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Kosovo erhält "volle Souveränität"

Entscheidung des Internationalen Lenkungsrats trotz Kritik Serbiens *

Gut viereinhalb Jahre nach seiner Unabhängigkeit soll Kosovo im September seine »volle Souveränität« erlangen. Das entschied der internationale Lenkungsrat am Montag in Wien.

Kosovo hat seine volle Souveränität als jüngster Staat in Europa erhalten. Das haben die Mehrheit der EU-Staaten sowie die Türkei und die USA am Montag in Wien beschlossen. »Der 2. Juli ist ein historisches Datum für Kosovo«, erklärte Kosovos Regierungschef Hashim Thaci. »Für mein Land wird ein neues Kapitel aufgeschlagen, es beginnt eine neue Ära.« Fernziel seiner Regierung sei der Beitritt Kosovos zur EU und zur NATO.

»Die beaufsichtigte Unabhängigkeit Kosovos endet heute«, erläuterte Österreichs Außenminister Michael Spindelegger als Gastgeber den Beschluss. Vor viereinhalb Jahren hatte Kosovo, bis dahin offiziell serbische Provinz, nur eine eingeschränkte völkerrechtliche Souveränität erhalten. Das Ausland konnte über den Kosovo-Beauftragten jederzeit Gesetze und Entscheidungen der Regierung korrigieren. Diese Einschränkung entfällt jetzt mit dem Beschluss der 25 Staaten in Wien.

Serbien hat den Beschluss zum teilweisen Rückzug des Auslandes aus Kosovo heftig kritisiert. Belgrad befürchtet, dass seine Landsleute dort als Minderheit der albanischen Mehrheit ausgeliefert sind. Obwohl die Serben nach erzwungener Flucht und Vertreibung Tausender Familien nur noch weniger als zehn Prozent aller registrierten 2,1 Millionen Einwohner Kosovos stellen, bilden sie im Norden des Landes eine kompakte Mehrheit. Dort hatte die Kosovo-Regierung bisher nichts zu sagen. Nach der jetzt erhaltenen vollen Selbstständigkeit werde seine Regierung auch die Serben im Norden in die Institutionen seines Landes integrieren, kündigte Thaci an.

Der Kosovo-Beauftragte Pieter Feith teilte nach der Konferenz mit, seine Behörde werde ihre Tätigkeit in Kosovo einstellen. »Unser Mandat endet jetzt«, sagte Feith. »Wir haben der Regierung und dem Parlament grünes Licht gegeben, die letzten Verfassungsergänzungen vorzunehmen«, um die volle Unabhängigkeit sicherzustellen, sagte Feith weiter. Trotz Schließung seiner Behörden bleiben aber weiter Experten als Ratgeber der albanisch geführten Kosovo-Regierung im Lande. Außerdem werde die von der NATO geführte KFOR weiter in ganz Kosovo für Sicherheit sorgen. Die EU-Rechtsstaatsmission soll ebenfalls beim weiteren Aufbau eines Justiz-, Polizei- und Zollsystems helfen. Am 10. September soll der neue internationale Status Kosovos mit Politikern aus dem Ausland gefeiert werden.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 3. Juli 2012


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