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Wie hältst du's mit Kosovo?

Von neun Kandidaten ist nur einer bereit, die Provinz abzutreten

Von Marko Winter *

Ein Jahr nach den Parlamentswahlen findet am 20. Januar die Wahl des Präsidenten der Republik Serbien statt. Die regierende Koalition hat sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können – denn man ist sich angesichts des Kosovo-Problems nicht über das Verhältnis zur EU einig.

Vier Parteien bilden Serbiens Regierung: die Demokratische Partei (DS) unter Präsident Boris Tadic, die Demokratische Partei Serbiens (DSS) unter Regierungschef Vojislav Kostunica, die mit der DSS verbündete Partei Neues Serbien (NS) und die wirtschaftsliberale G17 Plus. Zwar müht sich die Koalition um ein einheitliches Erscheinungsbild, doch die Positionen ihrer Vertreter sind oft grundverschieden. Einig scheint man sich nur in der Ablehnung der Unabhängigkeit Kosovos zu sein.

Boris Tadic vertritt allerdings den Standpunkt, Kosovos künftiger Status und das Verhältnis Serbiens zur EU seien zwei voneinander unabhängige Probleme. Auch wenn die EU – wie abzusehen – eine einseitige Unabhängigkeitserklärung Kosovos unterstützt, soll Serbien sich mit der Union assoziieren. Ministerpräsident Kostunica dagegen meint, das Land dürfe eine mögliche EU-Mitgliedschaft nicht mit der Preisgabe Kosovos bezahlen. Während die DSS deshalb eine Verschiebung der Präsidentenwahl befürwortete, drängten Washington und Brüssel darauf, diese Wahlen vor einer Entscheidung über die Unabhängigkeit Kosovos abzuhalten. Anderenfalls befürchtete man einen Sieg des Nationalisten Tomislav Nikolic von der Serbischen Radikalen Partei (SRS).

In Belgrad wird gemunkelt, die EU habe Tadic ursprünglich versprochen, das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien vor dem mit Sicherheit erforderlichen zweiten Wahlgang zu unterzeichnen, wenn die Wahlen zum 20. Januar ausgeschrieben würden. Selbst die Forderung nach Auslieferung der als mutmaßliche Kriegsverbrecher gesuchten bosnischen Serben Ratko Mladic und Radovan Karadzic nach Den Haag wurde vorerst zurückgestellt, um Tadics Aussichten auf einen Sieg bei der Stichwahl zu verbessern.

So schrieb der Parlamentsvorsitzende Oliver Dulic (DS) die Präsidentenwahl im Dezember ohne Abstimmung mit den Koalitionspartnern für den »Wunschtermin« aus – und löste damit eine Regierungskrise aus. DSS und NS waren daraufhin nicht mehr bereit, Tadic im ersten Wahlgang zu unterstützen. NS-Chef Velimir Ilic tritt stattdessen selbst an.

Insgesamt stehen neun Kandidaten zur Wahl. Neben Tadic, Nikolic und Ilic sind das Milutin Mrkonjic für die Sozialistische Partei (SPS), Cedomir Jovanovic für die Liberaldemokraten (LDP), Milanka Karic für die Serbische Kraft (SS), Istvan Pastor (Ungarische Koalition), Marijan Risticevic (Bauernpartei) und der Lokalpolitiker Jugoslav Dobricanin aus Nis. Als sicher gilt, dass niemand in der ersten Runde die absolute Mehrheit erreicht, so dass die Entscheidung erst am 3. Februar in einer Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten fallen wird. Und das werden – alles andere wäre eine Sensation – Tomislav Nikolic und Boris Tadic sein. Da Nikolic sich angesichts der Besetzung Kosovos durch die NATO für einen russischen Stützpunkt in Serbien ausgesprochen hat, wird dieses Duell vielfach zu einer Wahl zwischen »prowestlichem« und »prorussischen« Kurs erklärt.

In Umfragen kamen Nikolic auf 21 und Tadic auf 19 Prozent. Karic, Jovanovic und Mrkonjic werden jeweils fünf bis sechs Prozent vorausgesagt. Die Frage bleibt, wer wen im zweiten Wahlgang unterstützen wird. Wahrscheinlich wird ein bedeutender Teil der Anhängerschaft von NS und DSS für Nikolic stimmen. Der kurze Wahlkampf verlief relativ ruhig. Präsident Tadic polemisiert gegen Kostunicas Alternative »Kosovo oder EU« und verlangt »Kosovo und EU«, gibt aber der EU-Anbindung deutlich den Vorrang. Ohne eine ökonomische Stärkung – die er sich von der EU erhofft – könne Serbien auch Kosovo nicht helfen. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass sich 70 Prozent der Bevölkerung in Umfragen für eine Mitgliedschaft in der EU aussprechen. Fast ebenso viele betonen jedoch, dass Kosovo nicht der Preis dafür sein könne.

