Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Makoni fordert Mugabe heraus

Simbabwes Langzeitherrscher hat bei Präsidentschaftswahlen Ende März ernsthaften Konkurrenten

Von Georg Krase *

In Simbabwe läuft der Wahlkampf für die Präsidentenwahl Ende März. Neben Amtsinhaber Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ist überraschend ein neuer Herausforderer angetreten. Simba Makoni kommt aus dem Umfeld Mugabes.

Die Freude hielt sich in Grenzen. Auf einer Großkundgebung in Beitbridge zelebrierte Präsident Mugabe seinen 84. Geburtstag. Aber gerade dort demonstriert der anhaltende Flüchtlingsstrom ins Nachbarland das Scheitern der Politik Mugabes nach 28 Jahren an der Macht.

Anlass zum Feiern haben die Menschen derzeit kaum. Die Lage ist anhaltend katastrophal, die Inflationsrate hat schier unglaubliche 100 000 Prozent erreicht, die Arbeitslosigkeit liegt bei 80 Prozent. Eine mehr als ernüchternde Bilanz – allein in den letzten zehn Jahren hat Mugabe die einst zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Region völlig ruiniert.

Das ficht den alten Autokraten nicht an. Auf dem Parteitag der regierenden Afrikanischen Nationalunion Simbabwes (ZANU (PF)) im Dezember 2007 hat Mugabe sich erneut als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen bestätigen lassen. Mit der oppositionellen Bewegung für den Demokratischen Wandel (MDC) glaubt er leichtes Spiel zu haben. Seit 2005 in zwei Fraktionen gespalten, konnte die sich nicht auf einen Kandidaten einigen und kann Mugabe und die ZANU (PF) bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 29. März kaum gefährden.

Wäre da nicht der Auftritt eines neuen Akteurs auf der politischen Bühne. Mitte des Monats reichte vor dem zuständigen Sondergericht in Harare Simba Makoni seine Unterlagen als unabhängiger Präsidentschaftskandidat ein. Der 57-jährige Makoni hatte erst Anfang Februar die Absicht erklärt, gegen Mugabe anzutreten, nachdem er vergeblich auf eine Nominierung beim ZANU-Parteitag im Dezember gehofft hatte.

Makoni hat in England studiert und wurde nach der Unabhängigkeit Simbabwes eines der jüngsten Regierungsmitglieder. 1984 ging er als Exekutivsekretär der regionalen Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika SADCC für zehn Jahre nach Gaborone. Zurück in Simbabwe engagierte er sich in der Wirtschaft und wurde im Jahr 2000 Finanzminister, trat jedoch nach zwei Jahren zurück. Als wirtschaftspolitischer Experte mit durchaus kritischer Haltung genießt er auch international Respekt, ein wichtiger Faktor.

Seit geraumer Zeit wurde Simba Makoni als potenzieller Nachfolger Mugabes gehandelt. Dennoch überraschte nunmehr seine Kandidatur gegen Mugabe. Trotz großer politischer Ambitionen ist er für seine an Opportunismus grenzende Flexibilität bekannt. Seit seiner Jugend Mitglied der ZANU galt er als loyaler Anhänger Mugabes und war bis zuletzt Mitglied des Politbüros der ZANU (PF).

Allgemein wird Makoni die Unterstützung einer der beiden wichtigsten Gruppierungen in der ZANU (PF) unter Solomon Mujuru zugeordnet, dem ersten Armeechef Simbabwes nach der Unabhängigkeit. Mujuru verfügt weiterhin über gute Kontakte in den Streitkräften und hat inzwischen auch wirtschaftliche Macht erworben. Nunmehr heißt es, dass sein Nachfolger als Armeechef, General Vitalis Zvinavashe, auch er inzwischen im Ruhestand, gleichfalls hinter Makoni steht.

Makoni soll sich außerdem auf prominente Funktionäre der ZANU (PF) wie die Politbüro-Mitglieder Dumiso Dabengwa, Parteivorsitzender John Nkomo und Vizepräsident Joseph Msika stützen können. Es sind die wichtigsten Vertreter der ehemaligen Afrikanischen Volksunion von Simbabwe ZAPU, die im Befreiungskampf in Rivalität zur ZANU Mugabes stand und Unterstützung unter anderem von der Sowjetunion und der DDR erhielt. Sie ging 1989 in der ZANU (PF) auf. Ihre politische Basis lag vor allem bei der ethnischen Gruppe der Ndebele im Westen des Landes. Inzwischen hat sich auch eine der beiden MDC-Fraktionen hinter Makoni gestellt, ihr Führer Arthur Mutambara verzichtet auf eine eigene Kandidatur.

Simba Makoni tritt im Wahlkampf eher zurückhaltend auf. Er macht die Führung des Landes für die extremen Belastungen der Menschen in den letzten zehn Jahren verantwortlich, ohne Mugabe persönlich zu attackieren. Nach heutiger Einschätzung kann auch Makoni derzeit Mugabe nicht gefährlich werden, entscheidend wird sein, wie sich das Kräfteverhältnis in der ZANU (PF) entwickelt. Vielleicht ist Makonis Kandidatur über diese Wahlen hinaus bedeutsam. Auch wenn Mugabe, gestützt auf Parteistrukturen und langjährige Erfahrungen im Machtkampf, die Wahlen Ende März erneut für sich entscheidet, könnte hier der Ansatz für das Simbabwe nach Mugabe liegen.

* Aus: Neues Deutschland, 25. Februar 2008


Zurück zur "Simbabwe"-Seite

Zurück zur Homepage