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Kronenalarm durch Eurokrise

Währungsspekulationen treffen auch Norwegen und Schweden

Von André Anwar, Stockholm *

Norwegen will im Kampf gegen die Aufwertung seiner Krone notfalls die Leitzinsen senken. Schweden gibt sich bislang gelassener.

Mit großer Besorgnis schauen die Währungshüter in Norwegen und Schweden derzeit auf den Wechselkurs. Seit die Schweizerische Nationalbank angekündigt hat, den Franken bei einem Kurs über 1,20 zum Euro halten zu wollen, steigt der Druck auf die skandinavischen Währungen. Die norwegische Krone erreichte am Mittwoch mit einem Plus von 2,5 Prozent ihr stärkstes Niveau seit acht Jahren. Auch die schwedische Krone wertete deutlich auf.

Schon am Donnerstag (8. Sept.) schwächte sich der Aufwärtstrend beider Währungen jedoch merkbar ab. Als Grund dafür sehen Analysten die Ankündigung des norwegischen Zentralbankchefs Östein Olsen, etwa durch eine Leitzinssenkung einzugreifen, sollte der Aufwärtstrend anhalten. »Eine zu starke Krone kann auf Dauer eine zu niedrige Inflation und ein zu schwaches Wachstum nach sich ziehen«, sagte er bei einer Vorlesung an der Universität Oslo. Allerdings betonte Olsen auch, dass sich der Wert der norwegischen Krone angesichts der Ungewissheit um die Finanzkrise der Euroländer auch abschwächen könne. »Sie kann sich bei internationaler Unruhe sehr stark in unterschiedliche Richtungen bewegen. Das gilt auch für den Tag, an dem die Akteure im Währungsmarkt sich wieder von der Krone verabschieden wollen. Dann könnte es eng in der Tür werden, wenn alle gleichzeitig hinauswollen.«

Das hat auch mit dem Ölpreis zu tun, der derzeit unter Druck steht. Norwegen ist als drittgrößter Exporteur der Welt sehr stark von den internationalen Rohstoffpreisen abhängig. Daher stand die norwegische Krone bislang nicht im Fokus internationaler Spekulationen wie etwa der Franken oder der japanische Yen. Sollte es wie schon 2008 zu einem starken Rückgang des Ölpreises kommen, dürfte das auch den Wert der Krone drücken. Vor drei Jahren hatte diese innerhalb weniger Monate gegenüber dem Euro gut 20 Prozent verloren. Zudem ist Norwegen stark vom internationalen Finanzmarkt abhängig, da es seine Öleinnahmen zu 95 Prozent in einen Fonds mit Aktien, Staatsanleihen und Immobilien anlegt.

In Schweden hält sich die Reichsbank indes bislang zurück. Sie kündigte lediglich an, zukünftige Zinserhöhungen »ein wenig aufzuschieben«. Die schwedische Wirtschaft ist erheblich breiter aufgestellt als die norwegische und damit durch externe Schocks weniger verwundbar. Zudem hat die schwedische Krone einen weitaus größeren Spielraum nach oben als die norwegische. Sie ist historisch noch immer tief bewertet. Verglichen mit der Kaufkraft wären Aufwertungen unproblematisch. 1992 verlor die schwedische Währung beim Angriff der Spekulanten auf das britische Pfund 20 Prozent zur D-Mark, der Währung des wichtigsten Handelspartners. Der niedrige Kurs wurde zum Euro beibehalten. Die Reichsbank hat die Leitzinsen auch in den Jahren nach der Finanzkrise auf sehr niedrigem Niveau deutlich unter denen der Eurozone belassen. Dadurch konnten sich Schwedens Wirtschaft und die Börsenkurse deutlich schneller erholen als in vielen anderen europäischen Ländern. Die Befürworter einer Euro-Einführung in Schweden sprachen daher von einem »schmutzigen Spiel« der Reichsbank zu Lasten der Eurozone.

Lexikon

Der 1996 gegründete Statens Pensjonsfond (Staatliche Pensionsfonds) Norwegens gehört mit einem verwalteten Vermögen von rund 380 Milliarden Dollar zu den größten Staatsfonds der Welt. Er verwendet die hohen Deviseneinnahmen aus staatlichen Öl- und Gasverkäufen, um den Wohlfahrtsstaat auch nach einem Ende des Ölzeitalters zukunftsfähig zu machen. Die Notenbank verwaltet die Mittel, die Investitionen unterliegen bestimmten ethischen, sozialen und ökologischen Regeln. KSt



* Aus: Neues Deutschland, 13. September 2011


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