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USOFORAL schlichtet Konflikte

Die Frauenorganisation in der Casamance hilft Verständigungsblockaden zu überwinden

Von Julia Ziegler *

Die Casamance im Süden Senegals ist eine unruhige Region: Seit 1982 befinden sich die Bewegung MFDC (Mouvement des forces démocratiques de la Casamance), diverse Rebellengruppen und die Regierung Senegals in einem Konflikt, der zeitweise militärisch ausgetragen wurde. Seit 2004 herrscht Waffenstillstand, aber der Konflikt droht jederzeit wieder aufzuflammen. Die vom Weltfriedensdienst WFD unterstützte Frauenorganisation USOFORAL engagiert sich für gewaltfreie Konfliktlösungen.

Es war im Dezember 2005, als in Ziguinchor die Schüler streikten. Die Lehrer hatten begonnen, Privatunterricht für Geld zu geben, statt in den staatlichen Schulen zu unterrichten. Wieder einmal drohte sich der Streit zuzuspitzen und man befürchtete den Eingriff des Militärs.

Auf Anregung des Mediationsklubs einer der beteiligten Schulen organisierte der örtliche Radiosender Sud Fm eine Diskussionsrunde, die live übertragen wurde. Alle wesentlichen Konfliktparteien waren beteiligt: Schülervertreter, Eltern- und Lehrervertreter, Vertreter der Schulverwaltung etc. So sollte das Gespräch zwischen den Beteiligten in Gang gebracht werden, Forderungen und Bedürfnisse sollten offen auf den Tisch kommen. In eineinhalb Stunden heißer Debatte konnten Probleme geklärt und erste Lösungswege entworfen werden. Es war deutlich geworden, dass niemand Interesse an einem Streik hatte.

Die wohl wichtigste Wirkung war jedoch schlicht die Überwindung der Kommunikationsblockade und die Tatsache, dass jeder seine Meinung und seine Interessen öffentlich zum Ausdruck bringen konnte.

Angesichts der enormen Probleme mit Gewalt an den Schulen und in der Gesellschaft hatten die Frauen von USOFORAL 2004 am Lycée Djinabo mit der Ausbildung einer Gruppe von Lehrern für die Schulmediation begonnen. Sie schulen seither ehrenamtlich weitere Lehrer und Schüler in der Methode der Mediation. Dieser Mediationsklub ist mittlerweile zu einer festen Einrichtung des Gymnasiums geworden. Er trifft sich regelmäßig, um Probleme zu diskutieren, Aktionspläne zu entwerfen und neue Schüler für die Idee der Mediation zu gewinnen.

Wie bei vielen kleineren Konflikten im Schulalltag hatte die Arbeit des Mediationsklubs auch in dieser schwierigeren Situation Früchte getragen. Die Protestmärsche und damit auch die Gefahr der gewaltsamen Zuspitzung wurden gestoppt und nach den Dezemberferien nahmen die Schüler den Unterricht wieder auf. Die Abiturientin Seynabou Gora Diop drückt den Gewinn für sich so aus: »Seit ich gelernt habe, was Mediation bedeutet, bin ich viel ruhiger geworden. Die Tatsache, dass ich nicht Partei ergreife, schafft Vertrauen unter den Menschen, mit denen man diskutiert. In der Mediation wird nicht geurteilt, man versucht Lösungen zu finden. Wir haben auf diese Weise viele Konflikte zwischen Schülern sowie zwischen Schülern und Lehrern regeln können. Und wir haben die Leute dazu gebracht, einander zuzuhören.«

Im kommenden Jahr soll das Thema vertieft werden. Für die Sommerferien planen die Frauen von USOFORAL eine thematische Ferienfreizeit für die Schüler. Sie soll den Zusammenhalt der Jugendlichen fördern und die gewaltfreie Kommunikation weiter voranbringen.

* Julia Ziegler arbeitet als Friedensfachkraft des WFD in der Partnerorganisation USOFORAL

Aus: Neues Deutschland, 26. November 2009


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