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In Simbabwe tun sich erneut Gräben auf

Oppositionelle Aktivisten werden für Videoabend über die Arabellion belangt

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Der Termin für die nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Simbabwe ist nach wie vor offen. Zur Entspannung der politischen Lage trägt das nicht bei – im Gegenteil.

Eine Wunschehe war es nie: Simbabwes Einheitsregierung, bestehend aus Robert Mugabes ZANU-PF und der MDC Morgan Tsvangirais.

Beide Partner wünschten sich so bald wie möglich die Scheidung – so sie denn eine Alleinregierung bilden könnten. Folgerichtig verschärft sich vor den näher rückenden Wahlen in Simbabwe, möglicherweise schon in diesem Jahr, die politische Lage. Nach vorübergehender Stabilisierung durch die Bildung der Einheitsregierung 2009 treten die Differenzen zwischen den beiden Parteien wieder offen zu Tage.

Das haben auch der frühere MDC-Abgeordnete Munyaradzi Gwisai und fünf weitere Aktivisten der Zivilgesellschaft zu spüren bekommen. Ein Gericht befand sie jüngst für schuldig, einen Umsturz in Simbabwe beabsichtigt zu haben. Der Staatsanwalt forderte die Höchststrafe von zehn Jahren Haft.

Ihr Vergehen bestand darin, im Februar vergangenen Jahres zu einer politischen Veranstaltung anlässlich der Proteste in Nordafrika eingeladen zu haben. Videos von Demonstrationen In Kairo und Tunis wurden damals gezeigt. Die Polizei verhaftete die sechs Aktivisten und 40 weitere Teilnehmer.

Gwisai und seinen Gefährten wurde vorgeworfen, Staatspräsident Robert Mugabe und Premierminister Morgan Tsvangirai stürzen zu wollen. Während der 27-tägigen Haft – bis zur Freilassung auf Kaution – wurden sie nach eigenen Angaben gefoltert. Am 21.März wurde die Strafe verkündet: 500 US-Dollar und 420 Stunden gemeinnützige Arbeit. Die Angeklagten legten Berufung gegen das Urteil ein. Sie glauben, an ihnen solle ein Exempel statuiert werden – als Warnung an die Zivilgesellschaft, nicht gegen die Regierung aufzubegehren.

Dewa Mavhinga, Direktor der Organisation »Crisis in Zimbabwe Coalition« ist aber sicher, dass dieser Versuch, Angst zu schüren, scheitern wird. »Es macht Mut, dass über 100 führende Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft am Gerichtsverfahren teilgenommen haben und damit ihre Unterstützung und ihre Solidarität ausgedrückt haben.« Die Justiz habe sich selbst kompromittiert, denn »sie ist nicht in der Lage, die Mörder von 200 MDC-Mitgliedern, die vor und während der Wahlen 2008 getötet wurden, zu verfolgen und zu verurteilen«.

Die kleine Gruppe linker Aktivisten um den ehemaligen Abgeordneten Gwisai ist mit radikalen Forderungen nach einer entschädigungslosen Rückgabe des Landes an die schwarze Bevölkerungsmehrheit aufgetreten. Premierminister Morgan Tsvangirai, angeblich selbst Ziel des Umsturzversuchs der sechs Angeklagten, zeigte sich gegenüber der Presse viel mehr darüber beunruhigt, dass die Regierung, der er angehört, Menschen verfolgt, die lediglich Videos anschauen. Tsvangirai lehnte deren Verurteilung als Verletzung der Menschenrechte ab. Er teile den Schmerz der Angeklagten und ihrer Familien, sagte der Premierminister.

* Aus: neues deutschland, 26. März 2012


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