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Simbabwes neue "indigene Ökonomie"

Ausländische Unternehmen müssen laut Gesetz Anteilsmehrheit an schwarze Einheimische abgeben

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Neuerliche Indigenisierungspläne des Präsidenten Simbabwes stoßen bei Unternehmen auf Ablehnung.

In Simbabwe läuft die Frist für ausländische Unternehmen mit mehr als 500 000 US-Dollar Nettowert ab, die Anteilsmehrheit in einheimische Hände zu übergeben. 50 Bergbauunternehmen, so meldete die regierungsnahe Zeitung »Herald«, hätten bislang keine Pläne für die Übergabe an indigene Simbabwer bei der Regierung eingereicht. Ihnen droht nun der Entzug der Förderlizenzen.

Als »indigen« definiert die Regierung Personen, die unter dem Kolonialregime rassistisch diskriminiert wurden, aber auch deren Kinder. De facto zählen damit alle schwarzen Simbabwer zu diesem Personenkreis. Langzeitpräsident Robert Mugabe will mit dem Gesetz, das seine Partei ZANU-PF schon 2007 auf den Weg gebracht hatte, bei den Wahlen im nächsten Jahr punkten. Wie schon bei der Enteignung weißer Farmer will er demonstrieren, dass er es ernst meint mit dem Bruch mit der kolonialen Vergangenheit.

In der Praxis heißt Indigenisierung aber nicht selten Eigentumsübertragung an Unternehmen, die der Regierung genehmer sind. So verkaufte man erst kürzlich 54 Prozent der Anteile am staatlichen Stahlhersteller ZISCO an ein indisches Unternehmen auf Mauritius. Die »Flexibilität« in der Auslegung der Indigenisierung, die die Regierung auch öffentlich betont, kommt offenbar auch chinesischen Unternehmen zugute. China ist nach dem Ende des libyschen Machthabers Gaddafi einer der letzten Verbündeten Mugabes. Wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Wahlen 2008 unterliegt Mugabe EU-Sanktionen.

Südafrikanischen und multinationalen Unternehmen wie Barclays, Rio Tinto und Nestle drohen harte Maßnahmen, so der zuständige Minister Saviour Kasukuwere, sollten sie die Unternehmensmehrheit nicht abgeben. Die Partei von Premierminister Morgan Tsvangirai, MDC, wiegelt jedoch ab: Enteignung drohe nicht. Tsvangirai selbst hatte die Pläne ursprünglich abgelehnt, änderte aber später seine Haltung. Das enttäuschte viele Unternehmen, die Tsvangirai unterstützen. Dennoch setzen Bergbaufirmen, die besonders von den Plänen Mugabes betroffen sind, weiter darauf, dass die MDC nächstes Jahr die Wahlen gewinnen wird und die Indigenisierung dann kippt.

Bergbauprodukte machen zwei Drittel der Exporte des wirtschaftlich ruinierten Landes aus, dessen Arbeitslosigkeit mehr als 50 Prozent beträgt. Sollte die Indigenisierung voranschreiten, werden sich viele Unternehmen aus Simbabwe zurückziehen. Denn viele der neuen indigenen Eigner können kein eigenes Kapital aufbringen. Die Alteigentümer müssen daher weiter das gesamte Kapital zur Verfügung stellen, während sie nur noch eine Minderheit der Anteile halten.

* Aus: neues deutschland, 7. Oktober 2011


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