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Unabhängigkeit für den Kosovo?

Aspekte einer linken Positionierung

Von John Neelsen *

Zusammenfassung:
Der zukünftige Status des Kosovo kann nach Völkerrecht generell, der Resolution 1244 des UN Sicherheitsrats speziell nur im Einvernehmen mit der Zentralregierung in Belgrad geregelt werden. Jede einseitige Unabhängigkeitserklärung seitens Pristinas ist ebenso wie deren Anerkennung durch die BRD bzw. die EU abzulehnen, da sie die fundamentalen Prinzipien des Völkerrechts, nationale Souveränität und territoriale Integrität der Staaten, untergräbt. Sie würde darüber hinaus weder mehr regionale Sicherheit schaffen, noch dem Kosovo eine eigenständige wirtschaftlich-soziale Entwicklungsperspektive bieten. Sie würde, im Gegenteil, noch nachträglich die neokolonialistische Aggressionspolitik von NATO und EU gegen die Bundesrepublik Jugoslawien von 1999 legitimieren und auf absehbare Zukunft eine europäische Kolonie auf dem Balkan errichten.

1. Problemhorizont

Nach der mehrwöchigen NATO Bombardierung in Rest-Jugoslawien im Jahre 1999 wegen Menschenrechtsverletzungen im Kosovo wurde diese Provinz des Bundeslandes Serbien nach einem Beschluss des UN Sicherheitsrats bis auf weiteres in ein UN Protektorat umgewandelt. Seitdem steht die Provinz unter Leitung eines von der UN eingesetzten Administrators im Verein mit einer mehrere tausend Soldaten umfassenden Schutztruppe (KFOR) sowie weiteren internationalen, aus UN/EU und OSZE bestehenden, Kontingenten zum Aufbau des Landes.

Ein vom UN Generalsekretär 2005 berufener Sonderbeauftragter, der ehemalige Präsident Finnlands, Ahtisaari, hatte nach mehrmonatigen vergeblichen Verhandlungen zwischen der Regierung in Belgrad und den Albaner Parteien im Kosovo über den zukünftigen Status der Provinz im März 2007 dem UN Generalsekretär bzw. dem Sicherheitsrat einen eigenen Vorschlag unterbreitet, der nach einer Übergangsfrist die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo vorsieht. Dieser Plan ist von Anfang an im Sicherheitsrat auf vehemente Kritik vor allem Russlands gestoßen. Zur weiteren Erörterung wurde deshalb im Sommer zunächst eine 6-er ‚Kontaktgruppe’ mandatiert, aus der wiederum eine kleinere ‚Troika’ mit einem Vertreter der EU, der USA und Russlands gebildet wurde mit dem Ziel, mögliche Spielräume, inklusive solcher zwischen den beiden unmittelbar betroffenen Konfliktparteien, auszuloten.

Am 10.Dezember ist der Stichtag, an dem die Troika bzw. Kontakt-Gruppe dem Generalsekretär der UNO einen Bericht über das Ergebnis ihrer Gespräche vorlegen wird. Wie jedoch schon die wenigen Gesprächsrunden zeigen, handelt es sich um keine neuen Verhandlungen, sondern Erörterungen um Modalitäten der endgültigen Umsetzung des Ahtisaari Planes, d.h. die längerfristige Unabhängigkeit des Kosovo.

Nach bisherigem Stand sind die Positionen Belgrads, das auf der weiteren Zugehörigkeit des Kosovo als Provinz Serbiens besteht, aber zu einer weitgehenden Autonomieregelung bereit ist, und Pristinas, das die Unabhängigkeit fordert, unvereinbar. Sollte es zu keiner Einigung im Sicherheitsrat kommen, hat die Regierung in Pristina bereits ihre Absicht, einseitig ihre Unabhängigkeit zu erklären, erkennen lassen. Es ist bekannt, dass die USA sowie die Mehrheit der EU Länder eine solche einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nach dem 10.12.07 unterstützen und eine unmittelbar anschließende völkerrechtliche Anerkennung beabsichtigen. Die Argumente der Gegner einer solchen Anerkennung sind politischer und völkerrechtlicher Natur. So befürchten Vielvölkerstaaten wie Spanien, Griechenland oder Zypern den Vorbildcharakter einer solchen Anerkennung auf ihre eigenen, nach mehr Autonomie strebenden Völker und Minderheiten. Andere wie Rumänien, Mazedonien oder Bulgarien fürchten die nationalistische Sogwirkung einer solchen Unabhängigkeit bei den eigenen albanischen Minoritäten und die daraus resultierende soziale bzw. politische Destabilisierung ihrer Gesellschaften. Andere UN Mitglieder, deren Sprachrohr Russland ist, widersetzen sich grundsätzlich einer vom Sicherheitsrat oktroyierten Unabhängigkeit als Verstoß gegen die völkerrechtlichen Grundprinzipien der Souveränität und territorialen Integrität eines Landes. Die Befürworter aus den USA und der EU verneinen demgegenüber den Präzedenzfall und behaupten stattdessen die absolute Singularität des Kosovo.

