Firmen verlassen Simbabwe
Unternehmen rüsten sich aber schon für die Zeit nach Mugabe
Von Thomas Nitz *
Zahlreiche internationale Unternehmen ziehen sich aus Simbabwe zurück und erhöhen den
wirtschaftlichen Druck auf das Regime, während Investoren bereits für die Zeit nach Mugabe in den
Startlöchern stehen.
Die wirtschaftliche Talfahrt Simbabwes dürfte sich beschleunigen. Zahlreiche internationale
Unternehmen beugen sich dem Druck von Politik und Menschenrechtsorganisation und ziehen sich
aus dem Land zurück. Zwar wollen die Außenminister der EU erst am 22. Juli über
Wirtschaftssanktionen entscheiden, viele Unternehmen fürchten jedoch um ihr Image, wenn sie
weiter mit dem Krisenstaat Geschäfte machen.
So reagierte vergangene Woche der Banknotenhersteller Giesecke & Devrient auf öffentliche
Proteste und den Druck der Bundesregierung und stoppte seine Lieferungen nach Simbabwe. Das
Münchner Unternehmen belieferte zuvor 40 Jahre lang die Zentralbank in Harare mit
Banknotenpapier. Für Giesecke & Devrient ein lukratives Geschäft. Für Mugabe eines der
wichtigsten Machtinstrumente. Ohne den Nachschub von Banknoten wird es für den Despoten
schwieriger, seine Schläger zu bezahlen.
Aber auch wirtschaftliche Gründe zwingen viele Unternehmen dazu, ihre Investitionspläne
zurückzuziehen oder Simbabwe gänzlich den Rücken zu kehren: zunehmende Rechtsunsicherheit,
Gewalt, Massenflucht auch von Fachkräften, Inhaftierung von Mitarbeitern, Preiskontrolle,
Enteignungen, tägliche Stromausfälle, Mangel an Devisen und nicht zuletzt eine außer Kontrolle
geratene Inflation. Kurz, die Produktion in Simbabwe wird immer weniger rentabel und muss von
einigen Unternehmen sogar subventioniert werden.
Auch der nicht für moralische Feinsinnigkeit bekannte Ölmulti Shell erwägt, sich aus Simbabwe
zurückziehen. Shell ist an einem vom Konkurrenten BP betriebenen Joint Venture beteiligt und
beliefert 74 Tankstellen in dem Land.
Deutsche Unternehmen und Finanzdienstleister waren in Simbabwe sehr präsent. So stand die
Kreditanstalt für Wiederaufbau wegen der Kreditvergabe an marode Staatsbetriebe mehrfach in der
Kritik. Der Automatisierungstechniker ABB Mannheim baute am Flughafen in Harare ein neues
Terminal. Die Essener MAN Ferrostaal AG modernisierte ein Stahlwerk. Siemens war am Ausbau
des staatlichen Mobilfunknetzes beteiligt und schloss gerade erst seine Niederlassung in Harare.
Heute ist nur noch ein knappes Dutzend deutscher Unternehmen in Simbabwe aktiv. Eines dieser
Unternehmen ist die Graphit Kropfmühl AG. Seit über 30 Jahren fördert die niederbayrische Firma in
einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem Bergbauministerium Graphit. Momentan zwar mit
Verlusten, hofft das Unternehmen aber auf einen baldigen politischen Wandel. Denn obgleich die
Zukunft des Landes ungewiss ist, rüsten sich ausländische Investoren auch schon für die Zeit nach
Mugabe. Graphit Kropfmühl möchte da nicht hinten anstehen.
So sind Sanktionen und Rückzug nicht unumstritten. Der englisch-niederländische
Lebensmittelhersteller Unilever, der in einer Fabrik nahe Harare 300 Menschen beschäftigt,
argumentiert, dass eine Schließung der Fabrik lediglich die Mitarbeiter und deren Familien treffe, an
der politischen Situation hingegen nichts ändere. Auch der britisch-südafrikanische Bergbauriese
Anglo-American rechtfertigt sein Engagement in Simbabwe mit seiner Verpflichtung gegenüber den
mehr als 650 Angestellten. Trotz weltweiter Proteste plant der Konzern, 400 Millionen US-Dollar in
den Ausbau einer Platinmine zu investieren. Für die Befürworter von Wirtschaftssanktionen profitiert
lediglich die politische Elite in Simbabwe von dem ausländischen Geld. Doch ob sich die EU für oder
gegen Wirtschaftssanktionen ausspricht, Investoren aus China, Russland und Südafrika dürfte das
wenig interessieren.
Beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aber scheiterte vergangenen Freitag ein von den USA
und Großbritannien vorgelegter Resolutionsentwurf, der Reiseverbote und das Einfrieren der
Vermögen von 14 führenden Mitgliedern des Mugabe-Regimes sowie ein Waffenembargo vorsah.
Die Veto-Mächte China und Russland hatten dies abgelehnt.
* Aus: Neues Deutschland, 15. Juli 2008
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