Simbabwe: Blutiger Wahlkampf
Politische Morde heizen Spannungen zwischen Regierung und Opposition an
Von Roswitha Reich, Harare
In Simbabwe wirft die Wahl eines neuen Präsidenten im
kommenden April schon jetzt seine Schatten voraus. Nach
Unruhen in Bulawayo vor wenigen Tagen flammen nun auch in
der Hauptstadt Harare immer wieder Auseinandersetzungen
zwischen Anhängern der Regierung und der Opposition auf. In
Matabeleland herrschen derzeit sogar wieder
bürgerkriegsähnliche Zustände.
Trotz des Vereinigungsabkommens zwischen ZANU und ZAPU
von 1987, mit dem der von Staatschef Robert Mugabe in
diesem Landesteil angezettelte Bürgerkrieg gegen die
Befreiungskämpfer Joshua Nkomos beendet schien, hat es nie
ein wirkliches Vergessen der Greuel gegen die
Ndebele-Volksgruppe gegeben. Obwohl Mugabes speziell für
diesen Einsatz ausgebildete sogenannte Fünfte Brigade, die
dort in den ersten sieben Jahren nach der Unabhängigkeit
(1980) 20000 Menschen ermordete, damals zurückgezogen
wurde und auch die Nkomo-Kämpfer anerkannt wurden,
konnte die Regierung bis heute kein wirkliches Vertrauen bei
den Menschen Matabelelands gewinnen.
Nach der Gründung der Bewegung für demokratischen Wandel
(MDC) wurde vor allem Bulawayo rasch zu ihrer wichtigsten
Basis. Seit einigen Monaten wird die Stadt auch von einem
demokratisch gewählten oppositionellen Stadtrat regiert. Die
Beziehungen zu Harare sind wieder auf einem Tiefpunkt
angelangt. Als vor wenigen Tagen in Bulawayo auch noch
ZANU-Kriegsveteranenchef Cain Nkala entführt und ermordet
wurde, traut Mugabe nicht einmal mehr seinen eigenen Leuten
dort. Er läßt, wie einst mit der ausschließlich seinem
Shona-Volksstamm angehörenden Fünften Brigade, nun
wieder Shona-Kriegsveteranen aus Harare anfahren. Immer
mehr Lastwagenladungen voller »Volkszornaktivisten« sind
inzwischen in der Stadt eingetroffen, die nicht nur die Häuser
der Stadtverordneten in den schwarzen Townships
niederbrennen, sondern auch die Büros der MDC anzündeten.
Nachdem sie den Oberbürgermeister aus seinem Amtssitz in
die Flucht schlugen und die Angestellten des Stadtrates
auseinandergetrieben haben, ziehen sie nun mit Stöcken,
Speeren und Spießen durch die Innenstadt und machen Jagd
auf Straßenpassanten.
Die Regierungspartei ZANU beschuldigt die Bewegung für
demokratischen Wandel des Verbrechens an Cain Nkala und
hat 14 angebliche MDC-Täter verhaftet. MDC-Vorsitzender
Morgan Tsvangirai wies allerdings alle Verdächtigungen
hinsichtlich des Mordes an Nkala als völlig absurd zurück. Es
gibt bis jetzt keine Anhaltspunkte, wer die etwa zehn
bewaffneten und vermummten Männern waren, die in dem
Bulawayo-Township Magwegwe-West auftauchten und Cain
Nkala, den Vorsitzenden der Befreiungskriegsveteranen in der
Metropole von Matabeleland, entführten.
Nkala ist bereits der zweite Tote aus den Reihen der
ZANU-Prominenz in Matabeleland innerhalb nur weniger
Wochen. Ende Oktober erlitt der Vorsitzende der
ZANU-Jugendliga von Matabeleland, Limukani Luphahla, in
Lupane ein ähnliches Schicksal. Er wurde in seinem Laden
überwältigt, verschleppt und später ermordet gefunden.
Damals wurde vermutet, daß der Mord eine Antwort auf das
spurlose Verschwinden eines bekannten MDC-Aktivisten
während der Parlamentswahlen vom Juni 2000 ist.
Es ist durchaus nicht abwegig anzunehmen, daß die
Ermordeten Opfer eigener Intrigen geworden sind, denn die
ZANU ist heute schon eine zerstrittene und gespaltene Partei.
Die Methode, Kandidaten aus den eigenen Reihen besonders
grausam zu töten und die Morde dann der Opposition in die
Schuhe zu schieben, ist von ZANU in der Vergangenheit
hinreichend praktiziert worden. Man könnte auch noch einmal
auf die Idee kommen, darüber die Menschen in Matabeleland
einzuschüchtern und die Opposition zerschlagen zu wollen.
Aus: junge welt, 26. November 2001
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