2. Zum Selbsbestimmungsrecht der Völker

Richtig ist, dass das Kosovo seit Jahrhunderten einen integralen Bestandteil Serbiens mit wechselnder interner Autonomie bildet. Richtig ist auch, dass die mehrheitlich aus Albanern bestehende Bevölkerung im Vergleich zu den anderen Regionen und Bundesstaaten Jugoslawiens weniger entwickelt war und einen viel geringeren Lebensstandard aufwies.[1]
  • Richtig ist auch, dass der mit friedlichen Mitteln, inklusive Nichtkooperation, geführte Kampf der Kosovo Albaner unter Rugova für mehr Gleichstellung und politische Partizipation in den 80er Jahren international völlig ignoriert wurde. Erst die Forderung nach Unabhängigkeit begleitet vom Vordringen militanter Organisationen und der wachsende Einsatz militärischer Mittel gefolgt von stärkerer zentralstaatlicher Repression sowie internen und externen Flüchtlingsbewegungen, auch nach Westeuropa, führten zu internationalen Reaktionen.
  • Eine gerechte und friedliche Lösung des Konflikts auf Basis der UN Charta durch den Einsatz der ganzen Vielfalt wirtschaftlicher, sozialer und diplomatischer Mittel zu erzielen, wurde, wenn überhaupt, seitens des Westens nur halbherzig angestrebt. Die im Namen der ‚humanitären’ Intervention durchgeführte Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO im Frühsommer 1999 war demgegenüber nicht durch den Sicherheitsrat gedeckt und hatte keinerlei Fundierung im Völkerrecht. Sie war deshalb illegal und eine reine militärische Aggression. Schon bei den angeblich letzten Versuchen zu einer ‚Verhandlungslösung’ in Rambouillet handelte es sich um die Souveränität Jugoslawiens im Kern untergrabende und damit unannehmbare Konditionen, die einer Erpressung gleichkamen. Sie ließen schon im Vorfeld auf andere als moralisch-ethische Motive bei den Interventionsmächten aus NATO und EU schließen. Dies wurde vollends angesichts der Vorspiegelung falscher Tatsachen vor Kriegsbeginn (Flüchtlingsströme, Massaker, Pläne zur kollektiven Vertreibung) wie des aktuellen Kriegsverlaufs (Bombardierung ziviler Ziele sowie in weitab gelegenen Regionen (Vojvodina), Einsatz uranangereicherter Munition) offenbar.[2] Das Gerede vom die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region bedrohenden Genozid und ethnischer Säuberung im Verbund mit gewaltigen Flüchtlingstrecks verfolgte nur den Zweck, den Einsatz militärischer Gewalt auf dem Balkan durch die NATO in den Augen der eigenen Bevölkerung (als ersten im Namen der Universalität der Menschenrechte und ohne jedes materielle Eigeninteresse geführten Krieg) zu rechtfertigen.[3] Doch können weder die Diskriminierung der albanischen Minderheit, noch ein humanitär-moralisch begründeter Waffengang, weder die nachträgliche Legitimation der NATO-Offensive durch die Einrichtung eines UN-Protektorats, noch auch die Transformation der NATO- in UN-mandatierte KFOR-Truppen darüber hinwegtäuschen, dass die NATO Intervention ein Bruch des Völkerrechts bleibt, dessen Hauptakteure vor ein internationales Tribunal gehören.
