Simbabwe unter EU-Beobachtung
Südafrikas Präsident Mbeki verbreitet Zuversicht: Politische Krise im Nachbarland lösbar
Von Georg Krase *
Während man sich in Europa darauf einstellen muss, dass auch Simbabwes autokratischer
Präsident Robert Mugabe zum EU-Afrika-Gipfel im Dezember nach Lissabon kommt, werden in
Simbabwe hinter den Kulissen Gespräche zwischen Regierung und Opposition fortgesetzt.
Vor zehn Jahren stürzte der Kurs des Simbabwe-Dollars um 72 Prozent, ein Börseneinbruch um 46
Prozent folgte. An jenem »schwarzen Freitag« im November 1997 begann der Niedergang der
simbabwischen Wirtschaft. Präsident Robert Mugabe hatte an 50 000 Veteranen des
Befreiungskampfes umgerechnet je 1315 US-Dollar Entschädigung auszahlen lassen – und damit
den Kurssturz ausgelöst. Bald folgten Landbesetzungen und die willkürliche Enteignung weißer
Farmer. 4500 dieser Farmer verfügten im kolonialen Rhodesien über die Hälfte des Farmlandes. 400
von ihnen sind heute noch auf »ihrem« Grund und Boden. Auch der vor wenigen Tagen verstorbene
ehemalige Rassistenchef Ian Smith besaß eine solche Farm.
Die Enteignungen hatten jedoch wenig mit einer tatsächlichen Landreform zu tun und
beschleunigten den wirtschaftlichen Niedergang, der mit derzeit 7900 Prozent Inflation und 80
Prozent Arbeitslosigkeit seinesgleichen sucht. Simbabwische Farmer niederländischer Nationalität
klagten beim Internationalen Zentrum für Investitionskonflikte gegen ihre Enteignung als Bruch des
Investitionsabkommens Simbabwe – Niederlande. Simbabwes Minister für Ländereien, Didymus
Mutasa, musste vor einem Pariser Gericht den Vertragsbruch eingestehen. Weitere Klagen werden
erwartet. Ein erster Prozess eines weißen Farmers vor dem Tribunal der Südafrikanischen
Entwicklungsgemeinschaft (SADC) in Windhoek wurde auf Dezember vertagt. Andere in Simbabwe
verbliebene weiße Farmer erhoffen sich eine Rückgabe ihrer enteigneten Ländereien von politischen
Veränderungen.
Ähnlich irrational und vor allem politisch motiviert war im Jahre 2005 Mugabes Entscheidung,
Armenviertel der Hauptstadt Harare als »illegale Siedlungen« zu zerstören. Ein Großteil der 700 000
dadurch heimatlos Gewordenen hat bis heute kein Zuhause gefunden. Sehr viele Simbabwer
verließen das Land, besonders Fachleute, darunter Ärzte, Schwestern, Ingenieure und Lehrer.
Erziehungsminister Aeneas Chigwedere forderte jetzt die Nachbarstaaten auf, keine Lehrer aus
Simbabwe mehr aufzunehmen.
Während es im Lande an allem fehlt – vor allem an Nahrungsmitteln und Treibstoff –, versucht der
83-jährige Mugabe Optimismus zu verbreiten. Zur Eröffnung einer mit südkoreanischer Hilfe
erbauten Biodiesel-Raffinerie kündigte er baldige Erfolge der Landreform an. Doch kaum einer der
Experten gibt der Wirtschaft des Landes eine Chance, wenn grundlegende politische
Veränderungen ausbleiben.
Ein Sturz Mugabes erscheint dennoch derzeit unwahrscheinlich. Rücktrittsempfehlungen, wie sie
unter anderen Nelson Mandela und der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan aussprachen,
wies Mugabe stets ab. Die oppositionelle Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) ist
zerstritten, ihre Erfolgsaussichten bei Wahlen sind vage. Hoffnungen richten sich allenfalls auf
Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition, die Südafrikas Präsident Thabo Mbeki im
Auftrag der SADC fördert.
Die Gesprächspartner halten sich jedoch bedeckt. Dem Vernehmen nach soll ein
Verfassungsentwurf vorliegen, der einen Grundrechtskatalog, eine unabhängige Wahlkommission
und Pressefreiheit vorsieht und die Präsidentschaft auf zwei Amtszeiten begrenzt. Strittig sind unter
anderem die Mechanismen zur Inkraftsetzung einer solchen Verfassung. Die Opposition spricht
dennoch von bemerkenswerten Fortschritten. Sie möchte die für März 2008 vorgesehenen Wahlen
auf Juni verschieben und fordert Wahlrecht für die zahlreichen Simbabwer im Ausland, zumindest in
den 13 anderen SADC-Staaten. Thabo Mbeki, der sich am vergangenen Donnerstag in Harare mit
den simbabwischen Kontrahenten traf, zeigte sich zuversichtlich in Bezug auf die Lösbarkeit der
politischen Krise in Simbabwe. Der südafrikanische Präsident drängt auf eine Einigung noch vor
dem EU-Afrika-Gipfel am 8. und 9. Dezember in Lissabon. Das würde Mugabes Teilnahme dort
rechtfertigen.
Ohnehin hat sich die Europäische Union dazu durchgerungen, Mugabe ebenso wie alle anderen
afrikanischen Staatschefs nach Lissabon einzuladen. Eine andere Entscheidung wäre in Afrika nicht
akzeptiert worden. Den Ausschlag für Europas Interesse am Zustandekommen des Gipfels gab wohl
auch Chinas wachsender Einfluss in Afrika. Die EU will jedoch auf dem Gipfel Mugabes
Menschenrechtspolitik kritisieren und entsendet vorher einen Beobachter nach Harare. Vielleicht
kann der sich ein Bild davon machen, wie aussichtsreich die Verhandlungen zwischen Regierung
und Opposition tatsächlich sind.
* Aus Neues Deutschland, 26. November 2007
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