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Tsvangirai vor Mugabe

Simbabwische Wahlkommission gibt Abstimmungsergebnis über Präsidentschaft bekannt. Zweiter Urnengang angekündigt. Haltung der Opposition unklar

Von Raoul Wilsterer *

Knapp fünf Wochen dauerte es, bis das Resultat der Präsidentschaftswahlen bekanntgegeben wurde. Nach diversen politischen und organisatorischen Turbulenzen veröffentlichte die Wahlkommission in Harare am Freitag das amtliche Ergebnis. Demnach siegte Oppositionsführer Morgan Tsvangirai mit 47,9 Prozent der Stimmen über Amtsinhaber Robert Mugabe, verfehlte aber die absolute Mehrheit im ersten Durchgang. Mugabe kam auf 43,2 Prozent. Nunmehr müßte es laut Gesetzeslage zu einer Stichwahl zwischen den beiden Bestplazierten unter den insgesamt vier Präsidentschaftsbewerbern, die sich der Abstimmung am 29. März gestellt hatten, kommen. »Da kein Kandidat die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt, ... wird eine zweite Wahl zu einem Zeitpunkt abgehalten, den die Wahlkommission festlegt«, sagte deren Chef Lovemore Sekeramayi.

Allerdings blieb am Freitag offen, wie sich die oppositionelle MDC (Bewegung für einen demokratischen Wandel), die im Parlament erstmals über mehr Sitze verfügt als die derzeit regierende ehemalige Befreiungsbewegung ZANU-PF, zu der neuen Entwicklung stellen wird. Bisher beharrte sie darauf, daß ihr Kandidat Morgan Tsvangirai bereits im ersten Durchgang mit absoluter Mehrheit gesiegt hatte. Noch am Freitag morgen erklärte MDC-Sprecher Chris Mbanga, daß die Partei alle Ergebnisse, die ihrem Kandidaten keine absolute Mehrheit attestierten, ablehnen würde.

Tsvangirai selbst hatte sich bereits am Wahlabend zum Gewinner mit über 50 Prozent der Stimmen ausgerufen und sich damit den Vorwurf eingehandelt, einen »Putschversuch« unternommen zu haben. Die innenpolitische Lage spitzte sich in den Tagen und Wochen danach zu. Einerseits hielt sich der Zuspruch für die zwei großen Lager – die westlich orientierte Opposition und die antikolonialistisch geprägte Regierung – in etwa die Waage. Andererseits schienen die Fronten dermaßen verhärtet, daß sich keine Kompromißmöglichkeiten herauskristallisierten.

Jetzt hängt die weitere Entwicklung maßgeblich von der Haltung der MDC ab. Präsident Mugabe hat bereits seine Bereitschaft erklärt, eine Stichwahl zu akzeptieren. Er wolle antreten und den Ausgang »ohne Zögern« als Entscheidung der Bevölkerung annehmen, erklärte der senegalesische Außenminister Scheich Tidiane Gadio nach einem Treffen mit Mugabe in Harare in einer am Donnerstag abend veröffentlichten Erklärung. Mugabe fordere die Opposition auf, ebenso zu handeln. Die Kontrahenten müßten den »Weg der Versöhnung und des Ausgleichs« beschreiten, meinte Gadio.

Zuvor hatte sich die US-Regierung erneut in Simbabwe eingemischt. Die Verzögerung der Veröffentlichung der Wahlergebnisse mache die Resultate unglaubwürdig, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums Tom Casey am Donnerstag. Mugabe solle »seine Hunde zurückrufen« und der Gewalt seiner Gefolgsleute gegen Anhänger der Opposition Einhalt gebieten.

* Aus: junge Welt, 3. Mai 2008


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