  • Nach internationalem Recht gilt generell, dass (a) die Menschenrechte, auch wo es sich um Minderheiten handelt, primär als individuelle Rechte betrachtet werden; dass (b) soweit das Selbstbestimmungsrecht kollektive Rechte umfasst, die beiden zentralen Menschenrechtskonventionen von 1966 in dem jeweils gleich lautenden Artikel I darunter staatliche Souveränitätsrechte verstehen; dass (c) zwischen interner und externer Selbstbestimmung unterschieden wird. Dabei gilt für die bisherige Völkerrechtspraxis, dass externe Selbstbestimmung, d.h. die Gründung eines unabhängigen Staates, automatisch und lediglich bei Kolonialvölkern, den so genannten ‚salt water colonies’, Anwendung findet, wenn sie sich von –meist europäischer- Fremdherrschaft befreien (letztes Beispiel Ost Timor). Mit dem historisch zu Ende gehenden Zeitalter des (überseeischen) Kolonialismus ist damit vorerst auch das externe Selbstbestimmungsrecht erschöpft, denn Phänomene des internen Kolonialismus haben bis dato weder konzeptuell noch gar juristisch Eingang in das Völkerrecht gefunden. So bleibt für unterdrückte Völker in ethnisch heterogenen Staaten nur das Recht auf interne Selbstbestimmung, d.h. auf möglichst weitgehende Autonomie unter Wahrung der territorialen Integrität des Staates. Dies betrifft viele Völker und Nationen/Nationalitäten wie die Basken oder Katalanen, die Nagas oder die Tamilen, die Kurden oder die Nordiren oder auch die große Zahl der Indigenen Völker.[4]
  • Im Zuge der Befreiung von europäischer Fremdherrschaft hatte sich die Völkergemeinschaft pragmatisch darauf verständigt, die kolonialstaatlichen Grenzverläufe der nunmehr unabhängigen Staaten beizubehalten, mochten diese auch völlig willkürlich und in einer Vielzahl von Fällen ohne Rücksicht auf den Zusammenhalt von Völkern und Kulturen gezogen worden sein. Gleichwohl sind Veränderungen möglich, vorausgesetzt sie werden friedlich und im Einverständnis der betroffenen Regierungen als legitimierten Vertretern der Völker vollzogen. Die ‚Friendly Relations Resolution’ der Generalversammlung der UN hat dazu 1970 Einzelheiten unter Beachtung des Völkerrechts benannt; für Europa wurden ähnliche Regelungen im Rahmen der Schlussakte von Helsinki vereinbart.[5] Danach sind als Alternativen (1) die Verschmelzung zweier unabhängiger Staaten, wie seinerseits die Gründung der aus Ägypten und Syrien gegründeten United Arab Republic, oder (2) der Beitritt eines Staates zu einem anderen, wie seinerzeit der DDR zur BRD, oder (3) die einvernehmliche Auflösung eines Staates, wie im Falle der Tschechoslowakei oder die Abspaltung Eritreas von Äthiopien, vorgesehen.
    In keinem Fall finden diese Vorschriften Anwendung auf die Einwohner der Provinz Kosovo. Die Resolution 1244 formuliert deshalb auch unzweideutig die Zugehörigkeit der Provinz Kosovo zu Serbien. Ist schon die Geburtshilfe durch NATO Bomber illegal, kommt grundsätzlich zunächst nur interne Autonomie in Frage. Sollte es zu einer Abspaltung von Serbien kommen, kann dies nur mit ausdrücklicher Zustimmung Belgrads geschehen. Und eine solche ist vorerst überhaupt nicht erkennbar, im Gegenteil. Alle relevanten politischen Kräfte Serbiens sind sich in der Ablehnung der Aufspaltung des Staatsgebiets einig. Denkt man im Übrigen an die seit Jahrzehnten um ihre Unabhängigkeit kämpfenden, ihres Landes vertriebenen und beraubten, tagtäglich in ihren Rechten verletzten Palästinenser oder an die seit 25 Jahren um ein Ende der staatlichen Diskriminierung kämpfenden Sri Lanka Tamilen, ohne dass die ‚internationale Gemeinschaft’ sich für die Opfer wirksam eingesetzt hätte, kann auch von einem unabweisbaren Zeitdruck bzgl. des Endstatus des Kosovo absolut keine Rede sein.
3. Das Kosovo eine euro-amerikanische Kolonie?

