Der alte Mann und das arme Simbabwe
Robert Mugabe will Präsident bleiben
Von Georg Krase *
Die Show geht weiter. Ein Parteitag der regierenden Afrikanischen Nationalunion Simbabwes ZANUPF
bestätigte Staats- und Parteichef Robert Mugabe als Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen
im März 2008.
Im üppigen Grün der beginnenden Regenzeit entfaltet Simbabwes Hauptstadt Harare immer noch
ihren Charme als Gartenstadt. Probleme werden erst auf den zweiten Blick sichtbar. Autoschlangen
an Tankstellen, wo hin und wieder Benzin auf Devisen-Gutscheine verkauft wird, Schlaglöcher selbst
auf den Hauptstraßen, leere Regale in Supermärkten – man kauft, was es gerade gibt. Überall
Schwarzhändler mit Bündeln von Banknoten, die immer dicker werden, je mehr ihr Wert sinkt.
Stromausfälle, seit geraumer Zeit üblich, halten tagelang an.
Immerhin kündigte der Chef der staatlichen Reserve Bank, Gideon Gono, vor den 10 000
Delegierten des außerordentlichen ZANU-PF-Parteitags eine wirtschaftliche Erholung im Verlauf der
nächsten zwölf Monate an. Gleichzeitig kritisierte er ungewohnt scharf führende Funktionäre, ohne
Namen zu nennen. Er warf den »Geldbaronen« vor, durch Schwarzmarktgeschäfte die Inflation
anzuheizen. Die erreicht inzwischen 8000 Prozent, der Schwarzmarktwert des US-Dollars stieg auf
das Fünfzigfache des offiziellen Umtauschkurses. Der Großteil der in Umlauf gebrachten 67
Trillionen Zimbabwe-Dollar sei nicht mehr auffindbar. Und noch einmal wurde Gono sehr deutlich:
»Ein weiteres Problem ist Korruption, Korruption, Korruption!« Am Freitag wurde gar der
Generalstaatsanwalt wegen Begünstigung von Korruption entlassen.
Tatsächlich: Während ein Großteil der Simbabwer täglich ums Überleben kämpft, lebt ein
verschwindend geringer Teil von zwei Prozent der Bevölkerung in Wohlstand. Neben der neuen Elite
sind das auch die meisten der etwa 40 000 Weißen.
Die Zahl der Simbabwer, die derweil im Ausland ihr Glück suchen, vor allem in Südafrika, wächst
ständig. Die Hälfte der Fachkräfte soll das Land bereits verlassen haben. Lehrer erhalten ihre
Diplome erst nach drei Pflichtjahren, damit sie nicht sofort emigrieren. Nach wie vor gibt es Berichte
über Menschenrechtsverletzungen. Andererseits erwirkte ein enteigneter weißer Farmer jetzt vor
einem Tribunal der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) in Windhoek die
Wiederaufnahme seines Gerichtsverfahrens in Simbabwe.
Der 83-jährige Staats- und Parteichef Robert Mugabe gibt sich ungeachtet aller Anwürfe
selbstbewusst. Als der Parteitag am vergangenen Freitag seine Kandidatur für die
Präsidentschaftswahlen 2008 per Akklamation bestätigte, erklärte er sich zu einer weiteren Amtszeit
bereit: Er könne sein Volk in schweren Zeiten nicht allein lassen. Tausende Anhänger außerhalb des
Parteitags feierten den Mann, der seit 27 Jahren an der Spitze Simbabwes steht.
Mugabe scheint fest im Sattel zu sitzen, zumal die Opposition gespalten und geschwächt ist.
Dennoch wird überall die Frage nach einer Alternative gestellt. Selbst innerhalb der ZANU-Elite
wächst das Unbehagen. Es gab Versuche, Mugabe von der neuerlichen Kandidatur abzuhalten –
vergeblich. Die offene Konfrontation wagt noch niemand, obwohl potenzielle Nachfolger bereits
Gewehr bei Fuß stehen. Rivalisierende ZANU-Fraktionen unter Vizepräsidentin Joyce Mujuru und
Minister Emmerson Munangagwa unterstützten die Kandidatur des alten Mannes, obwohl sie ihre
Bewerber zuvor bereits in Position gebracht hatten. Dazu gehört aus der Mujuru-Fraktion Simba
Makoni, ehemals Minister und langjähriger Exekutivsekretär der Regionalorganisation SADC. Doch
auch er ist vorsichtig, denn ein Vorpreschen könnte ihn bei Mugabe in Ungnade fallen lassen. Als
Vertreter der oppositionellen Bewegung für den Demokratischen Wandel (MDC) und anderer
Organisationen bei einer Podiumsdiskussion in Harare scharf mit Mugabe ins Gericht gingen, sprach
Makoni nur vage von der notwendigen Rückkehr zu frühen Werten des unabhängigen Simbabwe.
Der Nachfolger des Staatspräsidenten wird wohl wieder aus der ZANU-PF, nicht aus der
oppositionellen MDC kommen. Denn die Talfahrt der zerstrittenen MDC hält an. Sie könnte
bestenfalls Partner in einer Koalitionsregierung der nationalen Einheit werden. Für die Wahlen im
kommenden März haben ZANU-PF und Mugabe, gestützt auf ihre starke Basis in den ländlichen
Gebieten, jedenfalls beste Siegeschancen. Die Hoffnung auf einen baldigen Wandel in Simbabwe
versprechen allenfalls die Verhandlungen zwischen ZANU-PF und beiden Fraktionen der MDC unter
der Schirmherrschaft Südafrikas, die sich seit Monaten hinziehen und auf eine Kompromisslösung
orientieren. Mancher meint, alles sei besser als der gegenwärtige Zustand.
* Aus: Neues Deutschland, 18. Dezember 2007
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