Kompromiss in Simbabwe
Regierung und Opposition einigen sich auf vorgezogene Wahlen
Von Georg Krase *
Unter anderem mit vorgezogenen Parlamentswahlen im Frühjahr 2008 sucht Simbabwe einen Weg
aus der politischen Krise. Doch viele Fragen bleiben offen.
In die innenpolitische Krise Simbabwes kommt Bewegung: Am Donnerstag wurden gemeinsame
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen für 2008 und eine Erweiterung des Parlaments
beschlossen. Schon zuvor hatten sich die Regierungspartei Afrikanische Nationalunion Simbabwes
(ZANU-PF) und die zerstrittenen Flügel der oppositionellen Bewegung für den demokratischen
Wandel (MDC) auf eine Verfassungsänderung geeinigt, die das Parlament von 120 auf 210
gewählte Abgeordnete erweitert. Zudem entfallen 30 bislang vom Präsidenten ernannte
Parlamentsmitglieder, an deren Stelle werden 16 Häuptlinge, zehn Provinzgouverneure und fünf
weitere vom Präsidenten nominierte Politiker in den Senat einziehen, das damit auf 93 Mitglieder
erweiterten Oberhaus.
Der Kompromisscharakter der Neuregelung ist eindeutig. Die Opposition forderte eigentlich eine
neue Verfassung und sah in einer Vergrößerung der Zahl der Wahlbezirke die Gefahr einer Stärkung
der Positionen der ZANU-PF. Präsident Robert Mugabe hatte seinerseits ein Gesetz einbringen
lassen, das ihm die Festlegung seines Nachfolgers ermöglichen sollte. Die Zwei-Drittel-Mehrheit der
ZANU-PF im Parlament kann jede Verfassungsänderung absegnen. Angesichts dieser Realitäten
kam die Opposition letztlich wohl doch zu der Einschätzung, dass die Neuregelung Möglichkeiten
einer demokratischen Reflektion der Mehrheitsverhältnisse bei Wahlen verbessert – im Sinne der
eigenen Bemühungen um verfassungs- und wahlrechtliche Reformen. So stimmte das Parlament
einstimmig der Verfassungsänderung zu.
Thokozani Khupe von der MDC sprach von Vertrauensbildung und einem ersten Schritt zur Lösung
der nationalen Krise. Justizminister Patrick Chinamasa bezeichnete die Übereinkunft als Botschaft,
dass die Simbabwer ihre Probleme selbst lösen können. Letzteres wurde von Vizepräsident Joseph
Msika relativiert, der ausdrücklich die Rolle des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki für das
Zustandekommen der Vereinbarung würdigte.
Südafrikas stellvertretender Außenminister Aziz Pahad erklärte, die »stille Diplomatie« seines
Landes zeige Ergebnisse. Beobachter sehen eine entscheidende Rolle Südafrikas bei den jüngsten
Entwicklungen. Südafrika, das im Auftrag der Regionalorganisation SADC seit Monaten vermittelt,
spricht offiziell von einem Durchbruch und will seine Bemühungen um eine dauerhafte politische
Lösung im Nachbarland fortsetzen. Das impliziert auch Verantwortung für konstruktive Ergebnisse.
Konfliktforscher der International Crisis Group (ICG) in Brüssel riefen zur Unterstützung der
Vermittlungen Südafrikas als der einzig realistischen Chance zur Überwindung der Krise auf.
Westliche Sanktionen seien wirkungslos. Mugabe präsentierte sich bisher erfolgreich als Opfer
neokolonialistischer Einmischung. Sogar der SADC-Vorsitzende, Sambias Präsident Levy
Mwanawasa, ein Kritiker der Situation in Simbabwe, droht jetzt mit dem Boykott des EU-Afrika-
Gipfels im Dezember, falls Mugabe ausgeschlossen werde.
Oppositionelle in Simbabwe erwarten substanzielle Veränderungen erst mit dem Ende der
Herrschaft Mugabes. Auch die ICG, die angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage
Simbabwes vor einem drohenden Kollaps warnt, sieht im Rücktritt Mugabes eine Schlüsselfrage. Die
ICG schließt bei Mugabes Rücktritt Garantien für Straffreiheit und sein Eigentum, auch das anderer
Führungskräfte nicht aus. Im Gegenzug müsse der Autokrat zum Ende seiner Amtszeit Ende März
2008 zurücktreten. Simbabwes Sicherheitskreise müssen politische Reformen sowie freie und faire
Wahlen ermöglichen.
Das dürfte auch der Prüfstein für die Wirksamkeit der jüngsten Verfassungsänderung sein. Noch
bleiben zu viele Fragen offen, noch scheint die Position Mugabes – auch angesichts einer
geschwächten Opposition – nicht unmittelbar gefährdet.
* Aus: Neues Deutschland, 24. September 2007
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