(1) Mussten schon Rambouillet und die zur Rechtfertigung der kriegerischen Intervention in Jugoslawien durchgeführten manipulativen Medienkampagnen bzgl. der wahren Intentionen von NATO und EU/BRD nachdenklich stimmen, so laufen die von Europäern dominierten temporären UN Missionen (UNMIK)[6] zur wirtschaftlichen Entwicklung, politischen Stabilisierung, ethnischen Befriedung, inklusive Rückkehr der Flüchtlinge, Abzug und Entwaffnung der Konfliktparteien auf eine faktische Abtrennung des Kosovo von Serbien hinaus. Dies läuft Wortlaut und Geist dieser im Gefolge der von Serbien mitgetragenen UN Resolution 1244 von 1999 eingerichteten UN Mission zuwider. In dem nunmehr vorgelegten Plan vom 26.März 2007 zum endgültigen Status des Kosovo von Martti Ahtisaari, dem Sonderbeauftragten des UN Generalsekretärs, wird diese Entwicklung mit dem Ziel der politischen Unabhängigkeit des Kosovo noch verstärkt und völkerrechtlich zu legalisieren gesucht.

Zwei Schlussfolgerungen drängen sich vorab auf:
  • Die UN, vor allem das Generalsekretariat, in geringerem Masse der Sicherheitsrat, sind zu Instrumenten der Legitimation westlicher Machtinteressen verkommen. Zwar können die nicht-westlichen ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats noch in für sie essentiellen Fragen Entscheidungen blockieren, die Macht eigene Mehrheiten zu finden, haben sie nicht mehr. Findet der Westen keine Zustimmung, verfolgt er seine politischen Ziele gegebenenfalls auch ohne UN-Legitimation.[7]
  • Nach acht Jahren umfassender alleiniger Ausübung der legislativen, judikativen und exekutiven Funktionen durch die UNMIK ist weder eine kohärente eigenständige Ökonomie noch ein funktionierendes Verwaltungs- und Gerichtswesen aufgebaut worden, sind die inter-ethnischen Beziehungen weiterhin durch Angst und Feindschaft geprägt. So sind lediglich 7.100 von zehntausenden vertriebenen oder geflüchteten Serben in ihre angestammten Häuser und Siedlungen im Kosovo zurückgekehrt. Machten 1981 die Albaner 77 % und die Serben 13 % der Provinzbevölkerung aus (dazu kamen weitere kleinere Minoritäten),[8] stellen die Albaner heute 90 % und die Serben lediglich 6 % und auch diese Wenigen riskieren trotz internationaler Schutztruppen ihr Hab und Gut, wenn nicht ihr Leben, wie die Übergriffe von 1999 und 2004 trotz der Anwesenheit von 18.000 KFOR-Soldaten [9] nur allzu deutlich machen. Wie unter diesen Umständen allein die politische Unabhängigkeit den Schlüssel für eine ‚demokratische’, ‚multi-ethnische Gesellschaft’ mit einer ‚dauerhaften entwicklungsfähigen Wirtschaft’ bilden soll,[10] erscheint bloßes Wunschdenken des Autors, es sei denn, die formale Souveränität des Kosovo als völkerrechtlich sanktionierte Abtrennung der Provinz von Serbien, ist selbst das eigentliche Ziel.[11]
(2) Im Einzelnen: Der dem Sicherheitsrat zugeleitete 60 Seiten umfassende Plan ist in zwei Teile gegliedert. Den ‚Allgemeinen Prinzipien’, die in 15 Artikeln die Grundlinien der zukünftigen Verfassung enthalten, folgen 12 Anhänge, die fünf Sechstel des Textes ausmachen und im Detail Inhalt, Institutionen und Verantwortlichkeiten des zukünftigen Staates niederlegen.

Zwar hatte die UN Sicherheitsratsresolution 1244 die NATO Aggressoren in eine Friedenstruppe mit dem Auftrag, den Abzug der jugoslawischen Armee und Polizei aus dem Kosovo sicherzustellen, verwandelt, gleichwohl war auch für die Zukunft die Zugehörigkeit der Provinz zu Jugoslawien/Serbien ausdrücklich garantiert worden. Der Ahtisaari Plan stellt zunächst das Scheitern mehrmonatiger Verhandlungen bzgl. einer einvernehmlichen Lösung zum zukünftigen Status des Kosovo fest. In dem dann eigenständig ausgearbeiteten Plan ignoriert der frühere finnische Präsident die in der Resolution 1244 bestätigten Grundprinzipien der UN Charta. Statt Vorschlägen für eine ‚substantielle Autonomie’ macht er sich die Forderung der Kosovo Albaner nach Unabhängigkeit zu eigen.[12] Kein Wunder, dass sich nicht nur Widerstand in Belgrad, sondern auch bei anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats sowie innerhalb der EU regte. Die nach ergebnislosen Debatten im Sicherheitsrat für einen Zeitraum von vier Monaten bis Dezember 2007 eingesetzte Kontaktgruppe aus fünf NATO Ländern (USA, UK, Frankreich, Italien, Deutschland) und Russland oder auch die aus dieser gebildete Troika (US, D, Russland) macht nichts anderes, als Spielräume auf der Basis des Ahtisaari Plans auszuloten, d.h. Russland durch kleinere reale oder auch nur kosmetische Zugeständnisse für die Eigenstaatlichkeit des Kosovo zu gewinnen zu suchen.

