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Simbabwe - Republic of Zimbabwe

Geschichte, Wirtschaft, Politik

Simbabwe (engl. Zimbabwe) liegt im südlichen Afrika. Es ist ein Binnenland und wird umgeben von Südafrika im Süden, Botswana im Westen, Sambia im Nordwesten und Norden und von Mocambique im Osten.
Simbabwe ist mit 390.580 qkm etwa so groß wie Deutschland und Dänemark zusammengenommen, hat aber nur rund 12 Millionen Einwohner (1998: 11,7 Mio).
Hauptstadt: Harare (ca. 900.000 EW)

Geschichte

1889 begann die Eroberung des Landes zwischen dem Fluss Limpopo im Süden und dem Strom Sambesi im Norden durch britische Truppen und Siedler im Auftrag der British South Africa Company unter Führung von Cecil Rhodes. Rhodes hatte dem Ndebele-König Lobengula in einem auf fragwürdige Weise zustande gekommenen Kaufvertrag die Exklusivrechte zum Abbau der Bodenschätze abgeluchst. 1891 erklärte die britische Regierung das Gebiet (Südrhodesien) zum britischen Protektorat. Der afrikanische Widerstand in den Jahren 1892 bis 1903 wurde blutig unterdrückt. 1904 war das gesamte Gebiet unter britischer Kontrolle. 1923 wurde Südrhodesien britische Kronkolonie mit voller Selbstverwaltung in inneren Angelegenheitn. Wahlrecht besaßen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nur die weißen Siedler; die Regierung wurde ausschließlich von Weißen gestellt. 1930 begann die Regierung das Land in weiße und schwarze Siedlungsgebiete aufzuteilen - eine Rassenpolitik ŕ la Südafrika also.

1953 bis 1963 haben sich die Staaten Südrhodesien, Nordrhodesien (Sambia) und Njassaland (Malawi) zur "Zentralafrikanischen Föderation" zusammengeschlossen. Dieser Bund zerbrach aber durch den Widerstand afrikanischer Nationalisten aus Sambia und Malawi, die 1964 die Unabhängigkeit erreichten. Auch das weiße Regime in Südrhodesien bestand auf staatlicher Unabhängigkeit von Großbritannien. Die wollte die Regierung in London aber nur gewähren, wenn das Regime in Salisbury (so hieß die damalige Hauptstadt) die Rassentrennung aufgab und die Macht an eine schwarze Mehrheitsregierung abgeben würde. Die rechtsradikale Rhodesian Front unter Führung von Ian Smith antwortete auf diesen "Verrat" des Mutterlands mit einer einseitigen, völkerrechtswidrigen Unabhängigkeitserklärung. Die darauf von Großbritannien (das auf militärische Maßnahmen verzichtete) und den Vereinten Nationen (1966) verhängten Wirtschaftssanktionen blieben genauso wirkungslos wie verschiedene diplomatische Bemühungen.

Aussichtsreicher entwickelte sich dagegen der schwarze Befreiungskampf, der seit Beginn der 70er Jahre einsetzte und 1979 das weiße Rassistenregime zu Verhandlungen zwang (Londoner Rhodesienkonferenz). Die bedeutendsten Guerillaorganisationen waren die ZAPU (die die Unterstützung der UdSSR hatte) und die ZANU (zeitweise unterstützt von der VR China), die beide in der Patriotischen Front (PF) zusammengeschlossen waren. Daneben gab es noch eine staatlich zugelassene Opposition, den gemäßigten UANC (United African National Congress), der unter Leitung von Bischof Muzorewa in direkten Verhandlungen mit Smith 1978 eine Vereinbarung erzielte, wonach der schwarzen Bevölkerung eine Mehrheit der Parlamentssitze eingeräumt werden sollte (72 von 100). Muzorewa wurde nach der Abhaltung von zweifelhaften Wahlen, bei denen sein UANC 51 Sitze errang, 1979 erster schwarzer Premierminister des Landes, das sich nunmehr Simbabwe-Rhodesien nannte. Diese "Lösung" wurde aber weder von Großbritannien noch von der Befreiungsbewegung anerkannt. Noch im selben Jahr wurde auf der Londoner Rhodesienkonferenz zwischen allen beteiligten Parteien vereinbart ("Lancaster-House-Abkommen"):
  • die vorübergehende Rückkehr Rhodesiens unter britische Herrschaft,
  • ein Waffenstillstand (unter Aufsicht von Commonwealth-Beobachtern),
  • die Abhaltung von Wahlen und
  • eine neue Verfassung.
Die Wahlen im Februar 1980 sprachen eine klare Sprache:
Alle den Weißen reservierten Sitze (20) gingen an die rechtsradikale RF. Von den 80 "schwarzen" Sitzen erhielten ZANU (57) und ZAPU (20) insgesamt 77 Sitze, während der UANC lediglich 3 Sitze erringen konnte. Daraufhin "entließ" Großbritannien am 18. April 1980 das Land - jetzt unter dem Namen Simbabwe - in die Unabhängigkeit. Ministerpräsident wurde Robert Mugabe (ZANU). ZANU und ZAPU (unter Führung von Joshua Nkomo) schlossen sich in den nächsten Jahren zusammen und versprachen dem Land eine sozialistische Entwicklung. In der Relität schonten sie aber die Wirtschaften der weißen Farmer und die Investoren aus den Industriestaaten. Der lange Befreiungskrieg hatte über 30.000 Menschen das Leben gekostet.

Das Erbe der Vergangenheit: Die ungleiche Landverteilung

Die British South Africa Company hatten schon früh begonnen, die besten Ländereien weißen Siedlern zu geben. Das Land wurde in "europäische" und "afrikanische" Gebiete aufgeteilt ("Tribal Trust Land-TTL"). Die weißen Siedler eigneten sich über die Hälfte des wertvollsten Agrarbodens an, während die Schwarzen in landwirtschaftlich minderwertigen Reservaten zusammengepfercht wurden. Auf diesen Böden war nicht einmal die reine Subsistenz möglich, sodass die Schwarzen gezwungen waren, Lohnarbeit für die weißen Siedler zu verrichten. 1930 wurde die soziale Ungleichheit durch das Gesetz über die Landverteilung (Land Apportionment Act, 1969 bestätigt im Land Tenure Act) gesetzlich festgeschrieben. Kurz vor der Unbhängigkeit (1980) besaßen 6,9 Millionen Schwarze genauso viel Land, wie 0,26 Millionen Weiße.

Das Schlimme daran ist, dass sich an diesen Zuständen bis heute nur sehr wenig geändert hat. Zu vorsichtig und zurückhaltend war die Umverteilungspolitik der Regierung Mugabe. Allerdings: Das Lancaster-House-Abkommen (1979) hatte ausdrücklich geregelt, dass keine weißen Farmen verstaatlicht werden dürfen. Sämtliches Ödland liegt heute noch in den ehemaligen TTLs (heute: Communal Lands) der Schwarzen; 98 Prozent des intensiv nutzbaren Bodens im "europäischen" Gebiet (Commercial Lands).

1986 war die Lage etwa so:
"1986 lebten vier Mio. Schwarze in den ehem. TTLs (16,3 Mio. ha) und 0,4 Mio. Weiße auf 14,8 Mio. ha Commercial Land. In der ´weißen´ Landw. erreicht das BIP pro Kopf ca. 850 US-$, in der ´schwarzen´ Landw. 120 US-$. Während die communal farmer i.d.R. nicht den staatlichen Mindestlohn von ca. 100 DM (bei Lebenshaltungskosten des BRD-Niveaus) erreichen, ist die Mehrzahl der 4.500 weißen Großfarmer Dollarmillionär." (Nohlen 1993, S. 750). So wundert es nicht, dass Mugabes Agrarpolitik Ende der 80er Jahre von den weißen Farmern als "Glücksfall dieser Welt" gelobt wurde.

In den 90er Jahren wuchsen die sozialen Spannungen im Land. Zu gewaltsamen Unruhen kam es 1998 nach der Erhöhung von Lebensmittelpreisen. Erstmals nach der Unabhängigkeit musste die Regierung zur Bekämpfung des Aufstands Truppen einsetzen. Für mehrere Monate wurde die Universität in Harare, das Zentrum der Unruhen, geschlossen. Präsident Mugabe beschuldigte die weißen Siedler, hinter den Unruhen zu stecken. Er kündigte Enteignungen von weißen Großfarmen an. Wirtschaft

Der Agrarsektor trägt etwa 14 Prozent zum BIP das Landes bei (1989). 69 Prozent der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, überwiegend mit Subsistenzwirtschaft. Die wichtigsten Anbauprodukte sind der Mais, Weizen, Hirse, Sorghum und Sojabohnen. Exportartikel sind Tabak, Zuckerrohr, Baumwolle, Kaffee, Tee und Zitrusfrüchte. Für den Export sorgen vor allem die 4.000 weißen Großfarmer und rund 60.000 afrikanische Farmer.

Von größerer wirtschaftlicher Bedeutung ist der Bergbau (Gold, Chromerz, Steinkohle, Nickel, Kupfer, Kobalt und Silbererz). Der Bergbau wird zu 95 Prozent von ausländischem Kapital (britisch und südafrikanisch) kontrolliert.

Zu 70 Prozent trifft dies auch auf die Industrie zu. Der stark diversifizierte Industriesektor trägt (einschließlich des Bergbaus) zu 40 Prozent zum BIP bei. Die wichtigsten Branchen sind: Metallerzeugende und -verarbeitende Industrie (Eisen und Stahl, Chromhütten, Nickel- und Kupferraffinerie), das Nahrungsmittelgewerbe (z.B. Zuckerfabriken) sowie die chemische und die Txtilindustrie.

Außenwirtschaftsbeziehungen bestehen vor allem zur Republik Südafrika, Großbritannien, Deutschland, USA und Botswana. Rund ein Viertel der Exporterlöse werden für den Schuldendienst verwendet.

Bevölkerung

Mehr als 95 Prozent der Bevölkerung gehören zu den Bantu-Völkern, wobei rund 70 Prozent zu den Shona und 16 Prozent zu den Ndebele gehören. 2 Prozent sind Weiße, der Rest Asiaten, Mischlinge oder andere afrikanische Völker. Die Shona leben vor allem in den nördlichen und zentralen Landesteilen, die Ndebele im Südwesten. Zwischen beiden Völkern gibt es traditionell Konflikte. Sie spiegelten sich zeitweise in den beiden Befreiungsorganisationen wider: ZANU bestand v.a. aus Shona, ZAPU vorwiegend aus Ndebele. Vor der Vereinigung der beiden Organisationen (1987: ZANU-PF=Zimbabwe African National Union - Patriotic Front) kam es - Anfang der 80er Jahre - sogar zu gelegentlichen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ihnen.

Quellen:
Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 20, 1993
Dieter Nohlen, Lexikon Dritte Welt, 1993 >BR>
Brockhaus Jahrbücher (verschiedene Jahrgänge)
P. Strutynski



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