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Wind machen

Costa Rica denkt ökologisch: Die Bevölkerung begrüßt den Ausbau regenerativer Energien

Von Knut Henkel *

Costa Rica ist ein Pionier der Windenergienutzung. Bereits vor zehn Jahren entstanden die ersten Windparks. Die Anwohner sprechen sich für den Ausbau der alternativen Energieerzeugung aus, wie auch das aktuelle Beispiel des Windparks von Santa Ana zeigt. Der wurde im Dezember 2012 eingeweiht.

Mit drei Sattelschleppern wurden die mächtigen Türme die schmale Passstraße nach oben auf die Bergkämme transportiert. Eine logistische Meisterleistung, die etliche Male absolviert wurde, bis die siebzehn Windräder des Parks von Santa Ana montiert waren. Nun thronen sie förmlich über der kleinen Stadt Salitral in Costa Rica. Vor gut zwei Jahren wurde mit dem Bau des Windenergieprojekts begonnen und Mitte Dezember 2012 erfolgte die offizielle Einweihung des Parks durch die Staatspräsidentin Laura Chinchilla Miranda. Rund 15 000 Haushalten sollen die Windräder aus deutscher Produktion Strom bringen.

Schon von Weitem sind die 45 Meter hohen Türme mit den in der Diagonale 44 Meter messenden Rotorblättern zu sehen - auch aus San José, der Hauptstadt Costa Ricas. 900 Kilowatt Leistung soll jedes der siebzehn Windräder bringen, die auf den Bergen Tacacorí und Pacacua montiert wurden. Dort herrschen vor allem zwischen Dezember und April gute Windverhältnisse, so Bernardo Méndez vom Windparkentwickler Juwi. Die deutsche Firma aus Wörrstadt in Rheinhessen hat in den vergangenen Jahren mehr und mehr Projekte außerhalb Deutschlands realisiert und der Windpark Santa Ana ist ihr zweiter in Costa Rica. Ein dritter soll 2014 folgen.

»Die Akzeptanz für Windenergie ist in der Gesellschaft recht hoch und wir sehen hier Potenzial für rund 600 Megawatt«, erklärt Méndez. Davon zeugen auch die Besucher aus der Umgebung von Salitral, die sich anschauten, wie die schweren Trucks, Türme und Rotorblätter auf die 1800 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Standort schafften. Da gab es Beifall und ein großes Hallo. Und bei Juwi-Mitarbeitern kam das gut an.

Zu den Befürwortern gehört auch Josue Guadamuz Vargas. Der Absolvent der Bergbauschule begrüßt die Installation der Windräder, »weil sie die Umwelt nicht verschmutzen und Energie liefern«. Trotzdem ist die Windenergie in Costa Rica in den vergangenen Jahren etwas ins Hintertreffen geraten - aufgrund bürokratischer Hürden, wie Investoren meinen.

Vor mehr als zehn Jahren wurden die ersten Windparks am Arenal-See in Costa Rica gebaut. Salomón Lechtmann gehört zu den Wegbereitern. »Kleine Dörfer wie Tejona oder Städte wie Tilarán werden inzwischen vom Wind mit Energie versorgt. Sie sind energieautark, denn rund um den Arenal-See ist der Wind besonders kräftig, die Erträge sind gut. Deshalb wollen wir die alten Windräder auch durch neue, größere ersetzen«, erklärt der Direktor des Projektentwicklers Aeroenergía.

Bei Bauern in der Region kommt das gut an. »Wir wollen keine Dieselgeneratoren, sondern saubere Energie und dafür kann ich auch Weideflächen zur Verfügung stellen«, sagt der stämmige Miguel Cifuentes und treibt seine Kühe zur Melkanlage. Er wohnt nur ein paar Kilometer entfernt vom Windpark Tejona und ist froh, dass regenerative Energien in Costa Rica Priorität genießen.

2021 will das Land CO2-neutral wirtschaften. Dazu ist es nötig, die Nutzung nachhaltiger Energieträger zu erweitern. »Das ist gar nicht so einfach, denn der Energiebedarf nimmt zu, es kommt zu Verzögerungen und die Kosten steigen«, so Mario Alvarodo Mora, Direktor von Acope, der Vereinigung der Energieproduzenten Costa Ricas. Derzeit werden immerhin 93 Prozent der Energieversorgung des Landes aus regenerativen Energiequellen, vor allem Wasserkraft, aber auch Erdwärme und Wind, generiert, aber alljährlich wächst die Nachfrage um sechs Prozent.

Zusätzliche Investitionen sind nötig und da bieten sich Modelle wie jenes im Valle Central an. Die deutsche KfW-Förderbank hat ein Teil der Finanzierung übernommen. Auf ähnliche Modelle hofft auch Salomón Lechtmann, um den Windpark von Tilarán auszubauen. »Bisher hat mir das nationale Energieunternehmen kein Angebot gemacht, welche Preise sie für unseren Windstrom bezahlen würden.« Doch das ist die Voraussetzung, um kalkulieren zu können.

Anders als in Deutschland gibt es in Costa Rica keine staatlich garantierte Einspeisevergütung für erneuerbare Energie. Das erschwert die Entwicklung von lokalen Energieprojekten, wie sie hierzulande realisierbar sind. In Costa Rica sind Bauern wie Miguel Cifuentes darauf angewiesen, dass die staatlichen Energieversorger von sich aus stärker auf nachhaltige Energieträger wie den Wind setzen. Anwohner unterstützen solche Initiativen, wie beispielsweise in Tilarán, wo ein spanisches Unternehmen einen neuen Windpark aufbauen wird - dank einer erfolgreichen Petition auf regionaler Ebene.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 12. Januar 2013


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