(3) Wie aber sieht die vorgesehene Eigenstaatlichkeit aus?[13] Sie erscheint zunächst als kontrollierter Prozess, insofern die Souveränität für einen gewissen Zeitraum unter Kuratel gestellt wird. In dieser Periode sollen nicht die Einwohner des Kosovo entsprechend dem Selbstbestimmungsrecht der Völker eigenständig und ungehindert über ihre gesellschaftliche und politische Verfassung, die Verwendung ihrer Ressourcen, politisch-militärische Allianzen u.ä. entscheiden, vielmehr ist vorgesehen, dass in dieser Zeit wirtschaftlich und konstitutionell eine Entwicklung nach EU/NATO Vorgaben in Richtung EU Konformität in Gang gesetzt wird. Dazu gehört die Privatisierung von Staatsbetrieben wie die generelle Festschreibung der Marktwirtschaft oder die personelle Grenze einer eigenen Armee auf maximal 2500 Mann und 800 Reservisten, die zudem nur mit leichten Waffen (z.B. keine Panzer oder schwere Artillerie) ausgerüstet werden dürfen. Zwar soll eine eigene verfassungsgebende Versammlung einberufen werden, doch müssen deren Zusammensetzung und Ergebnisse im Einklang mit den Vorgaben des Ahtisaari Plans erfolgen. Darüber hinaus wird ein mit oberster Autorität ausgestatteter, vom EU Ministerrat bestellter ‚Internationaler ziviler Repräsentant’ (ICR) nicht nur die laufenden Arbeiten der Verfassungskommission überprüfen, für die ihr zudem noch vom ICR bestellte Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden. Eine abschließende parlamentarische Abstimmung über den Verfassungstext kann erst nach deren offizieller Begutachtung und Befürwortung durch den ICR erfolgen. Der ICR ist generell der letztendlich Verantwortliche für die Implementierung des Ahtisaari Plans durch die ihm nachgeordneten kosovarischen Behörden und Institutionen. So hat er das Recht, Gesetze zu annullieren, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, einheimische Funktionsträger bis hin zur Entlassung zu sanktionieren; wenn er nicht direkt die obersten Behördenvertreter selbst auswählt, können sie nicht ohne seine Einwilligung einsetzt werden. Er ist letzte Entscheidungsinstanz für die Entwicklung ziviler Institutionen, für den einheimischen Sicherheitsbereich, für das Rechtswesen, einschließlich Privat- und Strafrecht wie Strafverfolgung, inklusive des Rechts, richterliche Entscheidungen aufzuheben. Dabei ist der ICR, dessen Laufzeit zunächst auf zwei Jahre begrenzt ist,[14] seinerseits keiner internen kosovarischen Organisation irgendwelcher Art oder Legitimation, sondern allein einer ‚International Steering Group’ (ISG) rechenschaftspflichtig. Diese ist es auch, die ihn beruft, eine Wahl, für die die Zustimmung des UN Sicherheitsrats wünschenswert ist. Doch selbst für diesen Fall kann diese oberste zivile Autorität ihren im Grunde rein ‚westlich-westeuropäischen’ Charakter nicht verleugnen. So ist die ISG mit Ausnahme Russlands aus lauter EU/NATO Staaten und damit Interventionsbefürwortern, nämlich Frankreich, Deutschland, Italien, UK, USA, EU, EU Kommission, NATO zusammengesetzt, deren Treffen zudem noch von dem ihr rechenschaftspflichtigen(!) Zivilen Repräsentanten (ICR) geleitetet werden sollen (Ahtisaari Plan, Annex IX, Art.4, p 53).

(4) Neben dem ICR als Pro-Konsul der EU/NATO für zivile Angelegenheiten sind drei weitere ausländische, die Souveränität des Kosovo aushöhlende, Kontrollorgane vorgesehen: eine European Security and Defence Policy (ESDP) Mission, eine International Military Presence (IMP), sowie eine Mission der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Während aber die letztere mit ihren 55 Mitgliedern aus ganz Europa, bei denen die NATO Staaten mit 19 Vertretern nur eine Minderheit darstellen, eher eine Alibi Funktion ausüben soll, insofern sie lediglich „aufgefordert [ist], eine Beobachterrolle bei der erfolgreichen Implementierung“ des Ahtisaari Plans einzunehmen,[15] sind die beiden anderen Organisationen mit Sanktionsgewalt gegenüber allen lokalen Institutionen ausgestattet und genießen gleichzeitig volle diplomatische Immunität. So ist die ESDP Mission nicht allein mit der Oberaufsicht über den gesamten Rechtsbereich beauftragt, sie kann auch eigenständig Untersuchungen und Strafverfolgung bei organisiertem Verbrechen, bei Kriegsverbrechen, bei Finanzvergehen sowie bei interethnischen Konflikten vornehmen. Schließlich kommen ihr auch teilweise exekutive Aufgaben im Sicherheitsbereich, so bei der Grenzkontrolle und internen Unruhen, zu. Die IMP schließlich ist eine explizit NATO geführte Institution. Mehr noch, sie operiert unter der Leitung und politischen Kontrolle der NATO, in dessen Befehlsstruktur sie eingebunden ist. Ihre Aufgabe ist mittelfristig, die äußere und innere Sicherheit des Kosovo zu garantieren, wobei sie die volle Autorität über die einheimischen Sicherheitskräfte ausübt. Langfristig ist die IMP der lokale Arm der NATO, die das gesamte militärische Spektrum, einschließlich strategischer Entwicklung, Streitkräfte- und Ausrüstungsplanung, Personalmanagement, Budgetierung, Waffeneinkauf für den Kosovo u.a. übernimmt.[16] In diesen Kontext und als Hinweis auf die strategische Bedeutung des Balkan generell, des Kosovo speziell, gehört auch die Tatsache, dass die USA mit dem kosovarischen ‚Camp Bondsteel’ das größte Militärlager innerhalb Europas angelegt haben. In Ausübung ihrer Tätigkeiten hat die IMP nicht nur völlige Bewegungsfreiheit innerhalb des Staates Kosovo sowie uneingeschränkten Zugang und Kontrolle über den Luftraum und alle militärischen Einrichtungen. Sie hat auch das uneingeschränkte Recht zur Gewaltanwendung gegenüber einheimischen Institutionen und Organisationen.

