Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Russische Waffen für den Nahen Osten

Vorige Woche haben in Moskau drei Ereignisse stattgefunden, die viel Aufmerksamkeit im Nahen Osten auf sich zogen

Von Nikita Petrow *

In der russischen Hauptstadt wurde die Internationale Waffenausstellung MVSV-2008 eröffnet. Fast zeitgleich kam der jordanische König Abdullah II. nach Russland, der die Messe besuchte sowie mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin zusammentraf. Wenige Tage davor hatte sich der syrische Präsident Bashar Assad in Sotschi aufgehalten.

Diese drei Ereignisse und insbesondere der Besuch des syrischen Präsidenten machten Schlagzeilen in Jordanien, Syrien und Israel.

Die israelischen Medien berichteten, Assad wolle in Moskau Waffengeschäfte schließen. Neben den Flugabwehr-Raketensystemen Panzyr-S1 und Buk-M2 sowie den Jagdflugzeugen Sukhoi und MiG will Syrien Iskander-E-Raketensysteme kaufen. Moskau hatte bereits 2001 Syrien dieses System in Aussicht gestellt, musste aber auf persönliche Bitte des israelischen Premiers Ehud Olmert auf den Deal verzichten. Da die georgische Armee, die vor knapp drei Wochen Südossetien überfallen hatte, auch mit israelischen Waffen ausgerüstet war, habe Moskau wohl das Recht, sich bei Israel zu revanchieren und Iskander-E doch an Syrien zu verkaufen, so die israelischen Medien.

Aber Außenminister Sergej Lawrow betonte während des Besuchs Assads, Russland würde ausschließlich Verteidigungswaffen an Syrien verkaufen, um das Gleichgewicht in der Region nicht zu stören. Das bedeutet, dass Syrien auch weiterhin keine Iskander-E-Systeme erhalten wird. Was die Luftverteidigungssysteme und Abfangjagdflugzeuge betrifft, so fallen diese nicht unter die Kategorie "Angriffswaffen".

Die militärtechnische Zusammenarbeit Russlands mit Syrien muss effizienter werden. Syrien schuldet Russland rund drei Milliarden US-Dollar für bereits gelieferte Waffen. Und das, obwohl Moskau bereits zehn Milliarden Dollar für die sowjetische Waffenlieferungen erlassen hatte. Im Gegenzug hatte sich Syrien verpflichtet, weitere zwei Milliarden Dollar für russische Rüstungen auszugeben. Gekauft werden sollen unter anderem die Flugabwehr-Raketensysteme Panzyr-S1 und Buk-M2 sowie Jagdflugzeuge Sukhoi und MiG.

Außerdem verhandeln beide Seiten über einen Ausbau der technischen Basis der russischen Marine im syrischen Hafen Tartus. Von einer Verlegung des Hauptstützpunktes der russischen Schwarzmeerflotte aus Sewastopol nach Syrien ist natürlich nicht die Rede. Dennoch will die russische Marine bei ihren Mittelmeerfahrten den syrischen Hafen zur Versorgung und Wartung der Schiffe vermehrt in Anspruch nehmen.

Die Russland-Reise des jordanischen Königs Abdullah II. löste bei den Medien bescheidenere Reaktionen als der Besuch des syrischen Präsidenten. Wahrscheinlich, weil es zwischen Jordanien und Israel nicht so viele Probleme wie zwischen Israel und Syrien gibt. Die militärische Zusammenarbeit zwischen Moskau und Amman sei im Aufschwung, sagte der russische Präsident Dmitri Medwedew beim Treffen mit Abdullah. Obwohl der gegenseitige Handel kontinuierlich zunehme, wünschen sich beide Staaten noch ein rapideres Wachstum.

In den vergangenen Jahren kaufte Jordanien bei Russland zwei militärische Transportflugzeuge Il-76MF für 100 Millionen Dollar sowie sechs Mehrzweck-Hubschrauber Ka-226 für etwa 25 Millionen Dollar. Außerdem gründeten beide Staaten das Joint Venture Oboronprom Middle East, das jährlich 15 bis 20 solche Hubschrauber in Jordanien zusammenbauen soll.

Darüber hinaus soll eine gemeinsame Produktion der multikalibrigen Panzerfäuste RPG-32 Haschim in die Wege geleitet werden. Diese Panzerfaust wurde im Moskauer Werk Basalt im persönlichen Auftrag des jordanischen Königs entwickelt. Bei einer Reichweite von 700 Meter haben die Geschosse einen Kaliber von 72 sowie 105 mm und dienen zur Bekämpfung von Panzertechnik und gut geschützter Feuerstellungen. Die Panzerfaust soll sowohl in Russland als auch in Jordanien in Serie hergestellt werden.

Ein entsprechender Vertrag soll demnächst unterzeichnet werden. Für dieses Projekt nahm Jordanien bei Russland einen Kredit von 350 Millionen Dollar auf. Aus diesem Geld soll auch die Reparatur und Modernisierung der von Russland früher gelieferten Waffen finanziert werden. Gemeint sind vor allem Schützenpanzer, die Panzerabwehr-Raketen "Kornet", die Flugabwehrraketen "Igla" sowie Waffen für Spezialeinheiten und die königliche Garde.

König Abdullah hatte einst selber bei einer Spezialeinheit gedient und kennt sich daher mit Waffen aus. Dass er gerade bei Russland die lärmlosen Scharfschützengewehre WSS und Spezialpistolen PSS für seine Elite-Truppen gekauft hat, ist gute Werbung für die russischen Waffenbauer.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass nach Abdullahs Besuch auch die Flugabwehr-Raketensysteme Panzyr-S1, die weltweit nicht ihresgleichen kennen, nach Amman geschickt werden.

Die russischen Waffen erwecken nicht nur im Nahen Osten Interesse. Am vergangenen Samstag hatte der russische Präsident Dmitri Medwedew in einem Brief an seinen nicaraguanischen Amtskollegen Daniel Ortega für Waffengeschäfte geworben. Es ging vor allem um die Modernisierung bzw. den Austausch der Kriegstechnik, die noch von der Sowjetunion an das zentralamerikanische Land geliefert worden war. Dass Nicaragua dem Deal zustimmen wird, ist kaum zu bezweifeln: Ortegas enger Freund, der venezolanische Präsident Hugo Chavez ist sehr zufrieden mit den russischen Waffen.

Somit scheint das Ziel der russischen Regierung, die Rüstungsexporte in diesem Jahr um 1,8 auf acht Milliarden Dollar aufzustocken, in greifbarer Nähe.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 28. August 2008


Zurück zur Russland-Seite

Zur Seite "Waffenexport"

Zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage