Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Wird das "Trio" die Verhandlungen über das Kosovo in Gang bringen?

Ein Beitrag aus der russischen Zeitung "Wremja Novostej"



In wenigen Tagen begibt sich ein auf der Grundlage der Kontaktgruppe für das Kosovo gebildetes „Trio“ in den Balkan, um den endgültigen Status der Region auszuarbeiten.

Die Mitglieder des Trios sind der Sondervertreter des russischen Außenministers für den Balkan, Alexander Bozan-Chartschenko, der Sondergesandte des Weißen Hauses für Fragen der Kosovo-Regelung, Frank Wisner, und der die EU vertretende deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger. Die internationalen Diplomaten haben vorläufig folgende Arbeitsordnung vereinbart: Einmal im Monat werden sie in Serbien und im Gebiet Kosovo verhandeln und dann der Kontaktgruppe über die Ergebnisse berichten.

Die internationale Kontaktgruppe für das Kosovo hat das operative „Trio“ gebildet, damit ein grundsätzlich anderer Verhandlungsprozess eingeleitet werden kann - wenigstens ein solcher wie 1995 in Bosnien und Herzegowina. „Der Ahtisaari-Plan ist gescheitert. Er hat im UN-Sicherheitsrat keine Unterstützung gefunden, und bei den Verhandlungen wird man sich nicht darauf stützen“, sagte Alexander Bozan-Chartschenko.

„Entgegen den Erklärungen der USA und der EU, der künftige Kosovo-Status müsse auf Martti Ahtisaaris Vorschlägen beruhen, ist die Galvanisierung besagten Plans heute unmöglich. Ein solcher Versuch würde die Differenzen zwischen Russland und einigen seiner Opponenten aus dem Westen sowie die zwischen Belgrad und Pristina nur verstärken“, erklärte Dmitri Danilow, Leiter der Abteilung Europäische Sicherheit am Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Der Beschluss, nach einem neuen Modell für die Kosovo-Regelung unter kollektiver Teilnahme Russlands, der USA und der EU zu suchen, ist eine ausgezeichnete Idee. Dieses Vermittlerformat ist für Serbien und die Kosovo-Albaner am annehmbarsten. Denn jetzt wird es unmöglich sein, künftige Vorschläge glatt abzulehnen. Sie müssen sämtlich konstruktiv erörtert werden“, betonte der Experte.

Neue Vorschläge liegen bereits vor. In Belgrad hält man es für möglich, auf das Kosovo das „Taiwaner Modell“ anzuwenden, das es der rebellischen Insel, erlaubte ohne Schaden für die international anerkannte Souveränität und territoriale Integrität Chinas ihr Wirtschaftswunder zu vollbringen. Davon sprach Vuk Draskovic seinerzeit, als er Außenminister von Serbien und Montenegro war. Die jetzige serbische Regierung plant, Herrn Draskovic in die Verhandlungen mit den Albanern einzuschalten. Offensichtlich in Weiterentwicklung dieses Modells erklärte Draskovics Nachfolger Vuk Jeremic vor wenigen Tagen, das Kosovo habe das Recht, mit dem IWF und der Weltbank direkte Abkommen zu schließen und selbst eine „bestimmte Vertretungsform“ in den Hauptstädten den Auslandes zu haben. Freilich meinen die serbischen Politiker, wenn sie Taiwan erwähnen, am ehesten Hongkong, welches Großbritannien 1997 friedlich an China übergab und auf welches das Prinzip „Ein Land - zwei Systeme“ angewandt wird. Was die Situation um Taiwan betrifft, so hat sie sich in den letzten Jahren ernsthaft zugespitzt und droht, sich zu einem regionalen Krieg unter Teilnahme Chinas und der USA auszuwachsen.

Dennoch wollen die Führer im Kosovo nach wie vor nichts von Kompromissmodellen hören. „Für uns sind alle Vorschläge außer der Unabhängigkeit des Kosovo unannehmbar“, erklärte Agim Ceku, Ministerpräsident des Kosovo. Die Kosovaren sind sogar bereit, am 28. November, dem Tag der albanischen Flagge, der sowohl im Kosovo als auch im benachbarten Albanien sehr feierlich begangen wird, die Unabhängigkeit einseitig zu verkünden. In diesem Fall würden die Kontaktgruppe und das von ihr gebildete „Trio“ sofort aus dem Spiel sein.

„Die Variante, dass das Kosovo die Unabhängigkeit einseitig verkündet, ist möglich. Doch birgt sie sehr ernste Folgen in sich. Vor allem wird das Vertrauen zur UNO und in die internationale Ordnung untergraben, und dabei zeichnet sich diese nach den Ereignissen in den anderen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien und im Irak eben erst ab. Und all das wird sich nicht nur auf die Beziehungen Russlands zu den westlichen Partnern, sondern auch auf das gesamte System der internationalen Beziehungen auswirken. Außerdem würde eine solche eigenmächtige Verkündung der Unabhängigkeit mit deren möglicher Anerkennung durch andere Länder einen sehr ernsten weltpolitischen Präzedenzfall schaffen. Denn heute bestehen in der Welt neben dem Kosovo viele eingefrorene Konflikte und nicht anerkannte Staaten, die danach streben, ihre Unabhängigkeit de facto und de jure anerkannt zu sehen. Der Präzedenzfall Kosovo würde ein sehr ernster Faktor der Destabilisierung in den Regionen mit solchen Konflikten sein“, sagt Herr Danilow überzeugt.