Die Schlussfolgerung kann nur lauten: der Ahtisaari Plan läuft mit Unterstützung des UN Generalsekretariats nicht nur auf eine Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität von Staaten hinaus. Die in Aussicht genommene Eigenstaatlichkeit der abgetrennten Provinz Kosovo ist zudem nicht nur vorübergehend zwecks Unterstützung bei der Etablierung rechtsstaatlicher demokratischer Institutionen internationalen Organisationen, nämlich EU, OSZE und NATO, Beschränkungen unterworfen. In Wirklichkeit läuft der Ahtisaari Plan auf eine Transformation des UN Protektorats Kosovo in eine EU/NATO Kolonie auf dem Balkan hinaus. Von Selbstbestimmung und Souveränität kann auch langfristig keine Rede sein.

4. Souveränität oder regionale Destabilisierung?

Alle Erwartungen der albanischen Bevölkerungsmehrheit sind auf die Unabhängigkeit gerichtet. Wollen sie nicht mit unvorhersehbaren Folgen für die interne und regionale Sicherheitslage enttäuscht werden, duldet die Unabhängigkeit des Kosovo keinen Aufschub mehr.[17] Gleiches gilt als Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung. Auch nach acht Jahren UN Protektorat kann von einer sich selbst tragenden Wirtschaft angesichts einer landesweiten Armutsquote von 60 und einer urbanen Arbeitslosenquote von 40-80 % nicht gesprochen werden,[18] bleibt der Kosovo wichtiges Transitland und Zentrum für Drogen- und Frauenhandel sowie Waffenschmuggel, verhindern Clanstrukturen die Herrschaft des Rechts, Chauvinismus die Etablierung einer multi-ethnischen, multi-religiösen Gesellschaft.[19] Auch unter außenpolitischem Aspekt bleibt offen, wie ein souveränes Kosovo trotz NATO eine Stabilisierung der Region garantieren soll. Welche Auswirkungen wird eine einseitige Unabhängigkeitserklärung (UDI)[20] auf die internationalen Beziehungen, eingeschlossen die weiterhin an Resolution 1244 gebundene UNMIK,[21] sowie andere, um das Recht auf Selbstbestimmung kämpfende, Völker haben? Wie wird Serbien mit der gewaltsamen Abtrennung eines mythisch-historisch verklärten Teils seines Territoriums, das ihm völkerrechtlich gleichwohl weiterhin gehört, umgehen? Wie werden die in der nördlichen Provinz Mitrovica konzentrierten Serben auf eine UDI reagieren? Werden sie ihrerseits ihre territoriale Loslösung vom Kosovo und Integration in Serbien proklamieren? Zwar haben sich Kontaktgruppe und Troika u.a. auf die Grundsätze ‚ungeteiltes Kosovo’ und ‚keine Vereinigung mit einem anderen Staat’ verständigt.[22] Doch welche Auswirkungen solche, von ausländischen Regierungsvertretern über die Köpfe der unmittelbar Betroffenen hinweg getroffenen Vereinbarungen auf die Entwicklung vor Ort haben, bleibt ungewiss. So stellt sich die Frage nach der potentiellen Sogwirkung einer UDI auf die albanische Minorität in Mazedonien, wo bereits Guerillabewegungen gegründet worden sind, oder auf die Protagonisten eines Großalbanien. Zunächst haben die albanischen Kosovar als unmittelbares strategisches Ziel die sofortige Unabhängigkeit vor Augen, dem sie alles unterordnen. Dazu gehört für sie auch die Herrschaft über die von Serben bewohnten Regionen; inwieweit sie gleichzeitig den im Vertrag von 2001 zwischen Serbien und Mazedonien festgelegten Grenzverlauf akzeptieren und damit ihre Landsleute in Mazedonien zu opfern bereit sind, ist ungeklärt.[23]

5. Résumé

Die Aufrechterhaltung des Völkerrechts gilt auch im vorliegenden Fall des Kosovo als oberste Richtschnur jeder, nicht nur linker Positionsbestimmung. Die Geschichte des Konflikts hat gezeigt, dass es den Protagonisten der Unabhängigkeit des Kosovo von vorneherein um die Zerschlagung Jugoslawiens und die Etablierung einer NATO/EU Kolonie auf dem Balkan ging und geht. Die ‚humanitäre Intervention’ ebenso wie das nunmehr stark gemachte Selbstbestimmungsrecht der Kosovo-Albaner erwiesen sich als reine Täuschungsmanöver und Verschleierungstaktiken. Selbst die nunmehr angeführten Gründe, wirtschaftliche Entwicklung und regionale Stabilisierung, für eine längst überfällige, selbst einseitige Unabhängigkeitserklärung sind kaum haltbar. Im Gegenteil, sogar eine weitgehende, durchaus von der UN sanktionsbewehrt überwachte, politische (interne) Autonomie des Kosovo würde den Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen der Region mehr entsprechen als eine ausländische, von vielen Anrainern als feindlich und bedrohlich betrachtete Kolonie.

