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Unendliche Geschichte

Simbabwe: Parteien streiten über neue Verfassung

Von Christian Selz, Kapstadt *

So richtig zufrieden ist in Simbabwe eigentlich niemand mit dem seit vier Monaten vorliegenden Entwurf einer neuen Verfassung. ZANU-PF, die Partei von Präsident Robert Mugabe, meldete bereits 266 Änderungswünsche an. Morgen Tsvangirai, der ehemalige Oppositionsführer der MDC-T, der seit den letzten Wahlen Premierminister der Regierung der nationalen Einheit ist, nennt den Entwurf immerhin »das bestmögliche Dokument«. Doch seine Unterstützer lassen durchblicken, daß der Entwurf zwar besser als die bisherige Verfassung, aber eben doch nur ein Kompromiß sei.

Drei Jahre hatte eine Kommission zur Ausarbeitung gebraucht, dazu zumindest scheinbar die Zivilgemeinschaft einbezogen und in unzähligen Anhörungen die Bevölkerung befragt. Entschieden ist trotzdem noch nichts und nach wie vor könnte auch alles ganz anders kommen. »Die größte Gefahr ist Mugabes Versuch, den Prozeß an sich zu ziehen«, warnte Qhubani Moyo auf einer Konferenz in Kapstadt. Der Universitätsdozent arbeitet für die MDC-N, den zweiten Flügel der gespalteten Quasi-Opposition, im für die Verfassungsfindung zuständigen Parlamentskomitee COPAC.

Mugabe hatte kürzlich gedroht, die finalen Änderungen am Verfassungsentwurf aus den Händen des Komitees zu nehmen und in kleiner Runde mit den Oberhäuptern der beiden MDC-Flügel auszuhandeln. Tsvangirai schien diesem Spiel zumindest anfangs nicht abgeneigt, der Vorsitzende der kleineren MDC-N, Welshman Ncube, verurteilte allerdings den präsidentiellen Griff nach der Verfassung. In der vergangenen Woche setzte Mugabe schließlich selbst zum Rückzieher an und bat den Minister für Parlaments- und Verfassungsangelegenheiten, Eric Matinenga, mit den drei Parteioberhäuptern über die weiteren Schritte zu beraten. Die Verfassungsfindung gerät damit immer mehr zu einem endlosen Verwirrspiel voller Wendungen und Nebelbomben. Offensichtlich will die ZANU-PF jedoch die derzeitige Schwäche der zerstrittenen MDC-Flügel ausnutzen und möglichst bald ein neues Parlament wählen. Mugabe hat sich bereits auf einen Termin im März festgelegt, dafür ist allerdings eine vorherige Verabschiedung der neuen Verfassung notwendig. So will es die Staatengemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC), deren Vermittlungskommission ansonsten nur noch eine leise Schattenrolle spielt.

* Aus: junge Welt, Montag, 26. November 2012


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