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Wird Mugabes Macht zu Makulatur?

Verfassungsreferendum in Simbabwe soll autoritäre Herrschaft beseitigen

Von Markus Schönherr, Kapstadt *

Die Regierung von Simbabwe hat ein Verfassungsreferendum für März sowie Präsidentschafts- und Parlamentswahlen für Juli angekündigt.

Das Referendum, so die Intention der Opposition, soll nicht nur aus der politischen Krise führen, in dem sich das Land seit den umstrittenen Wahlen 2008 befindet. Es soll auch den autoritären Herrschern einen Strich durch die Rechnung machen - durch eine neue Verfassung. Das Parlament hat die Verfassungsänderung bereits abgesegnet, nun soll das Volk entscheiden. Der Entwurf gesteht künftigen Präsidenten bloß noch zwei Amtszeiten zu, und damit maximal zehn Jahre. Diese Klausel dürfte von der Opposition stammen, denn Präsident Robert Mugabe regiert das Land im Süden Afrikas seit der Unabhängigkeit 1980. Angekündigt hatte er, bis 100 an der Macht bleiben zu wollen. Mit der neuen Verfassung ist dies knapp nicht möglich, denn nächsten Donnerstag feiert Mugabe seinen 89. Geburtstag. Nach weiteren zwei Amtszeiten wäre er 99. Zudem könnten ihm die Menschenrechtsvergehen nun zum Verhängnis werden, die seiner ZANU-PF nachgesagt werden: Die neue Verfassung hebelt auch die Immunität des Präsidenten aus.

Ein Zugeständnis macht der Entwurf bei der Todesstrafe. Fortan sollen nur noch Männer zwischen 21 und 70 und nur für Schwerverbrechen mit dem Galgen bestraft werden. Menschenrechtsorganisationen geht der Schritt nicht weit genug. Erst vorige Woche bestellte Simbabwe einen neuen Henker, nachdem der Posten sieben Jahre unbesetzt geblieben war. Doch für die 76 Häftlinge im Todestrakt gibt es Hoffnung. »Als Justizminister könnte ich ihre Hinrichtung auf keinen Fall gutheißen«, sagte Minister Patrick Chinamasa. Er werde Mugabe um Begnadigung bitten.

Die Volksbefragung im März gilt als Voraussetzung für Neuwahlen im Juli, auf die sowohl die regierende ZANU-PF als auch das oppositionelle MDC drängten. Bei dem Blutbad nach den umstrittenen Wahlen 2008 starben 200 Oppositionsanhänger. Seitdem teilen sich die Parteien die Regierung. Im Parlament und in den geteilten Ministerien hatte sich die Zusammenarbeit in der Vergangenheit aber oft als hinderlich erwiesen.

Willy Pabst, ein deutscher Unternehmer in Simbabwe, sieht die Lösung allerdings nicht in Neuwahlen, sondern in Mugabes Tod. Gerüchten zufolge hat er Krebs. »Auch nach Mugabes Abscheiden glaube ich zwar nicht, dass die Opposition regiert«, sagt Pabst gegenüber »nd«. »Es wird wieder eine gemeinsame Regierung geben, allerdings kommt dann endlich der vernünftige und progressive Teil der ZANU-PF an die Macht.«

Obgleich der neue Verfassungsentwurf ein Schritt in Richtung Demokratie ist, gehen die Reformen der Opposition nicht weit genug. MDC fordert eine Neubesetzung der staatlichen Medien, des Militärs und vor allem der Wahlkommission. Dort sitzen größtenteils Anhänger der ZANU-PF und sichern Mugabes Machterhalt. Die Europäische Union kündigte an, die Sanktionen gegen Simbabwes Politiker bald weiter lockern zu wollen. Amnesty International und Human Right’s Watch zufolge dürfe dies erst nach freien und fairen Wahlen geschehen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 15. Februar 2013


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