Viele diskriminierte und unterdrückte Völker blicken auf den Kosovo, sehen in ihm ein Modell für das eigene Streben nach Selbstbestimmung. In der Tat wird hier eine Bresche geschlagen: doch liegt ihr eine kolonial inspirierte Intention in hegemonialer Herrschaftsabsicht zugrunde. Nicht einmal die Kosovo Albaner können sich diese ernsthaft wünschen. Bestenfalls haben die Vorgänge um den Kosovo auf das Problem des internen Kolonialismus und die unzureichende, weil völlig undifferenziert gehandhabte Lösungsalternative zwischen externer und interner Selbstbestimmung als zukünftige Aufgabe für UN und Völkerrecht aufgewiesen.[24] In der konkreten Situation aber gilt: Wer sich eine sicherere Weltordnung unter der Herrschaft des Rechts, frei von Hegemonie und Gewalt wünscht, kann nur Widerstand leisten. Eine zweite Einsicht drängt sich auf: der Kosovo zeigt, dass die EU jenseits wohlfeiler Rhetorik selbst eine neokoloniale Einrichtung (geworden) ist, die man bekämpfen muss.

Fußnoten
  1. Die geschätzten Divergenzen zwischen den reichsten (Slowenien) und ärmsten (Kosovo) Provinzen im ehemaligen Jugoslawien schwanken zwischen 1.6 und 1:8.
  2. Zum Verlauf und öffentlichen Rechtfertigung der Kosovo Intervention vgl. Bittermann, K., Deichmann, Th. (Hg.), Wie Dr.Joseph Fischer die Bombe lieben lernte, Berlin 2000; Chomsky, N., Der neue militärische Humanismus – Lektionen aus dem Kosovo, Zürich 2000; Jean-Arnault Dérens, Indépendence du Kosovo – une bombe à retardement, Le Monde diplomatique, March 2007, pp 6f. Johnstone, D., Fools’ Crusade, Yugoslavia, NATO and Western Delusions, New York 2002. Richter, W., Schmähling, E., Spoo, E., (Hg.), Die Wahrheit über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien, Schkeuditz 2000; Schütz, C., Die deutsche Bundesregierung, der Konflikt im Kosovo und die militärische Intervention der NATO. Lehren aus dem Krieg? Die Kontroverse zwischen den Friedensforschern Dieter S.Lutz/Reinhard Mutz und Gernot Erler (SPD), 2001.
  3. J.Becker, Beham, M., Operation Balkan: Werbung für Krieg und Tod, Baden-Baden 2006. So belief sich nach UN Angaben die Zahl der Toten im Kosovo-Krieg nicht auf 500.000, auch nicht auf 100.000, sondern auf 11.000, wozu nicht nur Albaner, sondern auch Serben, Sinti und Roma gehören. Vgl. auch die Rezension ‚How the Public is Led into Wars; in: Current Concerns No.13, September 2007, p 3f.
  4. Eine Übersicht bietet J.M.Balancie, A.de La Grange (eds), Mondes rebelles, Editions Michalon, Paris 1999.
  5. Vgl. Resolution 2625 der UN General Assembly, 25. Session, October 24, 1970.
  6. So kommen die jeweiligen als Sondergesandte des UN Generalsekretärs fungierende Leiter der UNMIK alle aus EU Staaten (Kouchner, F; Haekkerup, DK; Steiner, D; Holkeri, FL; Jessen-Petersen, DK; Rücker, D). Unter der Führung von UNMIK wurden vier Arbeitsbereiche (pillars) unter jeweils spezieller UN, OSZE bzw. EU Verantwortung für Polizei und Justiz; Zivile Verwaltung; Demokratisierung bzw. Wiederaufbau und Wirtschaftsentwicklung eingerichtet. Dazu kommen noch die KFOR Truppen, die mehrheitlich aus NATO Kontingenten, dazu kleineren Abteilungen aus Österreich und der Schweiz, Armenien, Argentinien, Georgien, Marokko u.a. bestehen. Vgl. UNMIKonline Home www.unmikonline.org/intro.htm sowie Security Council Report May 2007 Kosovo. www.securitycouncilreport.org
  7. Vgl. dazu International Crisis Group, Breaking the Kosovo Stalemate: Europe’s Responsibility, Europe Report 185, 21 August 2007.
  8. Garde, P., Vie et mort de la Yougoslavie, Fayard, Paris 1992, Kap.VII, bes. Tafel p 116. International Herald Tribune 5.11.2007, p 7.
  9. In den anti-serbischen Unruhen im März 2004 gab es 21 Tote, über 800 Verletzte, 4000 serbische Vertriebene, dazu wurden 600 Häuser zerstört, Dutzende orthodoxer Kirchen und Klöster geplündert und niedergebrannt. Vgl. R.Mutz, Serbiens Anspruch wird einfach verschrottet, in: ‚Freitag’ 19.October 2007.