Tomislav Nikolic und die SRS enthielten sich diesmal auffällig der üblichen ultranationalistischen Parolen und widmeten sich stattdessen sozialen Problemen. Entgegen bisherigem Brauch wurde der in Den Haag vor dem Jugoslawien-Tribunal stehende Parteichef Vojislav Seselj nicht ins Feld der Wahlpropaganda geführt. Für Nikolic hat die Bewahrung der territorialen Ganzheit Serbiens zwar absolute Priorität, doch auch er verzichtete auf die Androhung von kriegerischen Mitteln gegen die abtrünnigen Kosovo-Albaner.

Als einziger Kandidat will der Chef der Liberaldemokratischen Partei (LDP), Cedomir Jovanovic, die Abspaltung Kosovos klaglos akzeptieren. Jovanovic, einst Stellvertreter des 2003 ermordeten Regierungschefs Zoran Djindjic, verlor dadurch seinen bisher engsten Verbündeten Nenad Canak, Chef der Liga der Sozialdemokraten der Vojvodina, der nun Tadic unterstützt. Ob der bisherige Amtsinhaber aber am 3. Februar wieder Präsident wird, hängt weitgehend von der DSS und Regierungschef Vojislav Kostunica ab.

* Aus: Neues Deutschland, 19. Januar 2008

Putin: Weiter über Kosovo verhandeln

Zwei Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Serbien hat der russische Präsident Wladimir Putin mit drastischen Worten seine Ablehnung einer Unabhängigkeit des Kosovo bekräftigt. Eine einseitige Unabhängigkeitserklärung der südserbischen Provinz sei ebenso wie die Unterstützung anderer Länder für das Vorhaben »illegal und unmoralisch«, sagte Putin am Freitag in Sofia. Rußland steht fest an der Seite seines Verbündeten Serbien, das eine Unabhängigkeit der mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz verhindern will. »Rußland kann solch eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht akzeptieren«, betonte Putin. Über das Kosovo-Problem müsse es weitere Verhandlungen geben, forderte der russische Präsident. Es müsse eine Lösung gefunden werden, die für beide Seiten annehmbar sei.
(AFP/jW, 19. Januar 2008)

Kopf-an-Kopf-Rennen bei Wahl in Serbien erwartet

In Serbien ist die erste Runde der Präsidentschaftswahl angelaufen, der große Bedeutung für die künftige Politik des Landes gegenüber der EU beigemessen wird. Amtsinhaber Boris Tadic und sein stärkster Rivale Tomislav Nikolic gelten laut Umfragen unter den neun Bewerbern als aussichtsreichste Kandidaten für einen Sieg. Da jedoch eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang für einen Kandidaten als unwahrscheinlich galt, wird mit einer Stichwahl am 3. Februar gerechnet. Die Wahllokale sollen um 20.00 Uhr MEZ schließen. Das offizielle Endergebnis sollte am Donnerstag bekannt gegeben werden.

Die Wahl gilt als eine Entscheidung zwischen einer europäischen und russischen Zukunft des Balkanstaats. Amtsinhaber Tadic von der Demokratischen Partei (DS) sagte nach seiner Stimmabgabe, Serbien bleibe auf dem europäischen Weg, weil dies die "Zukunft des Landes und insbesondere der jungen Generation" sei. Der Ultranationalist Nikolic von der Serbischen Radikalen Partei (SRS) betonte hingegen die Bedeutung der Beziehungen zu Moskau.

Rund 6,7 Millionen Serben sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Bis zum Mittag gab rund jeder Fünfte seine Stimme ab, wie die Nachrichtenagentur Beta News unter Berufung auf das Zentrum für Freie Wahlen und Demokratie (CESID) berichtete. Sollte wie erwartet kein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinen, bestimmen die Serben in einer Stichwahl am 3. Februar ihren neuen Präsidenten.

Als entscheidend gilt dann, wer den Rückhalt des konservativen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica bekommt. Dieser unterstützte im ersten Wahlgang trotz seiner Koalition mit Tadics DS den ebenfalls in der Regierung vertretenen Infrastrukturminister Velimir Ilic von der Partei Neues Serbien (NS). Tadic und Nikolic standen sich bereits bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2004 in einer Stichwahl gegenüber.

Der Ministerpräsident des Kosovo, Hashim Thaci, sagte, die Wahl in Serbien werde keinen Einfluss auf die Zukunft der serbischen Provinz haben. "Wir verfolgen unseren Weg", erklärte er. Noch für das Frühjahr wird mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung der unter UN-Verwaltung stehenden, völkerrechtlich zu Serbien gehörenden Provinz gerechnet.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Tanjug waren in den von Serben bewohnten Enklaven im Kosovo 277 Wahllokale geöffnet. Von der mehrheitlich albanischen Bevölkerung werden jedoch seit mehr als einem Jahrzehnt jegliche Wahlen in Serbien boykottiert.

Nachrichtenagentur AFP, 20. Januar 2008




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