* Veröffentlicht in der russischen Zeitung „Wremja Novostej“ vom 9. August 2007, gekürzte Fassung.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 9. August 2007;
http://de.rian.ru


Neue Meldungen zum Kosovo

Vermittler-"Troika" trifft sich in Pristina mit Serben und Albanern

Die internationale Vermittler-„Troika“ der Kosovo-Kontaktgruppe führt am Samstag und Sonntag (11. und 12. August) in Pristina Treffen zur Vorbereitung des Direktdialogs zwischen der serbischen und der albanischen Seite über den Kosovo-Status durch. Das berichtete die Vertretung der Europäischen Union in Pristina.
Der „Troika“ gehören Alexander Bozan-Chartschenko von Russland, Frank Wisner von den USA und der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger von der EU an.
Nach Angaben der EU-Vertretung in Pristina sind für den Samstag Treffen der drei Diplomaten mit dem Befehlshaber der KFOR-Schutztruppe im Kosovo, Roland Kather, und dem stellvertretenden Chef der UN-Mission in der Region, Steven Shook, vorgesehen.
Am selben Tag werden gesonderte Gespräche der „Troika“ mit dem Präsidenten des Kosovo, Fatmir Sejdiu, und mit weiteren Mitgliedern der Verhandlungsdelegation von Pristina geführt.

Die Delegation von Pristina will die „Troika“ mit der politischen Plattform vertraut machen, an der sie beim bevorstehenden Dialog mit Belgrad festhalten wird. Die Kosovo-Seite will von den internationalen Vermittlern auch Garantien dafür erhalten, dass binnen 120 Tagen ab dem 10. August eine Entscheidung über die Unabhängigkeit der Region getroffen wird.

Wie der Vorsitzende der einflussreichen Partei „Serbische Liste für das Kosovo“, Oliver Ivanovic, am Freitag gegenüber der Agentur Tanjug äußerte, werden die Vertreter der Kosovo-Serben den internationalen Vermittlern ihre Position zur Kenntnis bringen, der zufolge eine unter den gegenwärtigen Verhältnissen in Europa nur erdenklich weite Autonomie der Region im Bestand von Serbien die einzig mögliche Variante der Lösung des Kosovo-Problems ist.
Die Kosovo-Serben wenden sich entschieden dagegen, dass ein harter zeitlicher Rahmen für die Verhandlungen festgelegt wird.

Quelle: RIA Novostiv, 11. August 2007

Kosovo-Vermittler treffen auf harte albanische Positionen

Die Kosovo-Vermittler der USA, der EU und Russlands sind zu Beginn ihrer Arbeit auf harte Positionen der Albaner gestoßen. "Wir werden nicht über die Unabhängigkeit verhandeln", sagte der Kosovo-Präsident Fatmir Sejdiu am Samstag (11. Aug.) in Pristina nach einem ersten Treffen.

Auch die Teilung der fast nur noch von Albanern bewohnten Provinz komme nicht in Frage. Am Vortag waren die Vermittler in Belgrad ebenfalls mit Maximal-Forderungen der serbischen Regierung konfrontiert worden, die den Verbleib Kosovos im serbischen Staatsverband als unverrückbares Ziel bezeichnet hatte.

Der albanische Spitzenpolitiker Sejdiu kündigte an, die Vorschläge des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari in die Tat umzusetzen. Der Plan sieht die eingeschränkte Unabhängigkeit Kosovos mit zwei Millionen Albanern unter Aufsicht der EU vor. Die rund 100 000 Angehörigen der serbischen Minderheit sollen danach weitgehende Sonderrechte erhalten. Die serbische Regierung hatte am Vortag diesen Plan als "tot" und zu "den Akten gelegt" bezeichnet. Die Albaner hatten ihn angenommen. Er war jedoch im UN-Sicherheitsrat an der Veto-Drohung Russlands gescheitert.

Vor dem Treffen mit Sejdiu und dem Kosovo-Regierungschef Agim Ceku waren die Vermittler mit dem deutschen General Roland Kather zusammengetroffen, um sich über die Sicherheitslage informieren zu lassen. Kather ist noch bis Ende des Monats Oberbefehlshaber der Internationalen Schutztruppe KFOR. Unter Führung der NATO sind seit 1999 rund 17 000 Soldaten im Kosovo stationiert. Deutschland stellt mit etwa 2200 Männer und Frauen das größte Kontingent.

Der serbische Innenminister Dragan Jocic hatte zuvor heftige Vorwürfe gegen die USA erhoben. Washington wolle im Kosovo einen Militärstaat aufbauen, in dem die NATO unbegrenzte Macht besitzt, sagte Jocic am Samstag in Belgrad. Das solle mit Hilfe des Ahtisaari- Plans geschehen. Jocic, der als einer der engsten Vertrauten des serbischen Regierungschefs Vojislav Kostunica gilt, forderte Washington auf, diesen Plan aufzugeben.

Quelle: dpa, 11. August 2007

KFOR-Kommandeur fordert schnelle Lösung für Kosovo

Eine schnelle Lösung im Streit um die Zukunft der serbischen Provinz Kosovo hat der scheidende Kommandeur der NATO-Friedenstruppe KFOR, Roland Kather, gefordert. "Die Menschen brauchen diese Entscheidung, um Klarheit für die Zukunft zu haben", sagte Kather am Sonntag (12. Aug.) im Deutschlandfunk. Diese Einstellung hätten nicht nur die Kosovo-Albaner, die 90 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sondern auch die serbische Minderheit. Diplomaten aus der EU, Russland und den USA führen seit Freitag Gespräche mit den Konfliktparteien. Die albanisch-stämmige Bevölkerung strebt die Unabhängigkeit der Provinz an, Serbien lehnt dies kategorisch ab.

Quelle: AFP, 12. August 2007




Zurück zur Serbien-Seite

Zur Seite "NATO-Krieg gegen Jugoslawien"

Zurück zur Homepage