  10. So hat allein die UNMIK im Fiskaljahr 2006/07 2.2 Mrd. $ zur Verfügung, die mit einem Stab von über 7600 Administratoren, Polizeikräften, Entwicklungsexperten die Verwaltung und Entwicklung des Kosovo sicher stellen soll. Nicht eingerechnet sind dabei die Ausgaben der OSZE, der EU und der NATO. Vgl. Security Council Report May und October 2007 Kosovo. www.securitycouncilreport.org
  11. UNMIKonline 5.October 2007, vgl. www.unmikonline.org/news.htm
  12. UN Security Council ‚Letter dated 26th March 2007 from the Secretary General addressed to the President of the Security Council. Dieser enthält den Bericht des Sonderbeauftragten Ahtisaari zum zukünftigen Status des Kosovo. Vgl. UN SC Document S/2007/168.
  13. Vgl. im Einzelnen UN Security Council ‘Letter dated 26th March 2007 from the Secretary General addressed to the President of the Security Council’, Addendum ‘Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement’ S/2007/168/Add.1.
  14. Das bedeutet aber keineswegs, dass mit einer solchen umfassenden Überprüfung der Arbeit des IRC nach 2 Jahren die EU-Oberaufsicht endet. Nach Annex IX, Artikel 5 wird diese erst enden, wenn die International Steering Group zu dem Schluss gekommen ist, dass der Kosovo die Vorgaben des Ahtisaari Plans implementiert hat; d.h. es ist ein im Prinzip zeitlich unbegrenztes Mandat. Dies gilt umso mehr, als keine Einstimmigkeit bei der ISG vorgesehen ist und sie ganz generell außer bei seiner Berufung keine Entscheidungs-, sondern eher ‚leitende bzw. beratende’ Funktion (guidance) bei der Amtsführung des Internationalen Repräsentanten (ICR) ausüben.
  15. Vgl. UN Security Council S/2007/168 vom 26.März 2007, 8, Para 14. Typischerweise erwähnt die Draft Resolution des westlichen Sextetts (Belgien, Frankreich, BRD, Italien, UK, USA) für den Sicherheitsrat vom 17.Juli 2007 die OSZE Mission nicht einmal. Vgl. UN Security Council S/2007/437.
  16. Vgl. UN Security Council S/2007/168, Add.1, Annex XI, pp 58f.
  17. Vgl. auch International Herald Tribune vom 5.November 2007, p 1, 7 „Kosovo leader warns that time is short“ so der PM Agim Ceku, ehemaliger General in der Kosovo Liberation Army.
  18. Vgl. KFOR Kommandant Roland Kather in Interview der Woche des Deutschlandfunks vom 12. August 2007. www.dradio.de/dlf/sendungen/idw_dlf/657134.
  19. Vgl. auch die Einschätzungen des österreichischen UN Botschafters in Genf Wolfgang Petritsch. In: Interview des Deutschlandfunks vom 29.3.2007. www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/610204.
  20. UDI = Unilateral Declaration of Independence
  21. Da die UNMIK an die Resolution 1244 gebunden ist, kann sie eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nur als völkerrechtswidrigen Akt bekämpfen; anders sie müsste ihre Polizei und Sicherheitskräfte einsetzen, den Ausnahmezustand ausrufen und die kosovarischen Parteiführer festsetzen.
  22. Die Verhandlungen basieren auf folgenden vier Leitprinzipien: neben der Unteilbarkeit des Kosovo und der untersagten Vereinigung mit einem anderen Staat gehören dazu ‚Keine Rückkehr zum Status vor 1999’ sowie ‚jede Regelung muss für ‚das Volk’ (the people) des Kosovo annehmbar sein’. Gerade die letzten beiden Grundsätze sind in höchstem Masse interpretierungsfähig. Vgl. UNMIKonline, update 5 October 2007, p 2.
  23. Le Monde diplomatique, Atlas der Globalisierung, Berlin 2006, p 140f „Kosovo: albanische Zukunft in einer unruhigen Region“.
  24. Eine Überprüfung der Möglichkeiten externer Einflussnahme auf Regierungen, die systematisch Menschenrechte verletzen, insbesondere Minderheiten diskriminieren, ist sicherlich angezeigt. Hierzu gehören jenseits der moralischen, letztlich aber wenig wirksamen Berichte und Anklagen vor den UN Menschenrechtsgremien in Genf, positive wie negative Sanktionen im ganzen Spektrum wirtschaftlicher, rechtlicher und diplomatischer Beziehungen auf bilateraler wie multilateraler Ebene. Die bisherige Praxis der ‚Nichteinmischung in interne Angelegenheiten’ gibt solchen Regierungen faktisch carte blanche zur fortgesetzten Repression und Diskriminierung von Minderheiten entgegen eingegangener internationaler Verpflichtungen.
* Prof. Dr. John P. Neelsen, Tübingen/Verdun;
Abschluss des Manuskripts: 6. Dezember 2007



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