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Kosovo: Serben halten an friedlichen Straßensperren fest

Die im Kosovo stationierte NATO-Besatzungstruppe KFOR teilte am Dienstag (25. Okt.) mit, einige der rund 20 von den Serben im Nordkosovo errichteten Straßensperren, konkret jene in Banje bei Brnjak, seien aufgelöst worden. Die Regierung in Belgrad dementierte diese Behauptung umgehend und wirft der NATO gezielte Manipulation von Informationen vor.

Am Dienstag kamen die Fraktionschefs aller Parlamentsparteien in Belgrad zu einer Sondersitzung zusammen. Sie erwarten zum morgigen Donnerstag einen Bericht der serbischen Regierung über den Stand der Verhandlungen mit dem abtrünnigen Pristina. In der vergangenen Woche hatten die Oppositionsparteien geschlossen den Plenarsaal verlassen, weil die Regierung sich geweigert hatte, über die aktuellen Entwicklungen im Kosovo zu debattieren.

Belgrad hat unterdessen angekündigt, in den Verhandlungen mit Pristina die kosovarischen Zollstempel akzeptieren zu wollen. Die Aufstellung von Kosovo-albanischen Zöllnern bei den administrativen Übergängen in Jarinje und Brnjak beträfe diese Anerkennung jedoch nicht. Der gegenwärtige Konflikt entbrannte an diesem Stempel-Streit, nachdem die Kosovo-Regierung Hashim Thacis Spezialpolizisten an die nicht anerkannte Grenze zu Serbien schickte. Diese hatten die Aufgabe, dort einen kosovarischen Zoll einzurichten.

Radenko Nedeljkovic, Bürgermeister von Kosovska Mitrovica, erklärte, die KFOR könne die Barrikaden mit Versorgungskonvois passieren. Man werde jedoch weiter an den »friedlichen Blockaden« festhalten, bis neue politische Optionen ausgelotet sind.

Vertreter der serbischen Bezirke im Norden der Provinz betonten wiederholt die Einheit der protestierenden Bevölkerung. Dragisa Milovic, Chef des Bezirks Zvecan, erklärte, es gebe Hinweise darauf, daß Pristina Unruhe und Zwietracht innerhalb der serbischen Bevölkerung säen wolle. »Ich bin mir sicher, daß ihnen das nicht gelingen wird«, so Milovic. Die Vertreter teilten auch mit, daß ihnen der serbische Präsident Boris Tadic erneut volle Unterstützung für »friedliche Proteste zur Verwirklichung legitimer Ziele« zugesichert habe. Das Foto zeigt ein Gebet an einer Straßenbarrikade in Jagnjenica bei Zubin Potok.

* Aus: junge Welt, 26. Oktober 2011


Nato meldet Sperren-Abriss - Belgrad dementiert **

Im Streit um die Straßenblockaden im Nordkosovo haben die Kosovo-Serben nach Angaben der Nato ihre Sperren freiwillig zum Teil abgebaut und den Grenzübergang Brnjak freigegeben. Belgrad wirft der Nato vor, mit Information zu manipulieren.

Die Serben hätten in der Nacht zum Dienstag (25. Okt.) selber ihre Barrikade am Grenzposten Brnjak abgerissen, sodass die Durchfahrt an diesem Ort für alle Fahrzeuge frei sei, teilte Uve Novicki, Sprecher der Nato-geführten Truppe Kfor, dem serbischen Fernsehsender B92 mit.

Er rief die Verteidiger der anderen Barrikaden auf, ihre Sperren freiwillig abzubauen. Der serbische Vizeminister für Kosovo und Metochien, Oliver Ivanovic, wies die Information über den Barrikadenabriss als falsch zurück. Keine der Barrikaden sei abgetragen worden, sagte Ivanovic unter Berufung auf den Vorsitzenden der nordkosovarischen Gemeinde Zubin Potok, Slaviša Ristić. „Offenbar manipuliert die Kfor die Information.“

Die Kfor-Soldaten hatten am Donnerstag ein weiteres Mal vergeblich versucht, die Barrikaden mit Gewalt abzureißen. Die Soldaten gingen mit Tränengas gegen die Serben vor.

Die Lage in dem mehrheitlich von Serben bewohnten Nordkosovo hatte sich im Juli zugespitzt, nachdem der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaci eine schwer bewaffnete Polizeieinheit an die Grenze zu Serbien geschickt hatte, um das kürzlich gegen das Nachbarland verhängte Handelsembargo durchzusetzen. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kosovo-Serben und der Kosovo-Polizei waren damals Dutzende von Zivilisten verletzt worden.

Als die albanischen Behörden am 16. September doch ihre Zollbeamten und Polizisten Jarinje und Brnjak einsetzten, sperren die Serben die wichtigsten Straßen ab. Mit ihren Blockaden aus Schotter, Baumstämmen und schweren Baugeräten will die serbische Minderheit verhindern, dass die albanisch dominierte Kosovo-Regierung die bisher serbisch kontrollierten Grenzübergänge Jarinje und Brnjak übernimmt und damit die einzige zollfreie Verbindung zu Serbien kappt.

Die albanische Regierung des Kosovo hatte im Februar 2008 mit Rückendeckung der USA und führender EU-Staaten einseitig die Unabhängigkeit dieser südserbischen Provinz von Belgrad erklärt und wurde bislang von 76 der insgesamt 192 UN-Nationen anerkannt. Das, obwohl die Region formell - laut UN-Resolution 1244 - zu Serbien gehört.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 25. Oktober 2011


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