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Simbabwe macht Ernst

ZANU-PF-Minister zwingen internationale Bergbaukonzerne zur Abgabe von Mehrheitsanteilen

Von Christian Selz, Kapstadt *

Die Schlagzeilen der internationalen Presse gehörten vor dem 32. Unabhängigkeitstag am Mittwoch einmal mehr den Spekulationen zur Gesundheit des Präsidenten Robert Mugabe von der regierenden ZANU-PF. Nach offiziellen Regierungsinformationen ist er »topfit«. Auf seiner kürzlich absolvierten Asienreise habe er seine Tochter besucht und war nicht – wie in zahlreichen Medien kolportiert wurde – in Singapur in ärztlicher Behandlung.

In Simbabwe selbst ist derzeit ohnehin ein anderes Thema wesentlich brisanter: Der Mugabe-treue Teil der Einheitsregierung hat in den vergangenen Wochen den beiden weltgrößten Platinproduzenten Zusagen für einen Verkauf ihrer Mehrheitsanteile abgerungen. Grundlage ist ein bereits seit 2010 bestehendes Gesetz, nach dem ausländische Unternehmen mindestens 51 Prozent ihrer Operationen in Simbabwe an Einheimische übertragen müssen. Da Schlüsselunternehmen das Gesetz lange ignoriert hatten, kündigte Saviour Kasukuwere, Minister für Jugendentwicklung, Indigenisierung und Empowerment, am Gründonnerstag an, daß fortan sämtliche Bergbaukonzerne, die der Vorschrift nicht nachgekommen seien, zu 51 Prozent dem Staat gehörten. Dies dürfte für ein unruhiges Osterfest in den Konzernzentralen geführt haben.

Hintergrund des Gesetzes ist Simbabwes Bestreben, stärker an den Gewinnen aus den von ausländischen Unternehmen geförderten Bodenschätzen teilzuhaben. Auch wenn viele Kommentatoren den Schritt als Finanzbeschaffungsmaßnahme des Mugabe-Lagers vor den angestrebten Neuwahlen abwerten und Vertreter des prowestlichen Koalitionspartners in der brüchigen Einheitsregierung umgehend Bestandsgarantien an Investoren ausgaben, zeigte das Vorpreschen Kasukuweres schnell Wirkung. Noch am Ostersonntag verkündete der Minister sein Entzücken über die Ankündigung des weltgrößten Platinproduzenten Anglo American Platinum, wie vorgesehen 51 Prozent seiner Anteile an Simbabwe abzugeben.

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, daß auch in den seit Monaten währenden Streit mit dem zu 87 Prozent vom südafrikanischen Impala Platinum dominierten Bergbaukonzern Zimplats (der nicht etwa in Harare oder Johannesburg, sondern in Australien registriert ist) wieder Bewegung kommt. Noch vor Jahresfrist hatte Unternehmenschef David Brown gespottet, daß die im Gesetz vorgesehene Umverteilung »nicht passieren« werde. Mitte März allerdings veröffentlichte die Konzernleitung nach Verhandlungen mit Kasukuweres Ministerium eine Mitteilung, nach der 51 Prozent ihrer Anteile »für einen angemessenen Wert« abgegeben werden würden. Die Details des Transfers sind zwar noch nicht festgelegt, doch schon jetzt bahnt sich für Brown, der das Unternehmen Ende Juni verlassen wird, eine Niederlage an.

Der Spitzenmanager hatte seine simbabwischen Gesprächspartner mit einer arroganten, harten Verhandlungslinie gegen sich aufgebracht und sich damit offensichtlich verspekuliert. Im vergangenen Jahr hatte Zimplats noch versucht, dem simbabwischen Staat einen 36-Prozent-Anteil von einst zum symbolischen Preis von einem US-Dollar geleasten Minen für 153 Millionen US-Dollar zu verkaufen. Auch jetzt liegt die Vermutung nahe, daß Brown mit Lippenbekenntnissen Druck vom Bergbaukonzern zu nehmen versucht. Doch die Ungeduld der Simbabwer steigt, Kasukuweres erwog Anfang April sogar eine Enteignung ohne Entschädigung. »Fakt ist, daß wir unsere Ressourcen wieder in die eigenen Hände nehmen, und wir müssen uns nicht auf Trivialitäten konzentrieren«, konterte der Minister Äußerungen Browns über den angeblich noch zu niedrigen Preis für das Zimplats-Anteilpaket.

Der Fall könnte sich nun zu einem regionalen Wirtschaftskonflikt ausweiten, da Zimplats und sein südafrikanischer Mehrheitseigner Impala Platinum sich in ihren Verhandlungen auf ein Investitionsschutzabkommen zwischen Simbabwe und Südafrika berufen, das die Regierung in Pretoria im vergangenen Jahr für »ihre« Unternehmen durchgedrückt hatte. Simbabwe kann südafrikanische Konzerne danach nicht enteignen und müßte Zimplats teuer herauskaufen – oder das Abkommen mit dem mächtigen Nachbarn im Süden neu verhandeln. Es ist zumindest fraglich, ob die ANC-Regierung dabei den Schutz ihrer gesamten Industrie in Simbabwe für einen in Australien registrierten Konzern aufs Spiel setzen würde. Ein Einlenken entsprechend dem 51-Prozent-Plan – ohne überteuerte Forderungen – ist wahrscheinlicher.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 18. April 2012


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