auseinandersetzungen zwischen Mugabe und der SADC gekommen, nachdem sich die Organisation für eine Verschiebung der Wahlen ausgesprochen hatte. Mugabe verbat sich die Einmischung und drohte mit einem Austritt seines Landes aus der Organisation.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 17. Juli 2013


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